Der Thron der Welt
und schaute auf den verlassenen Kai hinunter. «Und wie sehen diese Leute aus?»
«Ihr Anführer ist ein französischer Söldner, und seine Mannschaft besteht aus Angehörigen verschiedener Länder. Sie haben sogar einen normannischen Verräter dabei. Und einen wilden Hund von ungewöhnlicher Größe.»
Vallon drehte sich um. «So eine Mannschaft wäre kaum zu übersehen.»
«Nein. Wie es der Zufall will, wurde der Statthalter in Amtsangelegenheiten weggerufen, bevor das Schreiben eintraf, und konnte sich der Sache daher nicht sofort annehmen. Er wird nicht vor morgen früh zurück sein, dann aber, versteht sich, die Befehle des Königs mit aller gebotenen Eile ausführen.»
Vallon schnalzte mit der Zunge. «Wie bedauerlich, dass ich mich nicht von Seiner Exzellenz verabschieden und ihr für all die Freundlichkeit danken kann. Wir haben nämlich unsere Handelsgeschäfte hier abgeschlossen und werden noch heute Abend die Segel setzen. Es bleibt uns lediglich, unsere persönlichen Gegenstände an Bord zu bringen.»
Der Sekretär nickte und ging zur Tür. Dort blieb er mit der Hand auf dem Riegel noch einmal stehen. «Von Süden kommt gutes Wetter. Zwei Segeltage sollten Euch aus der Reichweite des königlichen Erlasses bringen. Wenn ich an Eurer Stelle wäre, würde ich davor nirgends an Land gehen.»
Sie verbeugten sich knapp voreinander, und der Sekretär ging. Vallon wartete am Fenster, bis seine Schritte auf dem Pflaster verklungen waren, dann hastete er an die Treppe und rief hinunter: «Raul! Wayland! Alle hören zu! Bewegt euch! Wir segeln heute Abend ab!»
Als die Waffenknechte des Statthalters früh am nächsten Morgen zum Kai gingen, fanden sie die Unterkunft verlassen und den Liegeplatz der
Shearwater
leer. Eine Hand deutete in Richtung der aufgehenden Sonne, und der Milizhauptmann konnte gerade noch den Umriss eines Seglers auf Nordkurs ausmachen.
Zurück auf See, musste sich die Mannschaft wieder an die Alltagsroutine auf dem Schiff gewöhnen. In der Woche an Land hatten sie sich erholt, und sie sahen ihrer Reise guten Mutes entgegen. Sie widmeten sich ihren Pflichten, arbeiteten gut zusammen, waren aber auch selbstbewusst genug, um auf eigene Initiative zu handeln. Als Vallon beobachtete, wie Garrick das Ende einer Want um eine Klampe schlug, konnte er kaum glauben, dass dieser Mann vor einem Monat zum ersten Mal den Fuß auf ein Schiff gesetzt hatte. Alles in allem war Vallon zufrieden. Der April war dem Mai mit seinen langen Dämmerungen gewichen. Die
Shearwater
legte achtzig Meilen am Tag zurück. Am nächsten Tag um dieselbe Zeit wären sie außerhalb von Drogos Reichweite.
Nur eine einzige Wolke verdüsterte die Zukunft. Alle waren sich ihrer bewusst, doch niemand sprach sie an. Schließlich gingen Hero und Richard zu Vallon, der im Bug stand und träumerisch übers Meer sah. Die beiden waren angespannt, keiner von ihnen wollte das Wort ergreifen. Richard hielt ein Bündel Papiere in der Hand. Vallon bat sie, sich mit ihm hinzusetzen.
«Wie ich sehe, habt ihr den Tag damit verbracht, unsere Kontenführung auf den neuesten Stand zu bringen. Wie sieht es aus?»
«Nach all unseren Ausgaben haben wir nur noch etwas mehr als sechzig Pfund übrig. Ich kann die Geldausgänge einzeln nennen, wenn Ihr möchtet.»
«Nicht nötig», sagte Vallon. Sechzig Pfund war weniger, als er erwartet hatte. «Was schätzt ihr, wie viel unsere Ladung in Island einbringt?»
«Wir werden bestimmt Gewinn machen – in Sachleistungen.»
«Und darin besteht das Problem», sagte Hero. «Die Isländer zahlen nicht mit Geld. Wir werden kein Silber einnehmen, bevor wir in Norwegen oder Rus sind. Bis dahin könnte aber möglicherweise unsere Kasse leer sein. Wir werden ein Schiff mieten müssen, um nach Island zu kommen, und dann noch eins, um weiter nach Süden zu fahren. Raul denkt, wir können von Glück reden, wenn wir einen Schiffsmeister finden, der uns pro Überfahrt weniger als dreißig Pfund berechnet. Aber damit fließt unser gesamtes Geld allein in den Transport.»
Syth kochte auf dem Achterdeck, und appetitanregende Düfte zogen zu Vallon herüber. «Ich weiß, dass ihr nicht mit diesem Problem zu mir gekommen wärt, wenn ihr euch keine Lösung überlegt hättet.»
Hero warf Richard einen Seitenblick zu. «Wir sind sicher, dass Ihr schon darüber nachgedacht habt, als Ihr David angeheuert habt.»
Vallon mimte Unverständnis. «Ich habe David nur als Lotsen für das erste Stück bis Orkney
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