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Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)

Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)

Titel: Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Riemann
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Auseinandersetzung mit dem Riesen am Anfang des Märchens. Helmut Remmler sieht den Riesen, für den der Königssohn den Apfel holt, als den Vater. Die ersten Riesen in unserem Leben sind Vater und Mutter. (Wenn das kleine Wesen in der Wiege liegt und aufschaut zu Mutter und Vater, erscheinen sie ihm riesenhaft.) Im Auftrag des Riesen den Apfel holen, das könnte für die Zeit in unserem Leben stehen, in der wir dem Vater etwas beweisen wollen. Der Königssohn holt den Apfel ja nicht für sich selbst, sondern nur, weil der Riese meint, er schaffe das nicht. Einem ungebrochenen Löwen braucht man nur zu sagen: »Das schaffst du nicht«, damit er losläuft, um zu beweisen, dass er es doch kann. An die Grenzen seiner Kraft zu gehen ist prinzipiell löblich; auf der anderen Seite ist man in dieser Haltung noch ferngesteuert: eben ein Sohn oder eine Tochter, die einem Vater, einer Mutter etwas beweisen wollen. Und dahin zu kommen, niemandem mehr etwas beweisen zu müssen und zu wollen, das heißt erwachsen werden, Abschied nehmen von der Sohn-oder Tochter-Haltung.
    Eine letzte Anmerkung noch zum Motiv der Blendung. Wenn die äußeren Augen sich schließen, macht sich eine andere Wirklichkeit bemerkbar, nämlich die der inneren Welt, die der Haltung des Beobachters und des Bewusstseins entgegengesetzt ist. »Wär nicht das Auge sonnenhaft, nie könnt die Sonne es erblicken«, sagt Goethe. Die Entsprechung ist hier die von Auge und Sonne. Mond hingegen hat mehr mit dem Ohr zu tun; Hören ist ja eine rezeptive Haltung, gehört also zum archetypisch Weiblichen. Der Mond reflektiert das Licht, das die Sonne ihm schickt; das urmännlich Ausstrahlende und das urweiblich Empfangende werden von Sonne und Mond repräsentiert, und diese beiden Aspekte hat jeder in sich, egal ob Mann oder Frau.
    Ich komme noch einmal auf die Symbolik von König und Königin im Märchen zu sprechen, denn eigentlich sind das typische Löwe-Begriffe. Alles, was mit König, Königin, Herrscher, Herrscherin in ihren hellen und dunklen Erscheinungsformen zu tun hat, gehört zu Löwe. König und Königin zu sein muss nicht bedeuten, dass man in einem Schloss wohnt, dass man äußerlich reich ist, einen luxuriösen Lebensrahmen hat; es kann auch eine innere Haltung symbolisieren, und dann kann man ein König, eine Königin sein, wo und wie auch immer man lebt. In einem Lied von Wolfgang Ambros über Schaffner heißt es: »Man kann einfach ein Schaffner oder ein Herr Schaffner sein.« Und wenn man alles, was man tut, mit einer inneren Würde, einer von Selbstachtung geprägten Haltung tut, dann ist man ein König oder eine Königin, egal ob man in einem Schloss wohnt oder in einer Hütte.

Venus in Löwe
    Hier ist das Bild der Geliebten die strahlende, tanzende Südländerin, die Sonnenfrau, die Sonnenkönigin, die auch als Hauptdarstellerin für die große Bühne geeignet ist. Unter diesen Menschen findet man oft Stars. Ein Mann mit so einer Venus hat eine Affinität zu Frauen, die in der großen Welt zu Hause sind, sich auf diesem Parkett bewegen und repräsentieren können. Eine solche Frau will gesehen werden wie die Sonne, die sich unverhohlen zeigt und sich nicht wie der Mond in der Nacht versteckt. Doch ist die Freude an der Selbstdarstellung überall da zu Hause, wo Löwe-Energie wirkt.
    Es gibt zwei gegensätzliche Löwe-Beziehungsmotive bei dieser Venusstellung: Die helle Seite der Löwe-Beziehung bedeutet, gemeinsam das Licht zu genießen, Freude, Achtung und Liebe zu erleben. Im Idealfall sind das zwei Sonnenmenschen, von denen jeder in seiner Welt souverän ist, die sich lieben können, ohne sich zu verlieren, zwei starke Persönlichkeiten. Die dunkle Seite ist die hierarchische Beziehung, bei der es einen »Ober-Löwen« und einen »Unter-Löwen« gibt, bei der der Partner nicht aufgrund seines Wesens interessant ist, sondern nur als Trabant um die eigene Sonne, als Spiegel für die eigene Großartigkeit.
    Dazu gibt es eine schöne kleine Geschichte: Ein Pfau wurde einmal gefragt, warum er denn die unscheinbare Henne geheiratet habe. Da antwortete der Pfau: »Ich und meine Frau lieben mich bis zum Wahnsinn.« (Der Pfau kann natürlich auch eine Frau sein!)
    Es ist ein doppelschneidiges Schwert in Löwe-betonten Liebesbeziehungen, dass Liebe hier grundsätzlich nach dem Alles-oder-nichts-Konzept funktioniert. Hier ist der Mensch bereit, eine Beziehung total, mit ganzem Herzen zu leben, aber er fordert das auch vom anderen. Damit kann man den

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