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Der Thron des Haryion

Der Thron des Haryion

Titel: Der Thron des Haryion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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erstrebenswert.
    In der Schattenzone lagen Höhen und Tiefen menschlichen Daseins so dicht beieinander wie nirgendwo sonst. Borker nannte die seltsamsten Wesen seine Freunde. Bewegt und gefahrvoll war seine Vergangenheit gewesen.
    Siedendheiß durchfuhr es Mythor plötzlich. Die Gedanken des Pfaders hatten einen Namen genannt, der ihm jäh das Blut in Wallung versetzte. Dennoch war er beherrscht genug, sich durch nichts zu verraten.
    Wie ein Schleier zerriß etwas vor seinen Augen. Mythor fand wieder zu sich selbst zurück.
    Gleichzeitig erkannte er, daß er auf der Hut sein mußte. Sobald Borker und die anderen bemerkten, daß der neue Haryion ihrem Einfluß zu entgleiten drohte, würden sie mit aller Wucht zuschlagen. Und Mythor fühlte sich einer solchen Auseinandersetzung noch nicht gewachsen.
    Er hätte ohnehin nie geglaubt, daß ein einziger Name einmal solch einen Einfluß auf ihn ausüben könnte. Selbst Fronjas Gegenwart hatte ihm nicht diese Hoffnungen vermittelt.
    Sein Ziel mußte es sein, mehr zu erfahren, ohne daß Borker mißtrauisch wurde.
    Burra stand nur am Rand des Geschehens. Aber was sie zu sehen bekam, war mehr, als sie jemals geglaubt hätte.
    Das Schwarz reichte bis weit ins Innere des Stockes. Etwas Unseliges ging von dieser Erscheinung aus, die sich selbst hier wand und drehte und keine Ruhe zu finden schien. Ein stetes, düsteres Wallen erinnerte an den Schlund.
    Instinktiv ahnte Burra die Gefahr, die von diesem mehrere Körperlängen durchmessenden Schlauch drohte. Regungslos verfolgte sie Asmilais Tun.
    Die Stockherrin und Hohenpriesterin der Nesfar steigerte sich immer mehr in einen Zustand der Verzücktheit, in dem ihr Körper nicht mehr ihr selbst zu gehorchen schien sondern irgendwelchen Göttern, die sie mit ihren Gesten herbeirief. Asmilai flüsterte und schrie, sie bog ihren Leib weit nach hinten und strich sich mit den Flügeln über den nackten Oberkörper. Immer eckiger wurden ihre Bewegungen, begleitet von den anfeuernden Rufen anderer Haryien. Selbst Burra vermochte sich dem nicht gänzlich zu entziehen. Stoßweise ging ihr Atem, während die Schwärze, dichten Nebelschwaden gleich, an den Wänden emporstieg.
    Schon sah es aus, als schwämmen die Nesfar in einem See aus Düsternis.
    Auch Burra verschonte der Brodem nicht. Als sie an sich hinabblickte, schwappte der Dunst bereits an ihren Knien hoch.
    Asmilais kreischende Stimme wurde zunehmend dumpfer. Und wie aus weiter Ferne erklang ein verzerrter Widerhall.
    Burra erschauderte.
    Das Unheimliche war allgegenwärtig. Sie fühlte sich wie im Rausch, der dem übermäßigen Genuß schlechten Weines folgt.
    Endlich brachten zwei Haryien die gefangene Zaron herein. Asmilai verstummte fast schlagartig.
    Nur noch Schemen waren die Nesfar inmitten sich dichter zusammenballender Nebelschwaden. Von überallher zugleich schienen ihre Stimmen jetzt zu kommen.
    Die Zaron schrie, als die Ränder des Schwarz sich vorwölbten. Ein düsteres Glimmen umspielte die Konturen des zuckenden Schlauches.
    Kopfüber wurde sie hinabgestoßen in das Unheimliche, geopfert, um die Dunkelgottheit gnädig zu stimmen. Denn die Frucht der Nesfar war groß, daß eines Tages der Anker reißen könnte.
    Schaurig verhallten die Schreie. Burra sah den Körper sich überschlagend davontreiben.
    Ohne daß sie dagegen ankämpfen konnte, stieg Übelkeit in ihr auf. Sie war benommen, tastete sich taumelnd an der Wand entlang. Niemand achtete auf sie. Burra fühlte, als drückten eisige Fäuste ihr die Kehle zu.
    Nach Atem ringend verharrte sie dann, als sie nach scheinbar einer kleinen Ewigkeit den angrenzenden Gang erreichte. Wie ein böser Traum lastete das Erlebte auf ihr. Dabei war unklar, ob es sich bei dem Schwarz um eine sich manifestierende dämonische Macht oder nur um eine der vielfältigen Erscheinungen der Schattenzone handelte.
*
    Sie wurden nicht schlecht behandelt, bekamen Speisen und Trank, und im übrigen ließ man sie in Ruhe. Ein Zustand, der im Augenblick zwar angenehm, auf Dauer aber keineswegs zufriedenstellend sein mochte.
    Der Raum, in dem sie sich aufhielten, war verhältnismäßig sauber. Trotzdem stellte Gerrek mehrmals nachdrücklich fest, daß es auch hier abscheulich stank.
    Wie lange sie sich inzwischen schon im Nesfar-Stock befanden, wußte keiner genau. Nur der Wechsel zwischen Wach- und Schlaf-Perioden war ein ungefähres Zeitmaß. Demnach mußten fast drei Tage vergangen sein, seit Mythor und seine Begleiter die Phanus verlassen

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