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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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herablassend. «Du sprichst mit einem Mann, der die Alpen überquert hat.»
    «Einen Monat vor eurer Ankunft sind drei Späher nordwärts geritten und nicht zurückgekehrt. Wahrscheinlich wurden sie von den Schotten aufgefressen.»
    Hero beugte sich wieder über sein Pergament, doch nun hatte er den Faden verloren.
    «Ich sorge für eine Eskorte, wenn du mich in den Geheimnissen der Schreibkunst unterrichtest.»
    «Dazu sind jahrelange Studien notwendig.»
    «Ich wäre ein eifriger Schüler. Ich möchte wenigstens eine Fähigkeit entwickeln.»
    Hero legte die Schreibfeder nieder. «Zeig mir dein Gesicht. Komm, schäm dich nicht.»
    Richard senkte die Hand, sodass sein pflaumenfarbenes Geburtsmal sichtbar wurde, das sich über eine Wange vom Mund bis zum Ohr zog. Er wirkte scheu und angespannt, aber sein Blick, fand Hero, drückte Intelligenz aus.
    «Ich habe schon schlimmere Entstellungen gesehen.»
    «Haben wir uns geeinigt?»
    Hero seufzte schicksalsergeben. «Wir fangen mit dem Alphabet an, den Buchstaben, die wie Ziegel die Bausteine der Sprache bilden. Der erste ist Alpha, er ist von der hebräischen Hieroglyphe für einen Ochsenschädel abgeleitet, und er bedeutet ‹Führer›.»
    Ein Schatten fiel über sie. Jemand stand in der Tür. Richard sprang auf und stieß dabei das Tintenfass um.
    «Sieh nur, was du angerichtet hast. Dein Körper ist genauso schwerfällig wie dein Verstand», schimpfte Hero.
    «Geh», befahl Olbec und versetzte dem vorbeihastenden Richard eine Kopfnuss. «Gott, wie kann es sein, dass ich einen solchen Tropf gezeugt habe? Er kann weder mit dem Schwert noch mit der Lanze umgehen. Kann sich nicht einmal auf einem Pferd halten. Am besten hätte man ihn gleich nach der Geburt ersäuft.» Olbecs Blick richtete sich auf Hero, der angestrengt versuchte, mit einem Tuch die Tinte von der Pergamentseite aufzusaugen. «Da ist nichts mehr zu machen», knurrte Olbec.
    «Er hat mein einziges Blatt unbrauchbar gemacht.»
    «Da kann ich vermutlich Abhilfe schaffen», sagte Olbec. Er setzte sich rittlings auf die Bank und beäugte Hero wie ein Bauer, der eine Kuh taxiert. «Ein Arzt also, was?»
    «Ich bin noch nicht zugelassen. Zuerst muss ich meine praktischen Studien zu Ende bringen, und danach will ich noch ein Jahr lang Anatomiekurse besuchen.»
    «Wie alt bist du?»
    «Im Sommer werde ich neunzehn.»
    «Lieber Gott, was würde ich darum geben, noch einmal neunzehn zu sein. Alles hat man noch vor sich – Schlachten zu schlagen, Land zu erobern, Frauen in sein Bett zu holen.»
    «Ich glaube nicht, dass mich meine Berufung auf solch heldenhafte Pfade führt. Wenn Ihr möchtet, erzählt mir doch, was Euch fehlt. Wie ich höre, bereiten Euch die Verwundungen Schwierigkeiten.»
    Olbec warf einen Blick zur Tür.
    «Nichts, was ich aus Eurem Mund vernehme, wird diese vier Wände verlassen», sagte Hero. «Mein Eid auf Hippokrates verpflichtet mich zur Verschwiegenheit.»
    Olbec tippte Hero auf die Brust. «Vergiss diesen Hippo-wie-auch-immer-er-heißt. Du hältst die Klappe, weil ich dir das Herz aus dem Leib schneide, wenn du ein einziges Wort weitererzählst.» Er ging zum Eingang hinüber, sah draußen nach rechts und links und zog dann die Tür zu. «Welche Meinung hast du dir von meiner Frau gebildet?»
    «Eine tugendhafte und fromme Dame von makelloser Sittlichkeit», sagte Hero eilig.
    Olbec verdaute diese Charakterisierung zunächst einmal. Dann sagte er: «Das alles trifft selbstverständlich zu, aber von Mann zu Mann kann ich dir sagen, dass Mylady vom Vermitteln und Empfangen irdischer Freuden ebenfalls einiges versteht.»
    «Frömmigkeit und Leidenschaft, die sich die Waage halten. Ihr könnt Euch glücklich schätzen, Mylord.»
    «Aber nicht so sehr, wie ich möchte. Margaret hat seit dem Abend, an dem ich ihre Bitte abgeschlagen habe, eine Expedition nach Norwegen zu schicken, kein Wort mehr mit mir gesprochen. Frauen setzen das Schweigen ein wie der Soldat eine Lanze.»
    «Ihr habt mein Mitgefühl. Meine Schwestern haben …»
    «Sie ist natürlich jünger als ich. Das spielte keine Rolle, bis ich bei Senlac verwundet wurde. Wir standen Klinge an Klinge mit Harolds Schildwall. Einer von seinen Hauskerlen – groß wie ein Bär – hat mit seiner Axt gegen mich ausgeholt. Einen Fingerbreit näher, und er hätte mich vom Scheitel bis zu den Rippen zerspalten.» Olbec fuhr sich über den Schritt. «Ein Wunder, dass er mich nicht entmannt hat.»
    Erspar mir den Anblick dieser Wunde, dachte

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