Der Thron der Welt
ein?»
«Oben. Wie machen es die Araber?»
«Sie haben viele Stellungen», sagte Hero und verließ sich auf Informationen, die er seinen Schwestern abgelauscht hatte. «Eine davon wird besonders für Paare empfohlen, die Kinder haben möchten … Nein, es ist respektlos, über Fleischeslust zu sprechen, wenn Eure Dame nur ein paar Schritte entfernt sitzt.»
Olbec packte Hero am Ärmel. «Nein, sprich weiter.»
«Von hinten, die Dame auf den Knien, den Kopf zwischen ihren Armen.»
«Wie ein Bock, was? Da kocht mir schon beim bloßen Gedanken das Blut hoch.»
Als das Wildbret nach zeremoniellen Regeln zerlegt und verspeist worden war, erhob sich Olbec und erklärte, der Jagdausflug habe seine Frau ermüdet. Er wolle sich nun mit ihr zurückziehen, die anderen aber sollten den Abend genießen. In zwei Tagen, so fuhr er fort, würde die Fastenzeit beginnen, also sollte jeder noch einmal essen, trinken und fröhlich sein. Alle standen auf und stießen mit ihren Bechern an. Olbec winkte Hero zu sich und ließ ein dickes Ries Manuskriptseiten auf den Tisch fallen. «Hier, das dürfte genügen. Ich habe sie vom Priester.»
«Habt Ihr die Arznei angewendet?»
«Die ganze Flasche. Ich spüre schon die Wirkung.»
«Ich habe sie besonders stark gemacht. Ich hoffe, sie hat nicht zu sehr gebrannt.»
Olbec rülpste. «Doch, beim Schlucken schon.»
«Beim Schlucken?»
Der alte Ziegenbock zwinkerte Hero zu. «Ich wollte kein Risiko eingehen. Also hab ich’s lieber getrunken.»
Hero blätterte durch das Manuskript. Es waren wundervolle Seiten, jede mit Gold und Miniaturzeichnungen illuminiert. Er verzog das Gesicht. «Ich kann doch die Heilige Schrift nicht abkratzen.»
Olbec schlug auf den Manuskriptstapel. «Daran ist nichts heilig. Das sind nur wertlose englische Chroniken und ein paar Reime und Rätsel. Ich habe mir von einem Schreiber in Durham welche übersetzen lassen. Eins, an das ich mich noch erinnere, geht so:
Ich bin ein seltsames Wesen, denn ich befriedige die Frauen, erweise den Nachbarn einen Dienst! Keiner leidet unter meinen Händen, außer meinem Schlachter.
Ich werde sehr groß, richte mich im Bett auf, und untenherum bin ich behaart. Von Zeit zu Zeit
wagt es ein schönes Mädchen, eine brave Bauerntochter, Hand an mich zu legen.
Sie packt meine rötliche Haut, macht mich ganz kopflos und bringt mich in die Speisekammer. Unvermittelt denkt dieses Mädchen mit den Zöpfen, das mich eingesperrt hat, an unser Zusammentreffen. Und seine Augen werden feucht.
Olbec zwinkerte. «Nun, wie lautet die Antwort?»
Hero errötete.
Olbec zwickte ihn in die Wange. «Du hast schmutzige Gedanken, junger Mönch.» Mit beschwingtem Schritt ging er zur Tür, wo seine Frau mit einem starren Lächeln auf ihn wartete. «Es ist eine Zwiebel», rief er über die Schulter zurück. Hero versuchte, Richard unter den Zechern auszumachen. Er schämte sich über seinen Ausbruch wegen der verschütteten Tinte. Außerdem behielt er die Tür im Blick, denn er rechnete halb damit, dass der Graf wild vor Zorn hereinstürmen würde, weil das Mittel nicht gegen seine Impotenz geholfen hatte. Die Schlemmerei war beendet, und nun spielten die Soldaten ein Trinkspiel, bei dem sie sich die Gesichter mit Ruß anmalen und auf Bänke steigen mussten, die auf Tische gehoben worden waren, wo sie dann obszöne Liedchen sangen, die Drogo mit seinem Schwert dirigierte. In einem anderen Bereich des Palas maß sich Raul mit zwei Normannen zugleich im Armdrücken, während ihm ein dritter Soldat Honigwein in den Mund goss, den er mit zurückgelegtem Kopf gierig schluckte. Dann brach ein Tisch zusammen, und ein paar Männer fingen eine Prügelei an. Hero wusste nicht mehr, wie viele Becher Ale er schon getrunken hatte. Als er sich erneut nachschenken lassen wollte, legte sich eine Hand über den Becher.
Mit verschwommenem Blick lächelte er Vallon an.
«Zeit, dass du nüchtern wirst. Wir gehen heute Nacht. Reiß die Augen nicht so auf, sonst fallen sie dir noch aus dem Kopf. Geh in unsere Kammer und pack alles zusammen. Wenn du damit fertig bist, wartest du bei dem Falkner auf mich.»
«Aber das geht nicht. Ich sehe mir morgen mit Richard den römischen Wall an.»
Vallon beugte sich vor. «Ich sage es ganz deutlich. Tu, was ich sage, oder bleib hier und richte dich auf ein kaltes Grab ein.»
Sobald Hero hinaus in die kühle, feuchte Luft kam, wurde ihm schwindlig. Er stützte sich mit den Händen auf den Knien ab und übergab sich.
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