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Der Thron des Haryion

Der Thron des Haryion

Titel: Der Thron des Haryion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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der Zaron scheint zu wissen, wer Yoter wirklich ist.«
    »Vielleicht ein Dämon, der unserer Spur folgt«, vermutete Fronja. »Oder zumindest ein Geschöpf der Schattenzone, das im Auftrag der Dämonen handelt.«
    Die Antwort blieb offen.
    »Was geschieht nun mit der Gefangenen?« warf Burra ein.
    »Sie wird dem Schwarz geopfert, um die Dunkelgottheit gnädig zu stimmen«, sagte Asmilai.
    »Ich möchte dem Ritual beiwohnen.« Burra wurde erst nach und nach klar, was sie, einer inneren Eingebung folgend, gesagt hatte. Zu ihrer Überraschung stimmte die Stockherrin jedoch zu.
    Wütendes Geschrei näherte sich. Das war reines Vanga – nicht jenes Gemisch aus Gorgan und anderen Sprachen, in dem die Haryien sich verständlich machten. Als sie genauer hinhörte, erkannte Burra auch die Stimme. Sie gehörte Lankohr.
    Augenblicke später näherte sich ein Trupp der Vogelweiber, und zwischen ihnen jene, die an Bord der Phanus geblieben waren. Wütende Schnabelhiebe trieben sie vorwärts.
    »Burra«, rief Lankohr aus, kaum daß er der Kriegerin ansichtig geworden war. »Ihr lebt, seid wohlauf?«
    »Was ist geschehen? Weshalb habt ihr die Phanus verlassen?«
    Fronja schien bis eben noch auf Hilfe aus dieser Richtung gehofft zu haben. Nun sah sie ihre Erwartungen dahinschmelzen wie Schnee in der Frühlingssonne. Nicht einmal die Waffen hatte man der kleinen Gruppe gelassen.
    »Willkommen im Kreis der Verblendeten«, murmelte Gerrek. »Auf euch habe ich gewartet.«
    Niemand achtete auf seine Bemerkung.
    »Mythor!« rief Scida entsetzt aus und machte einige schnelle Schritte auf das Skelett zu. Asmilai stellte sich ihr in den Weg, die Schwingen ausbreitend.
    Scida wirbelte herum, die Hände zu Fäusten geballt.
    »Was hat das zu bedeuten? Weshalb hat man euch die Schwerter gelassen? Das riecht nach Verrat.«
    »Frage die Haryien, aber nicht uns«, seufzte Gerrek.
    »Keiner von uns hat Mythor ausgeliefert«, sagte Fronja. »Indes versuchen wir, das Beste aus der Situation zumachen.«
    Scida winkte ab. Selbst Fronjas Versuch einer Rechtfertigung interessierte sie nicht.
    »Was haben sie mit ihm angestellt?«
    Seit Gondaha war der Gorganer ihr wie ein leiblicher Sohn. Sie hatte ihn die Kunst der Schwertführung gelehrt; für ihn hätte sie sich sogar eine Hand abschlagen lassen.
    Was Fronja antwortete, verschlug ihr den Atem:
    »Mythor ist der neue Haryion der Nesfar!«
    »Haben sie uns deswegen angegriffen?« erkundigte Heeva sich zaghaft. »Wir wären noch an Bord der Phanus geblieben, aber so…«
    »Du lügst«, krächzte Asmilai.
    »Grundlos würden wir uns nicht gegen euch wenden.«
    »Geh zum Schiff«, erwiderte Heeva heftig. »Wir waren gezwungen, fünf von euch zu töten.«
    »Wahrscheinlich waren es Zaron«, wandte Burra ein, um eine ungewollte Zuspitzung der Lage zu verhindern. »Immerhin liegt der Hafen nahe am Felsanker.«
    »Ja«, nickte Asmilai. »Das ist denkbar. Aber wir werden uns davon überzeugen, daß deine Freunde die Wahrheit sprechen.«
    »Was erwartet uns?«
    Asmilai schlug mit den Schwingen.
    »Der Haryion hat gebeten, euch gut zu behandeln. Solange ihr keinen Anlaß zur Feindseligkeit gebt, soll dies geschehen. Mag sein, daß wir eurer Hilfe noch bedürfen. Ihr bekommt einen Raum, zu essen und zu trinken. Dort werdet ihr auch alle Waffen finden, die wir zu unserem Schutz an uns nehmen mußten.«
    Mit einen Wink von ihr hin nahmen zwei Haryien die gefangene Zaron zwischen sich und drängten sie auf den Ausgang zu.
    »Komm«, wandte Asmilai sich an Burra. »Du wolltest dem Opfer beiwohnen.«
    Mythor blieb allein zurück. Nach und nach entfernten sich auch die zweihundert Haryien, und die Trittstangen, auf denen sie gesessen hatten, ragten Knochenfingern gleich aus den Wänden.
    Der Sohn des Kometen empfand kaum eine Regung. Er blickte Fronja nach, bis sie seinen Blicken entschwand.
    Eine seltsame Stimmung ergriff Besitz von ihm. Erwartungsvoll wandte er sich wieder den Geistern der früheren Haryione zu.
    Du lernst schnell, wisperte Borker.
    »Ich will vergessen«, erwiderte Mythor. Eine tiefe Kluft schien ihn von der Wirklichkeit zu trennen. Etwas Schlimmeres als nicht mehr zu wissen, wohin man gehörte, konnte es kaum geben. Gegen nagende Zweifel, gegen Unsicherheit und Entsetzen konnte nur eines helfen…
    Ich werde dir von mir berichten, meinte Borker. Mein Leben als Pfader war nicht minder bewegt als das deine. Aber wenn du erst Abstand gewonnen hast, erscheint es dir gar nicht mehr so

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