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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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waren Blumenmuster geschnitzt. Er hob den Deckel an, legte eine Hand darunter und drückte auf eine der geschnitzten Blumen. Darauf schwang der doppelte Boden herunter, und die Ledermappe glitt heraus, die ihm Meister Cosmas in seiner Todesstunde in die Hand gedrückt hatte. Er öffnete die Mappe. Darin befanden sich sechs Manuskriptseiten. Es war ein Brief – der Teil eines Briefes –, geschrieben in schlechtem Griechisch auf fleckigen und zerknickten Seiten, die, wie Cosmas ihm erklärt hatte, aus zerriebenem Hanf hergestellt worden waren.
    Heros Herzschlag beschleunigte sich.
    Unsere Majestät Johannes, durch die Gnade Gottes und die Allmacht unseres Herren Jesus, grüßt seinen brüderlichen Herrscher, den Kaiser der Römer, und er wünscht ihm Gesundheit, Wohlstand und allezeit den Genuss göttlichen Wohlwollens.
    Unserer Exzellenz wurde darüber berichtet, dass Euch die Kunde von Unserer Größe erreicht hat. Wenn Ihr das Ausmaß Unserer Macht erkennen wollt, dann glaubt, dass Unsere Majestät an Einfluss und Reichtümern alle Könige auf dieser Welt übertrifft. Nur wenn Ihr die Sterne am Himmel zählen könnt oder die Sandkörner in der Wüste, werdet Ihr imstande sein, die gewaltige Ausdehnung Unseres Reiches zu ermessen. Unsere Hoheit gebietet über die Drei Indien, und unsere Länder reichen von Groß-Indien, wo die irdische Hülle unseres geliebten Heiligen Apostels Thomas ruht – der die Heilsbotschaft von Jesus zu uns getragen hat – bis nach Fern-Indien über dem Meer.
    Hero wandte die Seiten um und übersprang dabei Dutzende von Abschnitten, in denen mit unglaublicher Akribie all die Wunder und die staunenswerten Erscheinungen in den Ländereien dieses Herrschers beschrieben wurden.
    Als gottesfürchtiger Christ
, fuhr der Schreiber fort,
betrübt es Uns zu erfahren, dass ein großes Schisma die Kirche in Rom und die Kirche in Konstantinopel spaltet. Gewiss ist es ein Werk Satans, dass Streit und Zwietracht zu einer Zeit in der Christenheit ausgebrochen sind, in der sie so bedroht ist wie noch nie zuvor. Edler Bruder, Wir beschwören Euch, mit dem Vater in Rom Frieden zu schließen und Eure Streitigkeiten beizulegen, sodass Ihr vereint gegen Unseren gemeinsamen Feind, die Araber und Türken, kämpfen könnt. Seid versichert, Ihr werdet Ihnen nicht allein entgegentreten. Wisset, dass Wir geschworen haben, das Heilige Grab unseres Herren Jesus mit einer großen Armee aufzusuchen, da es der Herrlichkeit Unserer Majestät ansteht, die Feinde Christi zu unterwerfen und zu vernichten und Seinen gesegneten Namen zu verherrlichen.
    Als Zeichen Unserer Freundschaft in Christi senden Wir Euch weder Gold noch Juwelen – obgleich es unter dem Himmel keine Schätze gibt, die sich mit Unseren vergleichen lassen. Stattdessen senden Wir Euch Reichtümer für die Seele: den wahren Bericht vom Leben Jesu und seiner Lehren, geschrieben von ihm, der ihn am besten kannte, von ihm, der allein an der verborgenen Weisheit teilhat, die ihm unser Herr und Retter überbrachte, als …
    Ein Schatten glitt durch die Tür. Als Hero aufsah, stand Richard im Raum. Hero hatte keine Zeit mehr, den Brief zu verstecken. Er bedeckte ihn mit einer unbeschriebenen Pergamentseite und begann hastig das Erstbeste aufzuschreiben, was ihm in den Sinn kam.
    Von einem weiteren Wunder hat mir Meister Cosmas berichtet. In dem Jahr meiner Geburt erschien ein großes Feuer am südlichen Himmel, das so hell war, dass man ohne Schwierigkeiten um Mitternacht im Freien lesen konnte. Zehn Jahre lang brannte dieses Licht, es wurde nur langsam schwächer, und als es verschwunden war, sah man an dem Teil des Himmels, an dem es gelodert hatte, viele Sterne, die zuvor nicht geschienen hatten.
    Richard war zu ihm an den Tisch getreten und beugte sich so dicht über ihn, dass es Hero lästig fiel. «Was schreibst du da?», fragte der Normanne hinter seiner Hand hervor, mit der er sein Gesicht verdeckte.
    «Einen Bericht über unsere Reise. Wenn du erlaubst, ich brauche Ruhe, um meine Erinnerungen niederzuschreiben.»
    «Wenn du mit deiner Erzählung in dieser Gegend angekommen bist, solltest du eine Beschreibung des Walls aufnehmen, den Hadrian gebaut hat. Nicht weit von hier stehen Heiligenschreine und Festungsanlagen, die nicht verändert wurden, seit die römischen Legionen sie besetzt haben.»
    «Das könnte einen Besuch wert sein», räumte Hero ein. «Vielleicht gehe ich morgen hin.»
    «Aber nicht allein. Das ist zu gefährlich.»
    Hero lächelte

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