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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ihre Rivalen, festigte ihre Macht über ihren Gemahl und blendete England.
    Selbst in ihren finstersten Monaten, die sie im Asyl verbrachte, in denen mein König wieder auf dem Thron saß, zu der Zeit, in der wir flussabwärts an den Hof des Königs fuhren und er meinen Sohn als Earl of Richmond anerkannte, selbst in dieser Finsternis stahl sie sich einen Moment des Triumphes, denn dort gebar sie ihren ersten Sohn, das Kind, das wir nun Prince of Wales zu nennen haben, Prinz Edward, mit dem sie den Yorkisten wieder Hoffnung gab.
    In allem, sogar in den Momenten ihrer scheinbaren Niederlage, triumphierte sie über mich. Und ich habe gewiss fast zwanzig Jahre darum gebetet, dass die wahre Demut Unserer Lieben Frau über sie komme, die nur die Leidenden erfahren, auch wenn ich bis jetzt nicht erlebt habe, dass die Zeiten der Not sie zu einem besseren Menschen gemacht hätten.
    Nun steht sie vor mir, angeblich die schönste Frau ganz Englands, die wegen ihres guten Aussehens auf dem Thron sitzt, von ihrem Gemahl ebenso angebetet wie von der ganzen Nation. Ich senke den Blick, ich tue, als ob sie mir Ehrfurcht einflößte. Gott allein weiß, dass sie nicht über mich verfügen kann.
    «Lady Stanley», sagt sie freundlich zu mir, als ich in einen tiefen Knicks sinke.
    «Euer Gnaden.» Mein Lächeln ist so breit, dass mein Mund ganz trocken ist.
    «Lady Stanley, Ihr seid um Eurer selbst willen bei Hofe willkommen und auch um Eures Gatten willen, der uns so ein guter Freund ist», flötet sie. Ihre grauen Augen tasten mein kostbares Gewand ab, meine Haube mit dem sittsamen Schleier, mein bescheidenes Auftreten. Sie versucht, schlau aus mir zu werden, während ich, wie ich dort vor ihr stehe, mit jeder Faser versuche, meinen rechtschaffenen Hass auf sie zu verbergen, auf ihre Schönheit und ihren Stand. Ich bemühe mich um Liebenswürdigkeit, dreht sich mir auch der Magen vor neiderfülltem Stolz um.
    «Mein Gemahl schätzt sich glücklich, seinem König und Eurem Haus dienen zu dürfen», bringe ich hervor und schlucke trocken. «So wie ich.»
    Sie beugt sich weit vor, um mich anzuhören, und plötzlich geht mir auf: Sie will mir Glauben schenken, dass ich die Seiten gewechselt habe und bereit bin, ihnen loyal zu sein. Ich erkenne ihren Wunsch, sich mit mir anzufreunden, und dahinter auch ihre Angst, dass sie nie wieder in Sicherheit sein wird. Erst wenn sie Freunde in jeder englischen Familie hat, kann sie gewiss sein, dass diese Häuser sich nicht gegen sie erheben werden. Wenn sie mich dazu bringen kann, sie zu lieben, verliert das Haus Lancaster eine große Anführerin: mich, seine Erbin. Das Asyl muss ihr das Herz gebrochen und den Verstand geraubt haben. Als ihr Gemahl unter Lebensgefahr fliehen musste und mein König auf dem Thron saß, muss sie so viel Angst gehabt haben, dass sie sich nun nach jeder Freundschaft sehnt, sogar nach der meinen, ja, vor allem nach der meinen.
    «Es ist mir ein Vergnügen, Euch zu meinen Ladys und Freundinnen zählen zu dürfen», sagt sie gnädig. Man könnte sie für eine geborene Königin halten, nicht für eine mittellose Witwe; sie besitzt mindestens so viel Stil wie Margarete von Anjou und deutlich mehr Charme. «Ich freue mich, Euch eine Stellung unter meinen Ladys anzubieten.»
    Ich stelle mir vor, wie sie als junge Witwe am Straßenrand auf das Vorüberreiten eines wollüstigen Königs wartet, und befürchte einen Moment, meine Geringschätzung nicht verbergen zu können. «Ich danke Euch.» Ich verbeuge mich, sinke in einen weiteren tiefen Knicks und eile hinaus, erlöst von ihrer Gegenwart.
    ***
    Es ist befremdlich, meine Feinde anzulächeln, mich vor ihnen zu verbeugen und meine Verachtung zu verbergen. Nach mehr als zehn Jahren in ihrem Dienst habe ich es jedoch so gut erlernt, dass niemand meine geflüsterten Stoßgebete vermutet, Gott möge mich nicht vergessen im Hause meiner Feinde. Mit den Jahren werde ich als loyaler Höfling angesehen. Die Königin schließt mich sogar in ihr Herz, sie vertraut mir als einer ihrer engsten Ehrendamen, die ihr tags Gesellschaft leistet, abends an der Tafel ihrer Hofdamen diniert, die vor dem Hofstaat tanzt und sie zu ihren prunkvoll möblierten Gemächern geleitet. Edwards Bruder George schmiedet Ränke gegen das königliche Paar, und als die Familie ihres Gemahls zerbricht, hält sie sich an uns, ihre Hofdamen. Sie muss eine schwere Zeit überstehen, als sie der Hexerei angeklagt wird und die eine Hälfte des Hofes sich heimlich

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