Der Thron der roten Königin
«Was ist schiefgelaufen? Was hast du getan?»
«Es war nicht meine Schuld. Der Plan war stümperhaft. Er ist bereits verheiratet», sagt er und nimmt noch einen Schluck.
«Was?»
«Er hat sich die andere Warwick-Erbin geschnappt, die Schwester von Isabel, die mit George verheiratet ist. Er hat Anne Neville geheiratet, die Witwe des Prince of Wales, das heißt des jungen Edward, Prince of Wales, der in Tewkesbury gefallen ist.»
«Wie konnte er?», fahre ich auf. «Ihre Mutter hätte so etwas niemals erlaubt. Wie konnte George so etwas zulassen? Anne ist Erbin der Warwick-Güter! George kann unmöglich erlauben, dass sein jüngerer Bruder sie kriegt! Er will doch das Warwick-Vermögen nicht mit Richard teilen! Das Land! Die Loyalität des Nordens!»
«Keine Ahnung», gurgelt mein Haushofmeister vom Boden seines Krugs. «Man erzählt sich, Richard habe George zu Hause aufgesucht, wo er auf Lady Anne traf, die sich dort versteckte. Er nahm sie mit fort, versteckte sie seinerseits und heiratete sie, ohne Erlaubnis des Heiligen Vaters. Der Hof ist in hellem Aufruhr, doch er hat sie zur Frau genommen, und der König wird ihm vergeben. Für Euch ist er jedenfalls kein neuer Gemahl, Mylady.»
Ich bin so zornig, dass ich, ohne ihn zu entlassen, aus dem Raum stürze und ihn mit seinem Ale in der Hand dort stehen lasse wie einen Tölpel. Mir vorzustellen, dass ich den jungen Richard als zukünftigen Gemahl in Erwägung gezogen habe, während er um ein Warwick-Mädchen buhlte und sie wirklich erbeutet hat … Jetzt sind die Familien York und Warwick hübsch miteinander vereint, und ich bin ausgeschlossen. Ich bin so beleidigt, als hätte ich ihm höchstpersönlich einen Antrag gemacht und wäre abgewiesen worden. Ich war wahrhaftig bereit, mich so weit zu erniedrigen, dass ich einen aus dem Hause York zum Gemahl genommen hätte – nur um zu erfahren, dass er sich die junge Anne ins Bett geholt hat und alles aus und vorbei ist.
Ich gehe in die Kapelle und sinke auf die Knie, um unserer Lieben Frau meine Klagen vorzutragen. Sie wird verstehen, wie beleidigend es ist, übersehen zu werden – und das für so ein schwaches Ding wie Anne Neville. Ich bete eine Stunde lang voller Zorn, doch dann überkommt mich die tiefe Ruhe der Kapelle, der Priester beginnt mit der Abendandacht, und das vertraute Ritual des Gottesdienstes tröstet mich. Während ich die Gebete flüstere und den Rosenkranz durch meine Finger gleiten lasse, überlege ich, wer sonst noch im richtigen Alter ist, unverheiratet und mächtig am Hof von York. Und als ich «Amen» sage, schickt Unsere Liebe Frau mir in ihrer besonderen Fürsorge für mich einen Namen. Ich verlasse die Kapelle mit einem neuen Plan. Ich glaube, genau den richtigen Mann gefunden zu haben, einen, der mitten in der Schlacht auf die siegreiche Seite überwechseln würde, und flüstere leise seinen Namen: Thomas, Lord Stanley.
Lord Stanley ist Witwer, von Geburt meinem Hause Lancaster treu, doch legt er sich nie fest. Ich erinnere mich, dass Jasper sich beklagte, Stanley habe unserer Königin, Margarete von Anjou, geschworen, bei der Schlacht von Blore Heath mit seinen zweitausend Mann für sie zu kämpfen, und sie wartete und wartete, dass er kam und den Sieg für sie errang. Und während sie auf ihn wartete, gewann York die Schlacht. Jasper schwor, Stanley sei ein Mann, der seine ganze Verwandtschaft in Schlachtordnung aufstellte – eine Armee von vielen tausend Männern –, um dann von einem Hügel aus abzuwarten, wer im Begriff sei zu siegen, bevor er seine Loyalität zu erkennen gebe. Jasper sagte, er sei ein Spezialist des letzten Angriffs. Zu wessen Gunsten die Schlacht auch ausginge, er wäre Stanley immer dankbar. So einen Mann würde Jasper verachten. So einen Mann hätte ich auch verachtet. Doch kann es sein, dass er genau der Mann ist, den ich jetzt brauche.
Nach der Schlacht von Towton hat er die Seiten gewechselt. Jetzt ist er Yorkist und steht hoch in König Edwards Gunst. Er ist jetzt Lord Steward, einer der obersten Würdenträger bei Hofe – näher kann man dem König fast nicht mehr kommen –, und er wurde mit prächtigen Ländereien im Nordwesten Englands belohnt, die gut zu meinen eigenen Ländereien passen und für meinen Sohn Henry zukünftig ein ansehnliches Erbe abgeben würden, auch wenn Stanley schon eigene Kinder und einen erwachsenen Sohn und Erben hat. König Edward scheint ihn zu bewundern und ihm zu vertrauen, obwohl ich den Verdacht hege, dass der
Weitere Kostenlose Bücher