Der Teufelsfürst
bedrohlich wirkenden Bewegung zückte der Mann ein Dokument, das er Utz unter die Nase hielt. »Auf Antrag beim Stadtgericht hat der Rat beschlossen, Euren Besitz einzufrieren.« Utz traute seinen Ohren nicht. Hatte er sich verhört? »Wie …?«, stammelte er, doch der Büttel kam ihm zuvor. »Dem Gericht ist eine Urkunde vorgelegt worden, die besagt, dass dieser Besitz«, er machte eine ausladende Geste, »vielleicht gar nicht Euch gehört. Bis zum Abschluss der Prüfung der Verhältnisse werden daher Eure Konten gesperrt und Euer Haus versiegelt.« Utz fiel die Kinnlade herab. »Solltet Ihr trotz dieses Verbots weiterhin Geschäfte tätigen, macht Ihr Euch strafbar. Das Gericht wird einen Verwalter bestellen, der sich um die Schätzung des Vermögens kümmert.« Wie vom Donner gerührt ließ Utz sich den Ratsbeschluss in die Hand drücken und sah dabei zu, wie der Büttel eine Handvoll Männer herbeiwinkte, deren Rechenstäbe keinen Zweifel an ihrer Funktion zuließen. »An Eurer Stelle würde ich mir schleunigst eine andere Bleibe suchen«, riet der Stadtbeamte. Dann ließ er Utz stehen.
Kapitel 31
Ulm, ein Stadthaus, April 1447
»Tatsächlich?« Johann von Katzensteins Stimme war samt-weich. »Und was treibt Ihr sonst so, wenn Ihr nicht gerade mit Gewürzen handelt?« Der Gesichtsausdruck des unsympathischen Pfeffersackes an ihrem Tisch sorgte dafür, dass Sophia sich um ein Haar an einer in Schmalz gebackenen Wachtel verschluckt hätte. Die – vermutlich gefärbten – Brauen des Händlers schossen in die Höhe und sein Mund formte ein empörtes »O«. »Was meint Ihr damit, mein Herr?«, fragte er gestelzt und tupfte sich mit dem Finger die Lippen. »Meine Familie ist im ganzen Land bekannt«, tönte er pompös. »Wollt Ihr mich beleidigen?« »Aber nicht doch!«, mischte Helwig sich ein und bedachte Sophias Vater mit einem vernichtenden Blick. Ihre faltigen Lippen waren zu einem grotesken Lächeln verzogen, das so falsch wirkte, wie die Perlen an ihrem Hals. »Er wollte nur wissen, ob Ihr als Gemahl viel außer Haus wäret.« Ihr Tonfall täuschte über den Zorn hinweg, den Sophia in ihren Augen aufblitzen sah. »Meine Tochter braucht eine starke Hand zur Führung«, unterbrach Johann seine Mutter. »Einen Kämpfer, keinen Denker.« Zwei rote Flecken tauchten auf den sonst so fahlen Wangen des Besuchers auf, als dieser seinen Löffel beiseite legte und die Hände im Schoß faltete. Sobald er sich Sophia zuwandte, senkte diese artig den Kopf, auch wenn es ihr schwerfiel, den Anschein von Demut aufrechtzuerhalten. Dieser Ulmer Patrizier war bereits der dritte Anwärter, den Helwig ausgesucht hatte; und wie bei den beiden anderen zuvor legte sich Johann von Katzenstein mächtig ins Zeug, um ihn zu vergraulen. Obwohl Helwigs Aktivitäten Sophias Sorgen eigentlich hätten verstärken sollen, stellten diese Auftritte eine willkommene Ablenkung von ihren anderen Problemen dar. »Wollt Ihr damit sagen, dass Eure Tochter ungehorsam und störrisch ist?«, fragte der Gast misstrauisch. Johann prustete unfein.
»Bei der Mitgift, die Ihr verlangt, kann Euch das doch wohl egal sein! Dafür könnte sie sogar bucklig und zahnlos sein.«
Das schien das Fass zum Überlaufen zu bringen, da der Ulmer sich steif erhob. »Es tut mir leid, aber ich denke, Eure Tochter ist nicht die Richtige für mich.« Sein Blick streifte Sophia mit Bedauern und ein Seufzen unterstrich seine Betrübnis.
»Was nützt die schönste Frau …?« Er neigte leicht den Kopf, um sich zu verabschieden. Kaum hatte eine der Mägde ihn hinausgeführt, brach Johann in schallendes Lachen aus.
»Wo findest du diese Narren nur immer?«, fragte er an seine Mutter gewandt. »Und was hat dir Sophia getan, dass du sie mit diesen alten Böcken verheiraten willst? Gibt es nicht genug junge Männer, die eine Frau suchen?« Sophia beugte den Kopf tiefer über ihren Teller und wünschte sich, unsichtbar zu sein, da sie spürte, wie Helwig sie forschend ins Auge fasste. Wie ihre Großmutter herausgefunden hatte, dass sie etwas verbarg, wusste sie nicht. Ob die Männer, die sie zur Beichte begleitet hatten, ihr von Sophias merkwürdigem Verhalten berichtet hatten; oder ob es ihre nur schwer verhohlene Furcht vor der Speisenweihe gewesen war. Sicher war nur, dass ihre Großmutter spätestens seit dem Ostergottesdienst Misstrauen hegte. »Was soll denn dieser Aufzug?«, hatte sie ihre Enkelin gefragt, da diese sich vor der Ostermesse verhüllt hatte wie eine
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