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Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Titel: Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Sullivan
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Schwerter erhob, blieben die Gefängniswachen abrupt stehen. Hadrian wartete, die Klingen in Bereitschaft, aber die Wachen rührten sich nicht.
    »Lasst uns gehn«, hörte er Esrahaddons Stimme hinter sich sagen. Hadrian fuhr herum und sah, dass sich der Zauberer nicht mehr unten auf der Bühne befand. Vielmehr schob er sich jetzt lässig an Hadrian vorbei und schlängelte sich zwischen den reglosen Wachen hindurch. »Kommt nur, kommt«, rief Esrahaddon.
    Wortlos eilten die vier hinter dem Zauberer her. Er führte sie durch den Gang und über die wiedererschienene Brücke. Das ganze Gefängnis schien seltsam still, und jetzt erst merkte Hadrian, dass die Musik aufgehört hatte. Da war nur noch das Geräusch ihrer Schritte auf dem harten Steinboden.
    »Ihr habt nichts zu befürchten, nur säumet nit und folgt mir auf dem Fuße«, sagte Esrahaddon beruhigend.
    Sie taten, wie ihnen geheißen, und keiner sagte etwas. Da der Schreiber erstarrt in der mächtigen Tür stand und in den Gang spähte, mussten sie unmittelbar an seinem alarmierten Gesicht vorbei. Als Hadrian vorsichtig vorbeischlüpfte, sah er, wie das Auge des Mannes sich bewegte. Hadrian zuckte zusammen. »Können sie uns sehen oder hören?«
    »Nein. Ein geisterhafter Hauch ist alles, was ihr für sie seid, ein kalter Luftzug nur, nit mehr.«
    Der Zauberer führte sie ohne Zögern um Ecken, über Brücken und Treppen, alles mit unerschütterlicher Sicherheit und Gelassenheit.
    »Vielleicht sind wir ja tot?«, flüsterte Myron, der jeden der erstarrten Wächter an ihrem Weg nervös beäugte. »Vielleicht sindwir ja alle tot. Vielleicht sind wir ja Geister.«
    Hadrian dachte, dass Myron womöglich gar nicht so unrecht haben könnte. Alles war so sonderbar still und starr. Die fließenden Bewegungen des Zauberers und sein wallendes Gewand, das jetzt ein silbriges Licht abgab, weit heller als jede Laterne oder Fackel, verstärkten die unwirkliche Atmosphäre zusätzlich.
    »Ich verstehe nicht, wie das möglich ist.« Alric umging zwei schwarzgekleidete Wachen an der dritten Brücke. Er wedelte dem einen Mann mit der Hand vor dem Gesicht herum, was jedoch keinerlei Reaktion auslöste. »Ist das Euer Werk?«
    »Es ist der Ithinal .«
    »Was?«
    »Ein magisches Behältnis. Die Zeit zu ändern übersteigt des Menschen Macht, denn zu weit ist das Feld, zu groß das Unterfangen. Doch begrenzet man den Raum, verdichtet man die Wirkung, vermag man binnen dieser Schranken die wilde Welt zu zähmen. Auf diesen Wänden woben dazumal Meister der Kunst komplexe Zauber mit Wirkung auf Magie und Zeit. Ich brauchte binnen des Gewebs nur ein, zwei Fasern um eine Winzigkeit zu korrigieren, um uns in einen andren Phasenzustand zu versetzen.«
    »Gut, deshalb können uns die Wachen nicht sehen, aber es erklärt noch nicht, warum sie einfach nur dastehen«, sagte Hadrian. »Wir sind verschwunden, und Ihr seid ausgebrochen. Warum suchen sie uns nicht? Müssten sie nicht alle Türen verschließen, um uns einzusperren?«
    »Binnen dieser Wände ist eingefrorn der Fluss der Zeit für alle außer uns.«
    »Ihr habt es umgekehrt!«, rief Myron aus.
    Im Gehen blickte sich Esrahaddon interessiert zu dem Mönch um. »Zum dritten Mal beeindruckt Ihr mich jetzt.Was sagtet Ihr, wie Euer Name ist?«
    »Er hat gar nichts gesagt«, antwortete Royce an seiner Stelle.
    »Ihr traut so leicht niemandem, mein schwarzvermummter Freund? Klug von Euch. Man sollte Vorsicht walten lassen im Umgang mit den Weisen und Bewanderten der Kunst.« Esrahaddon zwinkerte dem Dieb zu.
    »Was meint er mit ›umgekehrt‹?«, fragte Alric. »Dass jetzt für sie die Zeit stillsteht, wir aber frei sind?«
    »Ganz recht. Obschon die Zeit auch weiterhin vergeht, nur stark verlangsamt. Ohn es zu merken, sind sie eingesiegelt in dem, was ihnen nit mehr sein wird als ein verlorner Moment.«
    »Allmählich verstehe ich, warum sie Euch gefürchtet haben«, sagte Alric.
    »Neunhundert Jahre saß ich eingekerkert, nur weil ich rettete den Sohn des Mannes, dem treu zu dienen wir allesamt bei unserem Leben schworen. Über die Maßen milde ist die Vergeltung, die ich übe, denn es gibt üblere Momente, um für die Ewigkeit darinnen festzusitzen.«
    Sie waren jetzt an der großen Treppe zum Hauptzugang angelangt und begannen, die vielen steilen Steinstufen zu erklimmen. »Wie habt Ihr es geschafft, bei geistiger Gesundheit zu bleiben?«, fragte Hadrian. »Oder ist die Zeit für Euch auch im Nu vergangen, so wie jetzt für

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