Der Thron der Welt
eine Ersatzdrahle?», fragte Hero, als sie zurückritten. «Wenn ja, kann ich noch etwas einbauen, damit er nicht mit dem Köder wegfliegt.»
«Glaubst du, wir sollten noch einen Versuch machen? Ich will ihn nicht überanstrengen.»
«Wir haben nur noch sieben Tage.»
«Du hast recht.»
Hero bereitete eine Leine vor, mit der er verhindern wollte, dass der Falke den Köder wegtrug. Das eine Ende dieser Rückhalteleine band er an den Köder, das andere an eine Drahle. Dann fädelte er die Drachenleine durch einen der Drahlenringe, sodass der Falke gezwungen war, der Drachenleine folgend zum Boden zurückzufliegen, wenn er den Köder gepackt hatte.
Die Sonne hing über dem Horizont, als die Jungen den Drachen erneut steigen ließen. Jetzt, wo sie verstanden hatten, worum es ging, beteiligten sie sich mit Feuereifer und drängten ihren Großvater, den Drachen höher und höher steigen zu lassen. Das zahnlose Grinsen des Alten zeigte, dass er genauso begeistert bei der Sache war wie die Kinder.
Hero lächelte Wayland an. «Der alte Mann sagt, er hätte diesen Drachen gebaut, damit er bis in den Himmel steigt.»
«Das ist zu hoch. Sag ihm, er soll ihn ein Stück niedriger fliegen lassen.»
Wayland ritt in Windrichtung und nahm dem Falken die Haube ab. Dieses Mal flog er nicht sofort aufs Ziel. In fünfzig Fuß Höhe begann er zu kreisen und sich vom Aufwind weiter hinauftragen zu lassen. Der Falke war so hoch über dem Drachen wie der Drachen über der Erde, als er schließlich die Flügel anlegte und in flachem Winkel niederstieß. Er packte den Köder und wollte damit wegfliegen, doch die Rückhalteleine machte es ihm unmöglich. Und von diesem Augenblick an ging alles daneben. Die Drachenleine war in zu flachem Winkel gespannt, als dass die Rückhalteleine an dem Drahlenring hätte herunterlaufen können. Der Falke hing kopfüber an dem Köder wie eine wütende Fledermaus und kämpfte gegen die aufwärts gerichteten Zugkräfte des Drachens. Es sah schrecklich aus.
«Die Leine durchschneiden!», rief Wayland.
Hero hob den Arm. «Warte.»
Der Falke hörte auf mit den Flügeln zu schlagen und versuchte, mit der Windrichtung wegzufliegen. Die Rückhalteleine aber hinderte ihn daran. Er war gezwungen, in engen Kreisen um die Drachenleine herumzufliegen. Von dem Gewicht des Falken befreit, begann die Leine an dem Drahlenring herunterzugleiten. Nach der Hälfte der Strecke hatte der Falke gelernt, dass es einfacher war, auf den Boden zu kommen, wenn er um die Drachenleine herumkreiste.
Wayland erwartete, dass der Vogel erschöpft und aggressiv wäre. Stattdessen wirkte er eher stolz darauf, diese seltsame Beute niedergerungen zu haben.
Wayland kehrte mit einem Gefühl der Erfüllung zu dem Nomadenzelt zurück. Der Drachenbauer erklärte sich bereit, bis zum Wettkampf jeden Tag mit ihnen auf die Ebene hinauszugehen. Bevor sie sich verabschiedeten, flüsterte Syth Hero etwas zu, und er versuchte, dem alten Mann eine weitere Münze aufzudrängen. Doch der Drachenbauer verschränkte die Arme vor der Brust und drehte sich weg.
«Der übrige Stoff reicht als Bezahlung», sagte Wayland.
«Es soll nicht für den Drachen sein», sagte Syth. «Ich habe gefragt, ob ich einen der Welpen kaufen kann.»
Der alte Mann weigerte sich, eine Bezahlung anzunehmen, und erklärte, Syth könne sich einen Welpen aussuchen. Sie nahm den, der ins Zelt gestreunt war, und als sie wegritten, saß er aufrecht vor Syth auf dem Pferd, stellte bei Nachtgeräuschen abwechselnd die Ohren auf und verdrehte sich, um Syth das Gesicht abzulecken.
«Ich habe mir einen Namen für ihn ausgedacht», sagte Syth.
Berichte über die merkwürdigen Trainingsmethoden der Ungläubigen verbreiteten sich rasend schnell unter den Seldschuken, und am nächsten Tag ritten ungefähr zwanzig von ihnen mit hinaus, um zuzusehen. An diesem Tag flog der Falke bis auf etwa dreihundert Fuß Höhe und kam ohne Schwierigkeiten wieder herunter. Beim nächsten Durchlauf rollte der alte Mann die volle Länge der Drachenleine ab, und der Falke stieg unter den Blicken der Zuschauer bis auf fünfhundert Fuß.
Zurück im Zeltlager des Emirs, warteten weitere ermutigende Neuigkeiten auf sie. Suleimans Rivale hatte einen Aufschub von vier Tagen erbeten, weil er eine Streitigkeit in seinem Clan schlichten musste. Suleiman hatte nun das Recht, den Wettkampf ganz abzusagen, und er war bereit dazu, sollte sich in den Übungsstunden mit dem Falken gezeigt haben, dass er der
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