Der teuflische Lord (German Edition)
eines Besseren belehren. Eigentlich könnte sie ja die Zeit auch damit totschlagen, dieses Zimmer auf Hochglanz zu bringen.
Wasser stand ihr dank des Badezubers jetzt reichlich zur Verfügung. Und womit konnte man einen rüpelhaften Ritter wohl mehr ärgern als damit, sein Schlafzimmer in eine duftende Blumenwiese zu verwandeln? Die Rosenseife würde ihr hier gute Dienste erweisen, sobald ihr Duft die ganze Kammer einnahm. Dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen bereitete Anouk keine großen Schwierigkeiten. Mit Wasser, Seife und den Leintüchern verbreitete sie schnell Sauberkeit und Rosenduft.
Lord Waldo wurde von dem intensiven Geruch nach Blumen fast erschlagen, als er sich endlich dazu durchrang, der Maid sein frisch rasiertes Gesicht zu präsentieren. In seinen einst so männlichen Räumen duftete alles nach Rosen und Frau. Ein Geruch, der Waldo hart schlucken ließ. Wenn er jetzt zeigte, dass sie ihn mit so einfachen Mitteln bereits betören konnte, standen seine Chancen schlecht, die Oberhand zu behalten. Es sei denn, er fand eine Möglichkeit, mit der er sie seinerseits beeindrucken konnte.
Sich in höfischem Benehmen zu üben schien Waldo ein guter Anfang zu sein, um die Lady von sich zu überzeugen.
„Würdet Ihr gerne einen Spaziergang auf dem Wehrgang machen, Mylady?“
Allerdings war es keine so gute Idee, diese Frage so unvermutet in den Raum zu stellen, ohne sich zuvor bemerkbar gemacht zu haben. Denn Anouks erschrockenes Kreischen, gefolgt von einem nassen Tuch, das sie dem Ritter mitten ins Gesicht schlug, war als Begrüßung wenig wünschenswert.
„Man klopft an, bevor man die Kammer einer Frau betritt. Und davor wartet man darauf, die Erlaubnis zum Eintritt zu erhalten!“
Diese Verhaltensregel stimmte zwar, aber doch nicht so ganz, weil die Lady bei ihrer Rüge einfach über ein paar Tatsachen hinwegging. Erstens war das nicht ihre Kammer, aber falls der Ritter sie darauf hinweisen wollte, dann würde ihr schon eine passende Erwiderung einfallen. Allerdings tat ihr der Mann den Gefallen nicht, sich mit ihr über diese Kleinigkeit zu streiten. Zweitens war sie eher so etwas wie eine Gefangene, die nicht den Status hatte, dem Burgherren Dinge erlauben oder verbieten zu können.
Während er sich das schmutzige, aber zumindest wohlriechende Tuch aus dem Gesicht entfernte, hatte Waldo noch eine kleine Schonfrist, bevor er sich der streitbaren Lady stellen musste. Seine Worte verrieten jedoch nichts darüber, dass er sich Gedanken darüber machte, wie sie ihn ohne Bart finden würde.
„Es ist nicht leicht, sich bemerkbar zu machen, wenn man den Namen einer Person nicht einmal kennt.“
Doch dem Ritter war es nicht vergönnt, auf diese umständliche Art den Namen seines Gastes zu erfahren. Dass er sein angestrebtes Ziel nicht erreichte, lag jedoch nicht daran, dass sie besonders unhöflich sein wollte, sondern an dem Mann, der ihr nun ganz ohne irgendein haariges Hindernis im Gesicht entgegen blickte.
„Ihr habt Euch rasiert!“ Diese Tatsache festzustellen war auf eine gewisse Art noch verstörender als die Klingen mit dem Teufel von Thorn verbal zu kreuzen. Denn ohne seinen struppigen Bart sah der Mann kein bisschen teuflisch aus!
Eine gerade Nase und ein kantiges Kinn bildeten die Konturen eines ausdrucksstarken Gesichts. Der schmale Mund, der jetzt nicht mehr von Haaren verborgen war, nahm in diesem ansehnlichen Gesicht einen wohlgefälligen Platz ein und machte die Maid ein wenig atemlos. Sich vorzustellen, dass diese Lippen die ihren berührt hatten … Oh, sie durfte diesen Gedanken gar nicht weiterverfolgen.
„Ich dachte, dass könnte vielleicht ganz praktisch sein.“ Mit dieser etwas zu harmlos klingenden Feststellung versetzte er die Maid erst recht in Alarmbereitschaft! Allerdings verwarf sie den Gedanken, der ihr bei diesen Worten gekommen war, auch gleich wieder. Der Ritter hatte sich ganz sicher nicht rasiert, weil sie sich negativ über seine Gesichtsbehaarung geäußert hatte. Um sich nicht weiter in diesem Thema zu verstricken, kam sie lieber auf die vorher geäußerte Frage zurück. Auch wenn diese eigentlich in einem Vorwurf verpackt worden war.
„Anouk. Wenn Ihr es für nötig haltet, dann könnt Ihr mich, wie jeder andere auch, Anouk nennen.“
Konnte es verkehrt sein, ihm diese Information zukommen zu lassen? Vielleicht würde ihr Grab dann ja wenigstens einen Namen bekommen. Sie konnte sich jedoch auf das erfreute Grinsen ihres Bewachers keinen Reim machen.
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