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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Halt geben.
    Hatte ihre Großmutter den Vater des Mädchens vergiftet?
    War sie es gewesen, die den Bader mit einem Fluch bedroht hatte? Sie stöhnte. Wie hatte sie nur so blind sein können?
    War das nicht genau Helwigs Handschrift?
    »Heilige Mutter Gottes, gib mir Stärke«, flüsterte sie, da dieser Verdacht mehr war, als ihr Gewissen verkraften konnte.
    Wenn Helwig den Kaufherrn vergiftet hatte, dann war sie nicht nur eine Hexe, sondern auch eine Mörderin. Und all die Taten, welche man der jungen Katzensteinerin vorgeworfen hatte, waren von ihr begangen worden! Kaltes Grauen schüttelte Sophia und ließ sie auf die Knie sinken. Die Schwarzen Künste ihrer Großmutter hatten ihr zwar schon immer Furcht eingeflößt. Aber sie hatte stets darauf vertraut, dass Gott sie vor ihr beschützen würde. Wenn ihre Befürchtung allerdings zutraf, dann würde es mehr als göttlicher Hilfe bedürfen, um sie im Diesseits vor ihr zu bewahren. Denn sobald Helwig ihre Gedanken erriet, würde sie alles unternehmen, um ihre Enkelin zum Schweigen zu bringen. Eine Zeit lang lag sie wie erstarrt auf den Knien und umklammerte die Münze. Doch dann gab sie sich einen Ruck, schlug ein letztes Kreuz vor der Brust und rappelte sich auf. Sie würde nicht einfach nur warten, bis Helwig auch sie beseitigte! Hieß es nicht: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott? Mit einem Anflug von Mut öffnete sie die Tür und schlich auf den Gang hinaus, um auf Zehenspitzen zu Helwigs Kammer zu huschen. Dort angekommen versuchte sie, das Quietschen der Scharniere zu vermeiden und drückte sich in den Raum. Wo sollte sie anfangen zu suchen? Und wonach suchte sie überhaupt? Nach einem Beweis, dass ihre Befürchtung richtig war? Oder nach etwas, das ihr endlich half, zu verstehen, in welchem Verhältnis die anderen Katzensteiner zu ihrer Familie standen. Ratlos sah sie sich um und fröstelte, als sie zwischen Baldachin und Wand Helwigs Truhe erblickte. Diese – eisenbeschlagen und mit dem Katzensteiner Wappen geschmückt – war zu ihrem Erstaunen nicht verschlossen. Vorsichtig hob sie den Deckel an. Mit rasendem Herz durchwühlte sie die teuren Tuche und Gürtel, bis sie endlich am Grund der Kiste auf einige lederne Beutelchen stieß. Sorgfältig darauf bedacht, keine Spuren zu hinterlassen, zog sie ihren Fund hervor und betrachtete ihn einige Zeit lang versonnen. Dann öffnete sie die Säckchen nacheinander, schnupperte an ihrem pulverigen Inhalt und entnahm je eine Prise davon. Diese Proben wickelte sie in Tücher ein, welche sie in die Tasche ihrer Fucke stopfte. Sobald die Beutel wieder am Boden der Truhe verstaut waren, forschte sie weiter. Doch sie entdeckte nichts, was Helwigs Behauptung über die anderen Katzensteiner untermauert hätte. Waren sie wirklich die Nachkommen eines in Sünde gezeugten Bastards? Oder war das eine von Helwigs vielen Lügen? Nachdenklich schloss Sophia den Deckel und durchstöberte den Rest der Kammer. Als ihr klar wurde, dass die Suche müßig war, stahl sie sich zurück zur Tür. Hätte sie diese eine halbe Minute vorher geöffnet, hätte sie eine weizenblonde Magd dabei ertappt, wie diese durch das Schlüsselloch sah. So jedoch war der Korridor verwaist, als sie auf leisen Sohlen zurück zu ihrer Kammer eilte, um zu überlegen, was sie mit ihrem Fund anfangen konnte.

Kapitel 32
Edirne, Sultanspalast, Juni 1447
    Vlad schwitzte. Die Sonne stand immer noch hoch am Himmel, und – wie die anderen Boten, Janitscharen und Sipahi – stand auch er seit Stunden im zweiten Palasthof Spalier.
    Nachdem er noch vor dem Morgengrauen vom Ruf des Muezzins geweckt worden war, hatte er nur ein einfaches Mahl bestehend aus Weizengrütze und Fladenbrot zu sich genommen, weshalb ihm jetzt, beinahe zehn Stunden später, der Magen knurrte. Immer noch tröpfelten Würdenträger aus allen Teilen des Reiches in den Palast, um an der Zusammenkunft des Staatsrates – des Diwans – teilzunehmen. Peinlich darauf bedacht, nicht aufzufallen, verlagerte er vorsichtig das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und blinzelte einen Tropfen Schweiß aus seinen Wimpern. Inzwischen schien sein Zırh gömlek – sein Panzerhemd – mehrere Zentner zu wiegen, und auch der Speer in seiner Hand wurde immer schwerer.
    Wie lange würde der Empfang denn noch dauern, fragte er sich und kniff die Augen zusammen, als ein Sonnenstrahl gleißend von dem Bleidach der Moschee zurückgeworfen wurde. Keine drei Steinwürfe von dem prachtvollen Bau entfernt, duckten sich

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