Der teuflische Lord (German Edition)
Brachte er lieber Leute um, deren Namen er kannte? Diese Vorstellung gefiel ihr ganz und gar nicht, und deshalb überlegte sie sich, wie sie ihn aus dieser freudigen Stimmung herausholen konnte.
„Und Ihr? Verfügt Ihr auch über einen Namen, der etwas menschlicher klingt, oder reicht es Euch als Teufel betitelt zu werden?“
Dass diese Maid so bissig war bereitete Waldo keine Probleme. Schließlich war er ein Danber, dessen Temperament nur von einer Maid gezähmt werden konnte, die ausreichend Feuer besaß. Auch wenn er ihr beizeiten klarmachen sollte, dass der Ruf der Danber nicht so schrecklich war, um gleich den Titel Teufel zu verdienen.
„Waldo, und das mit dem Teufel ist eine ziemliche Übertreibung, Mylady.“ Seinen - in den Augen der Maid angeschlagenen - Ruf konnte er mit dieser Aussage jedoch nicht retten.
Anouk hatte sich nie wirklich darüber Gedanken gemacht, dass hinter der Bezeichnung Teufel von Thorn auch ein Mann aus Fleisch und Blut steckte. Und dass dieser Mann vielleicht sogar einmal einen Vornamen besessen hatte, bevor er seinen berühmt-berüchtigten Ruf erlangt hatte. Das erschwerte die ganze Sache zusätzlich. Einem Ungeheuer einen Namen zu geben machte es schwerer, es als Bedrohung zu sehen.
„Möchtet Ihr nach draußen gehen, um ein wenig frische Luft zu bekommen, oder nicht, Lady Anouk?“
Indem er die Frage erneut stellte und dabei ihren Namen anhängte, schaffte er eine Verbindung, die Anouk nicht entstehen lassen wollte. Andererseits wollte sie die Zeit auch nicht weiter untätig in dieser Kammer verbringen und auf ihr Ende warten.
Waldos Angebot war durch und durch eigennützig. Wenn er dem Fräulein einen Einblick in sein Reich gewährte, konnte das nur von Vorteil für ihn sein. Ihr zu zeigen, was er besaß, sollte sie beeindrucken und ein vorteilhaftes Bild von ihm zeichnen, auf das er bei seinem Eroberungsfeldzug aufbauen konnte.
„Könnt Ihr draußen ein wenig genauer definieren?“ Anouk war nicht so dumm, dass sie eine sich vielleicht anbahnende Gefahr außer Acht ließ. Schließlich konnte es durchaus sein, dass er ihr irgendwo in der Abgeschiedenheit außerhalb seiner Mauern den Hals umdrehen wollte. Und was war, wenn er ihren Körper danach den wilden Tieren überließ? Dann konnte sie die Hoffnung auf ein würdiges Grab ganz in den Wind schreiben.
„Ich denke an einen kleinen Marsch auf dem überdachten Wehrgang. Aber wenn Ihr nicht wollt, dann können wir auch hier im Warmen bleiben“, bot Waldo als Alternative an.
Wir? Wie schnell ein kleines Wörtchen doch eine Entscheidung beeinflussen konnte. Anouk wollte sich nämlich nicht vorstellen, mit dem Ritter zusammen in dieser Kammer zu verweilen. Schließlich könnte ihm jederzeit einfallen, seine Drohung, sie zu erwürgen, in die Tat umzusetzen. Etwas mehr Öffentlichkeit war für sie also ein guter Schutz.
Plötzlich konnte Anouk die Kammer nicht schnell genug verlassen. Ihre Zustimmung zu Waldos Vorschlag bestand allerdings nur darin, auf den Gang hinauszutreten. Ihr war nämlich noch ein weiterer Gedanke gekommen, der sie vielleicht sogar ein wenig mehr beunruhigte als die Vorstellung, erwürgt zu werden. Was war, wenn Lord Waldo die andere Art benutzen wollte, um sie vom Leben in den Tod zu befördern? Brachte sie die Willenskraft auf, sich dagegen zu wehren, wenn er ihr mit einem Kuss den Atem rauben wollte?
Für Waldo war es klar. Die Lady wollte nicht mit ihm alleine sein! Aus Angst vor ihm oder vielleicht doch eher aus Angst vor ihrer eigenen Reaktion auf ihn? Wenn er mit ansah, wie schnell sie zur Tür geeilt war, konnte durchaus die zweite Möglichkeit zutreffen. Was natürlich seiner Absicht, der Lady näherzukommen, zuspielte.
Waldos Laune hob sich bei dieser Aussicht, vor allem da er sich darum kümmern musste, dass Lady Anouk warm eingepackt nach draußen kam. Ihren Pelzumhang von dem Haken zu nehmen, an dem noch tags zuvor seine Gewänder gehangen hatten, verschaffte ihm die Gelegenheit, seine fürsorgliche Seite zu zeigen. Während er ihr den Umhang um die zarten Schultern legte, kam er schon fast so nahe an ihre Seite, wie er sich das vorgestellt hatte. Und um diese Nähe nicht gleich wieder zu verlieren, bemächtigte er sich auch gleich der Hand der Maid.
Konnte sie sich gegen den festen Druck der Finger wehren, die ihre umschlossen? Nein, das versprach wenig Aussicht auf Erfolg. Nachdem sie mit der kalten Winterluft in Kontakt gekommen war, erschien es ihr auch nicht mehr
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