Der Thron der roten Königin
irgendeinem Grund wäre es mir wohl doch recht, wenn er mich davon zu überzeugen suchte, tatsächlich seine Frau zu werden. «Ich glaube, dass Gott mich dazu auserwählt hat, den nächsten Lancasterkönig von England zu gebären», flüstere ich ihm zu. «Und ich habe mein Leben ganz dem Ziel gewidmet, für die Sicherheit meines Sohnes zu sorgen. Ich habe einen heiligen Eid abgelegt, ihn auf den Thron zu bringen, was immer es mich koste. Ich werde nur einen Sohn haben, und ich bin allein seinem Erfolg verschrieben.»
Endlich schaut er auf, wie um sich davon zu überzeugen, dass mein Gesicht in heiliger Entschlossenheit glüht. «Ich denke, ich habe es Euren Beratern klargemacht, dass es notwendig ist, dass Ihr dem Hause York dient: König Edward und Königin Elizabeth?»
«Ja. Ich habe den Euren erklärt, dass ich an den Hof kommen möchte. Allein durch die Gunst des Königs kann ich meinen Sohn nach Hause holen.»
«Ihr müsst mit mir an den Hof kommen, um einen Platz im Gefolge der Königin einzunehmen und mich in meiner Arbeit als ihr herausragendster Höfling und Berater zu unterstützen. Ihr müsst den Schein erwecken, ein treues und verlässliches Mitglied des Hauses York zu sein.»
Ich nicke und löse den Blick von seinem Gesicht. «Das ist meine Absicht.»
«Es darf bei ihnen nie auch nur der leiseste Zweifel entstehen, und nicht einmal ein Anflug von Unbehagen», verfügt er. «Ihr müsst dafür sorgen, dass sie Euch vertrauen.»
«Es wird mir eine Ehre sein», lüge ich kühn und sehe an dem amüsierten Schimmern in seinen braunen Augen, dass er weiß, wie ich mich wappnen musste, um so weit zu kommen.
«Ihr seid sehr klug», sagt er so leise, dass ich ihn kaum verstehe. «Ich glaube, zurzeit ist er unbesiegbar. Aber zu dem, der warten kann, kommt alles mit der Zeit.»
«Wird er mich denn wirklich an seinem Hof aufnehmen?» Ich denke daran, wie lange Jasper gegen diesen König gekämpft hat und dass Wales selbst jetzt unter der yorkistischen Herrschaft noch unruhig ist. Und dass Jasper in der Bretagne auf bessere Zeiten wartet, während er meinen Jungen beschützt, der König sein sollte.
«Sie sind sehr darauf bedacht, die Wunden der Vergangenheit zu heilen. Sie sind auf Freunde und Verbündete angewiesen. Er möchte glauben, dass Ihr Euch nicht nur äußerlich meinem Haus und seiner Verwandtschaft angeschlossen habt. Er wird Euch als meiner Gemahlin begegnen», antwortet Lord Stanley. «Selbstredend habe ich mit ihm über diese Eheschließung gesprochen, und er wünscht uns alles Gute. Die Königin ebenfalls.»
«Die Königin? Tatsächlich?»
Er nickt. «Ohne ihr Wohlwollen geschieht nichts in England.»
Ich ringe mir ein Lächeln ab. «Dann werde ich wohl lernen müssen, ihr zu gefallen.»
«Das werdet Ihr. Wir beide müssen womöglich bis zu unserem Tod unter der yorkistischen Herrschaft leben. Wir müssen uns mit ihnen abfinden und – besser noch – in ihrer Gunst steigen.»
«Werden sie mir erlauben, meinen Sohn nach Hause zu holen?»
Er nickt. «Das ist mein Plan. Ich habe noch nicht darum gebeten, und ich werde es nicht allzu bald erwähnen – bis Ihr Euch am Hof eingeführt habt und sie Euch allmählich vertrauen. Ihr werdet feststellen, dass sie begierig sind, Menschen zu vertrauen und sie ins Herz zu schließen. Sie sind wirklich charmant. Sie werden Euch sehr freundlich begegnen. Dann werden wir sehen, was wir für Euren Sohn tun können und welche Belohnung er mir dafür anbietet. Wie alt ist er jetzt?»
«Erst fünfzehn», sage ich. Mir fällt auf, wie viel Sehnsucht in meiner Stimme schwingt, als ich daran denke, dass mein Junge zu einem Mann heranwächst, ohne dass ich daran teilhaben kann. «Sein Onkel Jasper hat ihn in die sichere Bretagne gebracht.»
«Er wird Jasper verlassen müssen», warnt Lord Stanley. «Mit Jasper Tudor wird Edward sich niemals versöhnen. Aber wenn Euer Sohn bereit ist, ihnen Treue zu schwören, und wir unser Wort geben, dass er keine Schwierigkeiten macht und auf seinen Thronanspruch verzichtet, erlauben sie ihm gewiss, nach Hause zu kommen.»
«George of Clarence hat den Titel meines Sohnes als Earl of Richmond an sich gerissen», bemerke ich neidisch. «Wenn mein Sohn zurückkehrt, muss er sein Recht bekommen und seinen Titel und seine Ländereien zurückerhalten. Er muss als der Graf nach Hause kommen, das steht ihm zu.»
«George will bei Laune gehalten werden», gibt Lord Stanley offen zu bedenken. «Aber wir können ihn sicher
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