Der Tierarzt kommt
Ihnen, James?« fragte er, als ich aufhängte. »Sie sehen aus, als ob Ihnen jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt hätte.«
»So fühle ich mich auch. Das Kalb bei Billings liegt im Sterben, und es ist wieder eins krank geworden. Könnten Sie nicht mal mitkommen, Siegfried?«
Mein Chef stand schweigend an der Box und schaute sich das kleine Tier an. Es war in einer furchtbaren Unruhe, warf sich hin, stand wieder auf, trat sich gegen einen inneren Schmerz und schüttelte sein Hinterteil. Während wir es beobachteten, fiel es auf die Seite und kratzte mit allen vier Hufen um sich.
»James«, sagte er ruhig. »Dieses Kalb ist vergiftet.«
»Das habe ich mir auch gedacht. Aber wie?«
Jetzt mischte sich Mr. Billings ein. »Wie können Sie so was sagen, Mr. Farnon? Hat doch keinen Zweck. Wir haben den Stall gründlich untersucht, und da gibt es nichts, womit sie sich vergiften könnten.«
»Dann untersuchen wir ihn halt noch einmal.« Siegfried ging durch den Stall, wie ich es getan hatte, und als er wiederkam, fragte er ausdruckslos: »Woher kommen die Nüsse?«
Mr. Billings warf die Arme in die Luft. »Aus der Ortsmühle. Bei Ryder sind sie am besten. Denen können Sie bestimmt nicht die Schuld zuschieben.«
Siegfried sagte nichts. Ryders waren als besonders sorgfältige Futtermittelhersteller bekannt. Er untersuchte das kranke Kalb mit dem Stethoskop und dem Thermometer, betastete den Bauch des Tieres und sah ihm in die Augen, um seine Reaktion einzuschätzen. Das gleiche tat er mit meinem gestrigen Patienten, dessen verglaste Augen und kalte Extremitäten eine leider allzu deutliche Sprache sprachen. Dann gab er dem kranken Kalb dieselben Mittel wie ich, und wir verabschiedeten uns.
Auf der Rückfahrt schwieg er eine Weile, doch dann schlug er plötzlich mit der Hand auf das Lenkrad. »Da ist irgendein starkes Gift, James! Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber ich will verdammt sein, wenn ich weiß, wo es herkommt.«
Beim Mittagessen kämpfte Siegfried ebenso wie ich mit Billings’ Problem, und er sagte zuerst keinen Ton, als Tristan einen Teller dampfender Wurst mit Kartoffelbrei vor ihn hinstellte. Erst als er eine Gabel voll Kartoffelbrei in den Mund schob, schien er auf die Erde zurückzukehren. »Herrgott noch mal!« rief er. »Schon wieder?«
Tristan lächelte zuvorkommend. »Ja. Mr. Johnson sagte mir, die Wurst sei heute besonders gut.«
»So?« Sein Bruder blickte ihn verdrossen an. »Für mich sieht sie genauso aus wie die von gestern abend – und gestern mittag.« Seine Stimme schwoll an, aber dann unterbrach er sich.
»Ach, was soll’s«, brummte er und stocherte in seinem Teller herum. Die Sache mit den Kälbern hatte auch ihm zugesetzt, und ich konnte mir denken, wie ihm zumute war.
Ich schaffte meine Portion ohne Schwierigkeiten. Wurst und Kartoffelbrei hatte ich schon immer gemocht.
Mein Chef ist von flexibler Natur, und als wir uns am Nachmittag trafen, war er wieder ganz obenauf.
»Der Besuch bei Billings hat mich sehr beschäftigt, James. Das kann ich Ihnen sagen«, fing er an. »Aber ich habe seitdem ein paar andere Fälle behandelt, und die Resultate waren gut. So etwas hebt die Moral. Hier, trinken Sie was.«
Er holte die Ginflasche aus dem Schrank, goß uns ein und warf einen wohlwollenden Blick auf seinen Bruder, der im Wohnzimmer aufräumte.
Tristan zog eine große Schau ab, betätigte den Staubsauger, rückte Kissen zurecht und fuhr mit dem Staubwedel in der Gegend herum. Er seufzte und ächzte vor Anstrengung und bot uns ein Bild intensiver häuslicher Geschäftigkeit. Eigentlich fehlten ihm nur noch das Häubchen und eine Schürze.
Wir tranken unsere Gläser aus, und Siegfried vertiefte sich in den Veterinary Record, als appetitliche Düfte aus der Küche zu uns drangen. Um sieben Uhr steckte Tristan den Kopf zur Tür herein.
»Das Abendessen steht auf dem Tisch«, sagte er.
Siegfried legte die Zeitschrift weg und räkelte sich. »Gut. Ich freu mich schon drauf.«
Ich folgte ihm ins Speisezimmer und lief ihm fast in den Rücken, als er plötzlich stehenblieb. Er starrte entgeistert auf die Terrine auf dem Tisch.
»Doch nicht schon wieder die verdammte Wurst mit Kartoffelbrei!« brüllte er.
Tristan scharrte mit den Füßen. »Doch... ja... ist wirklich sehr gut heute.«
»Sehr gut! Ich sehe das verfluchte Zeug schon im Schlaf vor mir. Kannst du denn gar nichts anderes kochen?«
»Aber ich habe es dir doch gesagt.« Tristan war verletzt.
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