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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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drücke mich flach gegen Henrys Schlafzimmertür, bereit, mich hineinzustürzen und die Tür hinter mir zu verschließen. Ich muss ihn beschützen. Aus seinem Zimmerfenster kann ich um Hilfe rufen. Ich würde mein Leben für ihn geben.
    Ein leichter Schritt, die Tür wird geschlossen, ein Schlüssel dreht sich im Schloss, und ich halte den Atem an. Nichts ist zu hören als der leichte Schritt dessen, der nun leise die Wendeltreppe des Turms herunterhuscht. Wer immer es auch sein mag.
    Als könnte ich ihn an seinen Schritten erkennen, weiß ich plötzlich, dass es Jasper ist, und trete aus dem Schatten. «Jasper, oh, Jasper!», sage ich leise. Da nimmt er die letzten drei Stufen auf einmal, und schon hält er mich eng umschlungen. Ich umklammere seinen breiten Rücken. Wir halten einander fest, als könnten wir uns nie wieder freigeben. Als ich zu ihm aufsehe, legt er den Mund auf meine Lippen und küsst mich. Heiße Begierde schießt durch mich hindurch, ein brennendes Verlangen – wie im Gebet, wenn Gott mich flammend erhört.
    Bei dem Gedanken ans Beten löse ich mich von ihm und ringe nach Luft. Er gibt mich sofort frei.
    «Es tut mir leid.»
    «Nein!»
    «Ich dachte, du wärst beim Essen oder in unserem privaten Wohngemach. Ich wollte ganz unauffällig zu dir und deinem Gemahl kommen.»
    «Ich war bei meinem Sohn.»
    «Hat er sich gefreut, dich zu sehen?»
    Ich winke ab. «Er macht sich mehr Sorgen um dich. Er vermisst dich. Wie lange bist du schon hier?»
    «Seit fast einer Woche bin ich in der Gegend. Ich habe die Burg wegen Herberts Spionen gemieden. Ich wollte verhindern, dass er sich auf meine Spur setzt. Deswegen habe ich mich in den Wäldern versteckt und dort auf euch gewartet.»
    «Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Oh, Jasper, musst du wirklich fort?»
    Wieder legt er mir den Arm um die Taille, und ich kann nicht anders, ich muss mich an ihn lehnen. Ich bin gewachsen, mein Kopf reicht ihm bis an die Schulter. Wir passen zueinander wie Gussform und Glocke, einer aus dem anderen geformt. Mir ist, als würde ich mich mein Leben lang schmerzlich danach sehnen, wenn wir einander nicht nah sein dürfen.
    «Margaret, meine einzige Liebe, ich muss fort», erklärt er schlicht. «Auf meinen Kopf ist ein Preis ausgesetzt, und zwischen Herbert und mir herrscht böses Blut. Aber ich komme zurück. Ich gehe nach Frankreich oder Schottland, rekrutiere Männer für den wahren König und kehre mit einer Armee zurück. Dessen kannst du dir sicher sein. Wenn wir gewonnen haben und Lancaster wieder auf dem Thron sitzt, werde ich auch wieder Herr dieser Burg sein.»
    Als mir auffällt, wie fest ich mich an ihn klammere, lasse ich sein Wams los und zwinge mich, ihn gehen zu lassen. Der Raum zwischen uns, nicht mehr als ein Schritt, fühlt sich unerträglich leer an.
    «Und du, geht es dir gut?» Seine offenen, blauen Augen mustern mein Gesicht, dann lässt er den Blick frank an meinem Körper hinabgleiten. «Kein Kind?»
    «Nein», sage ich kurz angebunden. «Es stellt sich keines ein. Ich weiß auch nicht, warum.»
    «Behandelt er dich gut?»
    «Ja. Ich kann die Kapelle nach meinem Willen nutzen, und ich darf mich meinen Studien widmen. Er stellt mir aus den Einkünften aus meinen Ländereien ein großzügiges Nadelgeld zur Verfügung. Er besorgt mir sogar Bücher und hilft mir beim Lateinstudium.»
    «Wie schön», kommentiert er weihevoll.
    «Nun, für mich schon», gebe ich trotzig zurück.
    «Und wie steht er zu König Edward?», fragt er. «Bist du in Gefahr?»
    «Ich glaube nicht. Er ist für König Henry nach Towton gezogen …»
    «Er ist in den Krieg gezogen?»
    Fast hätte ich gekichert. «Ja. Und ich glaube nicht, dass er großen Gefallen daran hatte. Aber er ist begnadigt worden, und unter diese Begnadigung müsste ich eigentlich auch fallen. Wir nehmen Henry mit und leben ein ruhiges Leben. Wenn der wahre König wieder zu seinem Recht kommt, sind wir bereit. York hat gewiss Besseres zu tun, als sich mit uns abzugeben. Er hat bestimmt größere Feinde. Sir Henry spielt keine große Rolle in der Welt; er bleibt gerne zu Hause. Er scheint sich so unauffällig zu verhalten, dass sich niemand um uns kümmert.»
    Jasper grinst. Ein junger Mann, der zu Großem geboren wurde und dem es auf Teufel komm raus nicht gelingen würde, ruhig zu Hause sitzen zu bleiben. «Vielleicht. In jedem Fall bin ich froh, dass er dich und den Jungen beschützt, solange ich fort bin.»
    Ich kann nicht widerstehen, ihn noch

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