Der Tierarzt kommt
zu waschen.
Die Erinnerung an meine Blamage beschäftigte mich noch eine Zeitlang. Damals war ich überzeugt davon, daß ich ungerecht behandelt worden war, aber heute bin ich älter und weiser, und rückblickend muß ich zugeben, daß ich unrecht hatte.
Die Symptome der Kuh waren typisch für einen verrutschten Labmagen (wenn der vierte Magen sich von der rechten auf die linke Seite verlagert), und das war etwas, das damals den Tierärzten noch nicht geläufig war. Heute wird in diesen Fällen operiert, aber manchmal genügt es auch, die Kuh auf den Rücken zu legen und zur Seite zu rollen, warum also soll es nicht auch helfen, wenn man sie galoppieren läßt? Ich muß gestehen, daß ich Jim Oakleys Rezept seitdem oft angewandt und damit gute Resultate erzielt habe. Von den Farmern kann man immer etwas lernen, aber in diesem Fall hatte mir ein Briefträger etwas beigebracht.
Ich war überrascht, als Mr. Bailes mich einen Monat später wieder zu einer seiner Kühe rief. Ich hätte angenommen, daß er sich seit meinem Versagen bei Rose nur noch an Jim Oakley wenden würde. Aber nein, seine Stimme klang freundlich und höflich wie immer am Telefon, und er machte keine Andeutung, daß er das Vertrauen zu mir verloren hatte. Seltsam...
Ich blickte zuerst in den Garten, bevor ich mich in den Gang zwischen den Mauern wagte. Ein schwaches, metallisches Geräusch verriet mir, daß Shep in der Hundehütte lag, und ich ging langsamer. Ich wollte mich nicht noch einmal überraschen lassen. Am Ende des Ganges blieb ich stehen und wartete, aber ich sah nur die Spitze der Schnauze, die sich zurückzog, als ich vor der Hütte stand. So hatte mein Wutanfall offenbar gewirkt – der große Hund wußte, daß ich mir von ihm keine weiteren Späße gefallen ließ.
Und doch war ich nach meinem Besuch nicht ganz fröhlich bei dem Gedanken. Ich hatte das unbehagliche Gefühl, Shep einer seiner Hauptfreuden beraubt zu haben. Schließlich hat jedes Geschöpf ein Recht auf Vergnügen, und wenn auch Sheps Hobby nicht ganz ungefährlich war, so war es schließlich ein Teil seiner Natur.
Als ich später in jenem Sommer wieder einmal durch Highburn fuhr, hielt ich erwartungsvoll vor der Farm. Die weiße und staubige Dorfstraße schlummerte in der Nachmittagssonne. Es war still, und nichts rührte sich – außer einem kleinen Mann, der auf den Durchgang zuging. Er war dick und dunkelhaarig – ein Kesselflicker aus einem Zigeunerlager außerhalb des Dorfes –, und er trug eine Anzahl von Töpfen und Pfannen.
Von meinem Standort aus konnte ich durch den Zaun in den Garten blicken, wo Shep sich geräuschlos auf seinen Posten hinter der Mauer begab. Fasziniert sah ich dem Mann zu, wie er in den Gang trat, und wie der Hund den über die Mauer ragenden Kopf genau beobachtete.
Wie ich es erwartet hatte, geschah es auf der Mitte des Weges. Der genau berechnete Punkt, die sekundenlange Pause auf der Mauerhöhe, und dann das plötzliche und donnernde Gebell in Ohrenhöhe des Opfers.
Auch die Wirkung war wie erwartet. Ich sah ganz verzweifelt fuchtelnde Arme, die Pfannen flogen in die Luft und schepperten zu Boden, und dann schoß der kleine Mann aus dem Gang, bog um die Ecke und lief die Straße hinauf. Für seinen Körperbau lief er erstaunlich geschwind, seine kurzen Beine stampften wild, und er hielt nicht an, bis er den Krämerladen am anderen Ende des Dorfes erreicht hatte.
Ich weiß nicht, warum er ausgerechnet da hineinging, denn dort konnte man ihm zur Herzstärkung allerhöchstens eine Limonade bieten.
Shep wanderte sichtlich zufrieden über das Gras zu einem Apfelbaum, in dessen Schatten er sich behaglich niederließ. Dort lag er mit dem Kopf auf den Pfoten und wartete auf sein nächstes Opfer.
Ich lächelte zufrieden, als ich weiterfuhr. Beim Krämerladen hielt ich an und sagte dem kleinen Mann, er könne ruhig zurückgehen und seine Töpfe auflesen. Was mich jedoch am meisten freute, war die Gewißheit, daß ich dem großen Hund nicht seinen Spaß genommen hatte.
11
Ich werde nie vergessen, mit welch finsterem Gesicht Ralph Beamish, der Rennpferdtrainer, mich anblickte, als ich aus meinem Wagen stieg.
»Wo ist Mr. Farnon?« brummte er.
Mein Mut sank. Das hatte ich oft genug gehört, besonders bei den Pferdebesitzern in der Gegend.
»Tut mir leid, Mr. Beamish, aber er ist den ganzen Tag außer Haus und ich dachte, ich komme lieber vorbei, als es bis morgen aufzuschieben.«
Er gab sich keine Mühe, seinen Widerwillen
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