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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Augen nieder, um nicht den Anschein zu erwecken, sie anzustarren. Auch wenn sie ihn faszinierte. Denn sollte es stimmen, was man sich am Hof erzählte, unterhielt Mara Geheimboten, welche sie immer wieder nach Westen schickte, um mit ihrem Bruder in Serbien zu konferieren. Wenngleich Vlad keine besondere Hochachtung für das schwache Geschlecht empfand, imponierte ihm die Art und Weise, wie sie ihren königlichen Gemahl offenbar vor den Augen aller an der Nase herumführte.
    Dazu gehörte mehr Mut, als er ihn jemals einer Frau zugetraut hätte. Sollte Sultan Murad davon erfahren, würde er sie sicherlich aufs Härteste bestrafen lassen. Gemeinsam mit ihren Begleiterinnen verschwand sie wenig später in einem der vielen Gärten, aus dem schon bald ausgelassenes Gelächter erklang. Kopfschüttelnd eilte Vlad weiter in Richtung der Küchen, vorbei an kunstvoll in Form geschnittenen Hecken und Büschen.
    An einem der frisch geweißten Gebäude angekommen, öffnete er den Lederbeutel an seinem Gürtel und holte einen Löffel und eine kleine Holzschale hervor. Dann reihte er sich in die Schlange ein und wartete geduldig, bis ihm einer der Suppenverteiler eine Kelle verkochten Eintopf in die Schüssel klatschte. Gierig tauchte er ein Stück Brot in die Suppe und ließ sich kauend auf dem Boden nieder. Am anderen Ende des Raumes vermeinte er einen Augenblick lang, Radus dunklen Schopf auszumachen. Doch als der Knabe sich ihm zuwandte, erkannte er seinen Irrtum. Natürlich!, dachte er unwillig. Um diese Zeit befand sich Radu in der Iç Oğlan, um seinen Kopf mit unnützen und gotteslästerlichen Dingen vollzustopfen!
    Seine Mundwinkel zuckten, und ein zynisches Lächeln trat auf sein Gesicht. Ob Radu sich ebenso ins Zeug legte wie Vlad selbst, um seinen Lehrern zu beweisen, dass er wusste, was Demut und Gehorsam waren? Ob er genauso darauf bedacht war, den Anschein zu erwecken, dass er sich in sein Los gefügt hatte und ein Leben als Diener des Sultans anstrebte? Leider bekam Vlad seinen kleinen Bruder kaum mehr zu Gesicht, seit ihm die Unterkunft in der Nähe der Ställe zugeteilt worden war. Zwar hatte ihm der Ağa inzwischen gestattet, Radu zweimal im Monat zu treffen, doch bei diesen Zusammenkünften wirkte Radu oft abwesend und niedergedrückt. Vlad wischte die Schale mit einem Stück Brot aus und steckte sie zurück in den Beutel. Wenigstens schien Mehmet den Jungen in Ruhe zu lassen! Zumindest hatte Radu das behauptet, als Vlad ihn vorsichtig danach gefragt hatte.
    Das wohlbekannte Brennen breitete sich in ihm aus. Mit aller Gewalt zwang er sich, alle Gedanken an Mehmet zu unterdrücken. Er musste sich auf seinen Plan konzentrieren!
    Wenn es ihm weiterhin gelang, den Ağa und die Eunuchenlehrer mit seinem Eifer und Lernwillen zu beeindrucken, würde er vielleicht bald sein Ziel erreichen. Er erhob sich, um eine Handvoll Feigen und Datteln zu ergattern, die er genüsslich kaute. Vor einigen Tagen hatte er sogar überlegt, die Worte zu sagen, welche sein Leben für immer verändern konnten: »Es gibt nur einen Gott, und Mohammed ist sein Prophet.« Damit und mit der anschließenden Beschneidung und Feier wäre sein Übertritt zum Islam vollzogen gewesen.
    Aber selbst wenn er das Glaubensbekenntnis nicht ernst meinte und nur als List ansah, erachtete er es als unverzeihlichen Verrat an dem Drachenorden. Seine Hand wanderte zu seiner Schulter. Das konnte und wollte er nicht tun! Der Ruf des Borus brachte ihn und die anderen Männer zurück ins Freie. Der Himmel war nun bewölkt. Die Hitze hatte sich in drückende Schwüle verwandelt. »Geht zurück auf eure üblichen Posten!«, bellte der Kapıcıbaşı. »Der Diwan ist auf morgen vertagt.« Vlad verbiss sich einen hämischen Laut, da die Schwierigkeiten des Sultans auch Ärger für das Fürstentum seines Vaters bedeuten konnten. Aber dennoch erfüllte ihn die Tatsache, dass das Osmanische Reich offenbar in Unruhe versetzt worden war, mit warmer Genugtuung. Sobald die Diener anfingen zu schwatzen, würde man mehr wissen.
    Bis dahin ergötzte er sich einfach an der Vorstellung, dass irgendetwas den Sultan und seine Handlanger aufgeschreckt hatte!

Kapitel 33
Edirne, Sultanspalast, Juni 1447
    Zwei Tage darauf wurde Vlad von zwei Bewaffneten aus dem Stall geholt und über schmale Gartenpfade zu einem schlichten Gebäude in der Nähe des Hamams – des Bades – geführt. Dort befahlen ihm die Männer in einer kleinen Halle zu warten und sich nicht von der Stelle zu rühren,

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