Der Teufelsfürst
verheiratete Frau. Als Sophia dann auch noch Ausflüchte gesucht hatte, um den Korb mit Eiern, Brot, Speck und Salz nicht bei der Speisenweihe segnen zu lassen, hatte man den Argwohn deutlich in ihrem Gesicht lesen können. Noch immer kribbelte es Sophia am ganzen Körper, wenn sie an den Moment zurückdachte, in dem sie vor den Priester getreten war. Doch dieser hatte lediglich das Benedictio ovorum heruntergeleiert, ohne auch nur den Kopf zu heben. Ob er sie nur wegen des Schleiers nicht erkannt hatte, war ihr inzwischen fast egal. Feststand, dass sie nach der Weihe den Leib und das Blut Christi empfangen hatte – sündhaft wie sie war, ohne die Reinigung einer Lossprechung! Die Strafe, welche sie dafür zweifelsohne im Jenseits erwarten würde, ließ sie schaudern.
»Du solltest nicht nur in dem Essen herumstochern, dann wäre dir nicht so kalt«, durchschnitt Helwigs Stimme ihre Gedanken. »Was ist nur los mit dir? Willst du als alte Jungfer enden?« Sophia biss sich auf die Unterlippe und schwieg.
»Warum hast du es plötzlich so eilig, sie unter die Haube zu bringen?«, fragte Johann von Katzenstein. »Denkst du nicht, das kann noch ein oder zwei Jahre warten?« Helwig schnalzte undamenhaft mit der Zunge. »Je länger du damit wartest, desto teurer wird es dich zu stehen kommen. Noch weiß nicht die ganze Stadt, dass du bald reicher sein wirst als viele von ihnen. Aber, glaube mir, wenn diese Katze erst mal aus dem Sack ist, dann stehen die Mitgiftjäger Schlange.« » Noch ist es aber nicht so weit«, warf Johann ein. »Dass der Besitz eingefroren wurde, heißt noch lange nicht, dass man ihn uns auch tatsächlich zuspricht.« Sophia spitzte die Ohren.
Helwigs Lachen glich mehr einem Husten. »Das sehe ich anders. Wenn das Gericht die Echtheit des Transsumpts anzweifeln würde, wäre es niemals so weit gekommen. Warte nur, in ein paar Wochen gehört dir endlich all das, was dir eigentlich zusteht.« Sophia schielte unter halb gesenkten Lidern hervor und erschrak über die Härte in Helwigs Zügen.
Diese schürzte nachdenklich die Lippen. »Warum begleitest du mich nicht, um unsere zukünftige Habe zu begutachten?«, fragte sie. »Vielleicht begreifst du dann endlich den Wert dieser Urkunde!« Johann von Katzenstein lehnte sich träge in seinem Stuhl zurück und grunzte. Dann stieß er einen kehligen Rülpser aus und klatschte mit den Händen auf seine Oberschenkel. »Eigentlich würde ich lieber ein Schläfchen machen, aber warum nicht.« Er erhob sich und half seiner Mutter auf die Beine. Diese sagte an Sophia gewandt: »Anstatt deine Zeit wieder mit Beten zu verschwenden, solltest du dir besser überlegen, wie du dafür sorgen kannst, dass die Männer nicht jedes Mal die Flucht ergreifen! Sonst wird sich bald keiner mehr für dich interessieren.« Dieser Hieb saß, da sich Sophia nichts mehr wünschte, als in Ulm einen betuchten Gemahl zu finden. Zwar hatten die Ereignisse der letzten Wochen diesen Wunsch in den Hintergrund treten lassen, aber die Alternative – die Frau eines ungehobelten Landadeligen zu werden – war wenig verlockend. Wenn sie doch nur nicht so hin und her gerissen wäre! So unsicher, was sie tun sollte! Sobald Helwig und ihr Vater die Stube verlassen hatten, stand auch sie vom Tisch auf und verließ den Raum. In ihrer Kammer warf sie sich auf ihr Bett und starrte die Wand an.
Helwigs Worte ließen keinen Raum für Missverständnisse.
Offenbar hatte der Plan, den anderen Katzensteinern ihr Hab und Gut abspenstig zu machen, inzwischen Früchte getragen.
Denn dass dies der Grund für Helwigs vermehrte Besuche bei dem Prokurator war, hatte Sophia inzwischen herausgefunden. Und sie hatte nichts unternommen, um dieses Unrecht zu verhindern! Oder war dieser Teil von Helwigs Machenschaften kein Unrecht? Wie sollte sie nur die Wahrheit herausfinden? Sie vergrub den Kopf in ihrem Kissen, während die Flut der Selbstvorwürfe wieder anschwoll. Zuerst die Verurteilung des Mädchens und jetzt das Einfrieren des Besitzes.
Wieso war sie nur so feige? Namenloses Entsetzen breitete sich in ihr aus, als ein Verdacht in ihr aufkeimte, der dafür sorgte, dass ihr das Atmen schwerfiel. Was, wenn Helwig nicht nur bei der Verbannung nachgeholfen, sondern auch mit dem Tod des Kaufherren etwas zu tun gehabt hatte? Furcht stieg in ihr auf. Sie setzte sich hastig auf, um sich zu bekreuzigen.
Ängstlich griff sie nach der Münze mit dem Bild der Heiligen Jungfrau und umklammerte sie, als könne sie ihr
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