Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)
zu mühsam, keine Nacht zu finster, kein Berg zu hoch. Das Gefühl von Sinnlosigkeit dagegen kann alle Energien rauben, lähmen, depressiv machen. Ein Schützebetonter Mensch kann nicht nüchtern-distanziert etwas tun, was dem eigenen Wertesystem nicht entspricht, das fällt dem merkurialen Trickster leichter. In diesem Zusammenhang ist interessant, was Viktor Frankl sagt, in dessen Lehre und therapeutischer Arbeit das Jupiter-Prinzip eine wichtige Rolle spielt: Die Menschen werden nicht nur krank durch ungelebte Sexualität, sondern auch durch Mangel an echter Sinngebung. Es gibt natürlich verschiedene Definitionen von Sinnhaftigkeit; je nachdem, wo Jupiter im Horoskop steht, hat sie mit dem persönlichen Gottesbild zu tun, den persönlichen Idealen, Normen und Wertvorstellungen, dem inneren Guru und Richter.
Gerecht und ungerecht sind ebenfalls Schütze-Werte. Jupiter/Zeus war der Gott, der auf dem Olymp über die Gerechtigkeit wachte, der oberste Richter.
Zeus in der griechischen Mythologie
Zeus, der griechische Jupiter, war der Sohn von Kronos und Rhea, und Kronos war der Sohn des Uranus und der Gaia. Kronos, der griechische Saturn, hatte auf Geheiß seiner Erdmutter Gaia den Vater Uranus kastriert. Aus den Blutstropfen, die dabei ins Meer fielen, entstand Aphrodite, die Schaumgeborene. Aus Angst, dass ihm eines seiner Kinder etwas Ähnliches antun könnte, ließ Kronos sich von seiner Gattin Rhea alle neugeborenen Kinder geben und verschlang sie, so lange, bis Zeus geboren wurde. Diesen wollte die Mutter nicht auch dem Vater zum Fraße überlassen. Anstelle des Sohnes gab sie Kronos einen in Windeln gewickelten Stein, den dieser verschlang. Zeus wurde heimlich von einer Ziege ernährt und aufgezogen. Als er herangewachsen war, forderte Zeus seinen Vater zum Kampf heraus, besiegte ihn und zwang ihn mit einem Brechmittel zur Herausgabe der verschlungenen Kinder. Diese waren nicht tot, sondern nur in Kronos’ Leib gefangen und kamen dank Zeus’ Aktion wieder ans Tageslicht: Hades, Poseidon, Demeter, Hera und Hestia.
Es ist sehr interessant, dass die Jupiter-Schütze-Energie alte, lebensfeindliche Strukturen überwindet. Das Gesetz des schrecklichen Vaters, der keine Entwicklung zulässt, wird durch Jupiter überwunden. Hier geschieht kein Vatermord, sondern das Überwinden des alten Vaters, der jedoch geschont wird. Das Motiv der Schonung und Gnade ist eine sehr schöne Möglichkeit, mit dem negativen Vatergeist, der Vergangenheit überhaupt, umzugehen. Eine Variante des Mythos berichtet, dass Kronos in Latium ein Stück Land bekam und dort sozusagen aufs Altenteil gesetzt wurde, eine andere Variante erzählt, dass er seitdem auf der Insel der Seligen lebt. Diese versöhnliche Haltung steht in deutlichem Widerspruch zum gnadenlosen Gesetz des alttestamentarischen Gottes: »Auge um Auge, Zahn um Zahn«. Nach dieser Rechtsprechung wird dem Dieb die Hand abgehackt, dem Lügner die Zunge herausgerissen. Das erbarmungslose Motto »Du erntest, was du säst« gehört in die Welt des Kronos, es steht für die saturnische Gesetzmäßigkeit.
Jupiter/Schütze hingegen repräsentiert die Fähigkeit des Überwindens, des Überwachsens, den Verzicht auf Rache und Vergeltung. Das beste Mittel gegen das Böse ist energischer Fortschritt zum Guten, sagt das I Ging.
Noch eine Anmerkung zu Zeus: Man nehme ein beliebiges Kreuzworträtsel. Mit großer Wahrscheinlichkeit enthält es irgendwo die Frage: Geliebte des Zeus mit drei, vier, fünf oder sechs Buchstaben. Auch er kam mit der Oben-unten-Thematik nicht ganz zurecht. Zeus war ein Experte für Doppelleben, für Seitensprünge, für Auftritte in verwandelter Gestalt. Obwohl ihm der primitive Ares ein ungeliebter Sohn war, verwandelte sich Zeus bei einem seiner Abenteuer sogar in einen Eber, das Symboltier des Ares. Man braucht nicht viel Fantasie, um dieses Prinzip auf das Leben von Zeus-Männern oder Jupiter-betonten Frauen zu übertragen. In exponierten olympischen Positionen ist es eben schwer, sich zu seiner Tiernatur, dem Pferdeleib zu bekennen – man denke nur an Bill Clinton!
Der Elbenkönig auf Selö
Dieses Märchen hat kein »gutes Ende«, es dient vielmehr zur Warnung. Die Hauptfigur ist der Knecht des Pfarrers. Er ist mit anderen Dorfbewohnern auf der Insel Selö unterwegs, um Fischernetze zu holen, denn der Winter naht. Da kommt ein Unwetter auf, und alle Fischer laufen zu ihren Booten, segeln sofort nach Hause und vergessen den armen Knecht auf der Insel. Er
Weitere Kostenlose Bücher