Der Teufelsfürst
während sie selbst durch eine eisenbeschlagene Tür verschwanden. Derweil sich Unbehagen in ihm ausbreitete, versuchte er, etwas durch die vergitterten Fenster zu erkennen und lauschte ins Freie hinaus. Doch außer den Schreien der Jagdfalken des Sultans durchschnitt nichts die Stille des Nachmittages. Unauffällig ließ er den Blick über die mit blau-weißen Fliesen geschmückten Wände schweifen und fragte sich, warum er hierher gebracht worden war, obwohl er sich eigentlich mit den anderen Reitern auf den Weg zum Übungsplatz machen sollte. Wusste der Ağa, wo er war? Und wer war es, der ihn hatte rufen lassen? Einen Augenblick überkam ihn die Befürchtung, dass Prinz Mehmet die tagelangen Sitzungen und Diskussionen des Rates langweilig geworden waren und er etwas Zerstreuung suchte. Aber es war nicht der Prinz, der wenig später den Raum betrat. Die Erleichterung, die ihn beim Anblick des Großwesirs und seiner Begleiter durchflutete, wich allerdings sofort der Neugier. Warum war Halil Pascha nicht bei der zweifelsohne hitzigen Debatte mit dem Sultan, den Beğs, den Emiren und Wesiren? Wie vermutet waren bereits am Tag nach der Einberufung des Rates die ersten Informationen nach außen gedrungen. Inzwischen wusste jeder, dass es tatsächlich der ungarische Reichsverweser Johann Hunyadi war, der dafür gesorgt hatte, dass die osmanischen Provinzen Alarm geschlagen hatten. Warum verschwendete einer der wichtigsten Männer des Reiches seine Zeit mit ihm, einer Geisel? All diese Fragen schossen Vlad durch den Kopf, als er sich tief vor dem Großwesir verneigte.
Dieser musterte ihn einige Atemzüge lang kritisch, ehe er versonnen nickte. »Deine Lehrer sind des Lobes voll«, hub er an.
Seine Stimme klang seltsam hohl in dem kahlen Raum. »Es scheint, als ob du begriffen hättest, wer dein Herr ist«, fuhr Halil Pascha fort und trat so dicht vor Vlad, dass der junge Walache die Fäden der Goldstickerei an seinem Kragen ausmachen konnte.
»Der Ağa meinte, es wäre an der Zeit, dass du Erfahrung im Kampf sammelst.« Vlad glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Wollte man ihn etwa in die Schlacht gegen die Ungarn schicken, vielleicht gar gegen seine eigenen Landsleute – je nachdem, auf welche Seite sein Vater sich dieses Mal schlug? Übelkeit stieg in ihm auf, aber er versuchte, seine Gefühle mit keiner Regung zu verraten. War das die Prüfung, die er bestehen musste, um zu beweisen, dass er irgendwann ein würdiger und treuer Woiwode der Walachei sein würde? Oder wollte der Sultan seine Macht demonstrieren, indem er Vlad gegen seine eigene Familie ziehen ließ – falls sein Vater sich entgegen aller Weisheit mit Johann Hunyadi verbündet hatte? Die nächsten Worte des Großwesirs zerschlugen seine Befürchtungen jedoch, und er atmete erleichtert auf. »Du hast gewiss von diesem Verräter Iskender-Beğ gehört«, spuckte Halil Pascha aus und machte ein Gesicht, als ob er zu viel saures Gemüse gegessen hätte. Vlad stutze. Was hatte Georg Kastriota mit den Ungarn zu tun? Hatte er sich mit den anderen Balkanmächten gegen den Sultan verbündet? Oder war es ihm endlich gelungen, Venedig und sogar den Papst zu einem Kriegszug zu bewegen? »Antworte!«, herrschte der Großwesir Vlad an, als dieser nicht sofort reagierte. »Ja, Herr«, erwiderte er leise – nicht sicher, was von ihm erwartet wurde.
»Nun«, fuhr Halil Pascha fort, »es scheint, als ob die örtlichen Beğs ein wenig Hilfe benötigen, um mit dieser albanischen Made fertigzuwerden. Offenbar ist in den Mokrabergen inzwischen ein Grenzkrieg entflammt, den wir gewinnen können, wenn wir nur schnell genug für Verstärkung sorgen.« Er strich sich mit der Rechten über den langen, grauen Bart.
»Und was wäre besser geeignet, um dem Sultan deine Treue zu beweisen.« Vlad faltete bescheiden die Hände vor der Brust und verbeugte sich erneut. »Ich danke Euch für diese Ehre, Herr«, log er, während sein Verstand fieberhaft arbeitete. Halil Pascha trat noch näher an ihn heran und zischte: »Ich habe einen Auftrag für dich. Wenn du diesen zu meiner Zufriedenheit erfüllst, wird dein Name wie süße Musik sein im Ohr des Padischahs.«
Vlad wagte kaum, den Blick zu heben. Doch die Neugier war stärker als seine Furcht. »Der Padischah, Allah möge ihn beschützen«, versetzte der Großwesir, »hat Boten ausgesandt, um Iskender-Beğ eine Rückkehr in Gnade anzubieten. Wenn dieser Wurm sich ihm unterwirft, will er seinen Verrat vergessen.« Die Augen des
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