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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sofort an Sie gedacht habe! Aber ganz zufrieden bin ich nicht. Denn wenn Sie, wie ich vermute, mit Mademoiselle Southwood zusammenarbeiten (die eng mit Madame Doyle befreundet war), dann wäre Austausch das übliche Vorgehen gewesen – nicht dreister Diebstahl. Aber dann werden die Perlen überraschend zurückgebracht – und was stelle ich fest? Dass es nicht die echten sind, sondern eine Imitation.
    Und da weiß ich, wer der wirkliche Dieb ist. Gestohlen und zurückgebracht wurde die Kettenimitation – die Sie vorher gegen die echte Kette ausgetauscht hatten.» Poirot sah den jungen Mann, der vor ihm saß, an.
    Tim Allerton war trotz seiner Bräune weiß. Er war auch keine Kämpfernatur wie Pennington, sein Durchhaltevermögen war gering. Er gab sich Mühe, die spöttische Attitüde aufrechtzuerhalten: «Tatsächlich? Und wenn ja, was habe ich mit der echten gemacht?»
    «Das weiß ich ebenfalls.»
    Das Gesicht des jungen Mannes veränderte sich plötzlich – es fiel in sich zusammen.
    Langsam fuhr Poirot fort: «Es gibt nur einen Ort, wo sie sein kann. Ich habe lange reflektiert und meine Vernunft sagt mir, so ist es. Die Perlen, Monsieur Allerton, sind in dem Rosenkranz in Ihrer Kabine verborgen. Dessen Perlen sind sehr sorgfältig geschnitzt. Ich denke, Sie haben sie eigens so machen lassen. Man kann sie aufschrauben, auch wenn man nicht darauf kommen würde, wenn man sie so ansieht. In jeder dieser Perlen steckt eine andere, und die ist festgeklebt. Die meisten Polizeiermittler haben Respekt vor religiösen Symbolen, es sei denn, irgendetwas stimmt auffällig nicht an ihnen. Darauf haben Sie spekuliert. Ich habe mir große Mühe gegeben herauszufinden, wie Mademoiselle Southwood Ihnen die imitierte Kette hat zukommen lassen. Denn das muss sie. Sie kamen ja aus Mallorca hierher, weil Sie erfahren hatten, dass Madame Doyle hier ihre Flitterwochen verbringen würde. Nach meiner Theorie hat sie sie in einem Buch verschickt – in einem viereckigen Loch mitten durch die Seiten. Ein Buch wird im offenen Umschlag verschickt und praktisch nie von der Post kontrolliert.»
    Es gab eine lange Schweigepause. Dann sagte Tim ruhig: «Sie haben gewonnen! Es war ein tolles Spiel, aber es ist endlich aus. Ich nehme an, jetzt bleibt mir nichts, als die bittere Pille zu schlucken.»
    Poirot nickte sanft. «Ist Ihnen klar, dass Sie in jener Nacht gesehen wurden?»
    «Gesehen?», fragte Tim.
    «Ja, in der Nacht, in der Linnet Doyle starb, sah jemand Sie aus ihrer Kabine kommen, kurz nach ein Uhr.»
    «Hören Sie», sagte Tim, «Sie glauben doch nicht – ich habe sie nicht getötet! Das schwöre ich! Ich stecke im allerschlimmsten Schlamassel. Ausgerechnet in der Nacht… O Gott, es war furchtbar!»
    Poirot sagte: «Ja, Sie müssen ein paar ungemütliche Augenblicke erlebt haben. Aber jetzt, wo die Wahrheit ans Licht gekommen ist, können Sie uns vielleicht wirklich behilflich sein. War Madame Doyle lebendig oder tot, als Sie die Kette stahlen?»
    «Ich weiß nicht», sagte Tim heiser. «Bei Gott, ehrlich, Monsieur Poirot, ich weiß es nicht! Ich hatte herausgefunden, wo sie sie nachts hinlegte – auf den kleinen Tisch neben dem Bett. Ich bin in die Kabine geschlichen, habe vorsichtig auf dem Tisch herumgetastet, sie an mich genommen, die andere hingelegt und bin wieder hinausgeschlichen. Ich dachte natürlich, sie schläft.»
    «Haben Sie sie atmen gehört? Darauf hätten Sie doch sicher geachtet?»
    Tim überlegte ernsthaft. «Es war sehr still – wirklich sehr still. Nein, ich kann mich nicht erinnern, sie tatsächlich atmen gehört zu haben.»
    «Hing Rauchgeruch in der Luft, wie wenn kurz vorher ein Schuss abgefeuert wurde?»
    «Ich glaube nicht. Ich weiß es nicht mehr.»
    Poirot seufzte. «Dann sind wir keinen Schritt weiter.»
    Tim fragte neugierig: «Wer hat mich denn gesehen?»
    «Rosalie Otterbourne. Sie kam ums Heck herum und sah, wie Sie aus Linnet Doyles Kabine traten und zu Ihrer eigenen gingen.»
    «Dann hat sie es Ihnen also gesagt.»
    Poirot entgegnete sanft: «Pardon, aber mir hat sie nichts gesagt.»
    «Woher wissen Sie es dann?»
    «Ich bin Hercule Poirot, deshalb muss man mir nichts sagen. Als ich es ihr auf den Kopf zusagte, wissen Sie, was sie antwortete? ‹Ich habe niemanden gesehen.› Und das war gelogen.»
    «Aber warum?»
    Poirot sagte ungerührt: «Vielleicht weil sie dachte, der Mann, den sie gesehen hatte, sei der Mörder. Es sah ja auch so aus.»
    «Dann, scheint mir, hätte sie es Ihnen doch

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