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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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umgebracht hat.» Pennington klang wieder etwas ruhiger. «Ich sage ja auch nur, warum schnappen Sie sich mich, wenn ich von ihrem Tod doch gar nicht profitiere?»
    «Aber mein lieber Herr», Poirots Stimme klang sanft wie das Schnurren einer Katze, «das ist Ansichtssache. Madame Doyle war eine sehr interessierte Geschäftsfrau, bestens im Bilde über ihre Belange und mit einem wachen Sinn für Unregelmäßigkeiten. Sobald sie die Verfügungsgewalt über ihr Vermögen ausüben würde, also bei ihrer Rückkehr nach England, würde sie Verdacht schöpfen müssen. Jetzt, wo sie tot ist und ihr Mann, wie Sie erwähnten, alles erbt, liegt die Sache allerdings anders. Simon Doyle hat keine Ahnung von den Finanzen seiner Frau, er weiß nur, dass sie reich war. Er ist ein einfacher, vertrauensseliger Mensch. Es wird Ihnen nicht schwer fallen, ihm komplizierte Schriftstücke vorzulegen, die wahren Vorgänge hinter einem Zahlenwust zu verbergen und die Feststellung des Vermögens mit dem Hinweis auf juristische Formalien und die derzeitige Wirtschaftskrise zu verzögern. Ich finde, es ist doch ein beträchtlicher Unterschied, ob Sie mit dem Mann oder der Frau verhandeln müssen.»
    Pennington zuckte die Schultern. «Ihre Vorstellungen sind – reine Fantasie.»
    «Warten wirs ab.»
    «Was sagten Sie?»
    «Ich sagte: ‹Warten wirs ab!› Wir haben es hier mit drei Todesfällen zu tun – drei Morden. Das Gesetz verlangt penibelste Ermittlungen in Bezug auf den Zustand von Madame Doyles Vermögen.»
    Poirot bemerkte, dass Penningtons Schultern plötzlich nach unten sackten, und wusste, dass er gewonnen hatte. Jim Fanthorps Verdacht war begründet gewesen. Er fuhr fort: «Sie haben das Spiel gewagt – und verloren. Weiterbluffen nützt nichts.»
    «Sie verstehen gar nichts», brummte Pennington. «Es ist eigentlich alles korrekt. Es war dieser Börseneinbruch – Wall Street hat verrückt gespielt. Aber ich hätte es wieder hingekriegt. Mit etwas Glück ist bis Mitte Juni alles wieder in Ordnung.» Mit zitternden Fingern nahm er eine Zigarette, versuchte sie anzuzünden und schaffte es nicht.
    «Ich vermute», sagte Poirot nachdenklich, «die Sache mit dem Felsbrocken kam spontan, als Versuchung. Sie dachten, niemand hat Sie gesehen.»
    «Das war ein Unfall. Ich schwörs, es war ein Unfall!» Der Mann beugte sich vor, das Gesicht verzerrt, die Augen schreckensgeweitet. «Ich bin gestolpert und gegen den Stein gefallen. Ich schwörs, das war ein Unfall…»
    Die beiden anderen schwiegen.
    Plötzlich gab Pennington sich einen Ruck. Er war ein Wrack, aber sein Kampfgeist war einigermaßen wieder da. Er ging zur Tür. «Das können Sie mir nicht anhängen, meine Herren. Es war ein Unfall. Und ich habe sie auch nicht erschossen. Haben Sie gehört? Das können Sie mir genauso wenig anhängen – und das werden Sie auch nicht.»
    Er ging hinaus.

Siebenundzwanzigstes Kapitel
     
    A ls die Tür hinter ihm zufiel, stieß Race einen tiefen Seufzer aus. «Wir haben mehr herausgekriegt, als wir gedacht hatten. Er gibt Betrug zu. Er gibt einen Mordversuch zu. Weiter kann man unmöglich kommen. Einen Mordversuch kann ein Mann gerade noch gestehen, aber man kriegt ihn nicht dazu, die wirkliche Tat zu gestehen.»
    «Manchmal doch», sagte Poirot und sah verträumt drein – katzenhaft.
    Race blickte ihn neugierig an. «Schon einen Plan?»
    Poirot nickte. Dann zählte er die Anhaltspunkte an den Fingern ab: «Der Garten in Assuan. Mr. Allertons Aussage. Die beiden Nagellackflaschen. Meine Weinflasche. Die Samtstola. Das befleckte Taschentuch. Die Pistole, die am Tatort liegen gelassen wurde. Louise’ Tod. Madame Otterbournes Tod. Ja, alles da. Pennington wars nicht, Race!»
    «Was?» Race war perplex.
    «Pennington wars nicht. Er hatte ein Motiv, ja. Er war willens, ja. Sogar einen Versuch unternahm er. Mais c ’ est tout. Für dieses Verbrechen brauchte es etwas, das Pennington nicht hat! Dieses Verbrechen bedurfte der Kühnheit, der schnellen und fehlerfreien Durchführung, der Beherztheit und Gleichgültigkeit gegenüber Gefahren sowie eines einfallsreichen und berechnenden Verstands. Pennington hat diese Eigenschaften nicht. Er könnte kein Verbrechen begehen, wenn er nicht wüsste, der Ausgang ist sicher. Bei diesem Verbrechen war er nicht sicher! Alles stand auf des Messers Schneide. So etwas braucht Verwegenheit. Pennington ist nicht verwegen. Er ist nur verschlagen.»
    Race musterte ihn mit der Achtung, die ein fähiger Mann einem

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