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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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dämlichen Schnüffler mit sich herum? Hat sie so viel Schiss um ihre kostbare Haut?»
    «Ich unterhalte keinerlei Beziehungen mit Monsieur und Madame Doyle», gab Poirot steif zurück. «Ich mache Ferien.»
    «Und genießen die Freizeit – was?»
    «Sie nicht? Sie machen nicht selber auch Ferien?»
    «Ferien!», schnaubte Mr. Ferguson und gab eine etwas kryptische Erläuterung: «Ich studiere Verhältnisse.»
    «Sehr interessant», murmelte Poirot, bevor er hinaus auf das Deck schlenderte.
    Miss Van Schuyler hatte sich in der besten Ecke niedergelassen. Cornelia kniete vor ihr mit einem Strang grauer Wolle um die ausgestreckten Hände. Miss Bowers saß kerzengerade daneben und las die Saturday Evening Post.
    Poirot spazierte langsam das Steuerborddeck entlang. Als er am Achterdeck ankam und umkehren wollte, stieß er fast mit einer Frau zusammen, die ihm ein verblüfftes Gesicht zuwandte – ein dunkles, rassiges, mediterranes Gesicht. Sie trug ein adrettes schwarzes Kleid und hatte sich gerade mit einem großen, kräftigen Mann in Uniform unterhalten – dem Aussehen nach einer der Maschinisten. Beide hatten einen merkwürdigen Ausdruck im Gesicht – ein schlechtes Gewissen und gleichzeitig Erschrockenheit. Poirot hätte gern gewusst, worüber sie sich unterhalten hatten.
    Er ging ums Achterdeck herum und setzte seinen Spaziergang zurück auf der Backbordseite fort. Eine Kabinentür sprang auf und Mrs. Otterbourne erschien darin und fiel ihm fast in die Arme. Sie trug einen Morgenrock aus scharlachrotem Satin.
    «Oh, Verzeihung», sagte sie. «Lieber Mr. Poirot – tut mir ja so Leid. Dieser Wellengang – nur der Wellengang, wissen Sie. War nie seefest. Wenn das Schiff bloß stillhalten könnte…» Sie packte seinen Arm. «Das Schwanken ist es, was ich nicht vertragen kann… Bin nie richtig glücklich auf dem Wasser… Und dann Stunden um Stunden hier allein bleiben müssen. Meine Tochter – kein Mitgefühl – kein Verständnis für ihre arme alte Mutter, die alles für sie getan hat…» Mrs. Otterbourne fing an zu schluchzen. «Geschuftet wie ein Sklave hab ich für sie… mich geschunden bis auf die Knochen… bis auf die Knochen. Eine grande amoureuse – das hätte ich sein können – eine grande amoureuse – alles geopfert – alles… Und kein Mensch kümmert sich! Aber ich sags allen – ich sags jetzt allen, wie sie mich vernachlässigt… wie hart sie ist, mich zu dieser Fahrt zu zwingen – tödlich langweilig… Ich gehe jetzt und sags allen –» Sie wollte losstürzen.
    Poirot hielt sie sanft zurück. «Ich schicke sie zu Ihnen, Madame. Gehen Sie wieder in Ihre Kabine. Es ist das Beste –»
    «Nein. Ich will das allen sagen – allen hier auf dem Schiff –»
    «Das ist zu gefährlich, Madame. Das Wasser ist zu unruhig. Sie könnten über Bord gespült werden.»
    Mrs. Otterbourne sah ihn skeptisch an. «Glauben Sie? Glauben Sie wirklich?»
    «Jawohl.»
    Er obsiegte. Mrs. Otterbourne schwankte, torkelte und ging zurück in ihre Kabine. Poirots Nasenflügel zuckten ein paar Mal. Dann nickte er zufrieden und ging zu Rosalie Otterbourne, die zwischen Mrs. Allerton und Tim saß. «Ihre Mutter hätte Sie gern bei sich, Mademoiselle.»
    Rosalie hatte gerade glücklich gelacht. Jetzt verfinsterte sich ihr Gesicht, sie schoss ihm einen argwöhnischen Blick zu und lief das Deck entlang.
    «Ich werde nicht schlau aus dem Kind», sagte Mrs. Allerton. «Sie ist so wechselhaft. Einen Tag ist sie freundlich, am nächsten regelrecht grob.»
    «Komplett verzogen und launisch», sagte Tim.
    Mrs. Allerton schüttelte den Kopf. «Das ist es, glaube ich, nicht. Ich glaube, sie ist unglücklich.»
    Tim zuckte die Schultern. «Gott ja, ich nehme an, wir haben alle unsere privaten Probleme.» Seine Stimme klang hart und schroff.
    Ein Gong ertönte.
    «Mittagessen», rief Mrs. Allerton erfreut. «Ich bin fast verhungert.»
    An diesem Abend sah Poirot Mrs. Allerton in ein Gespräch mit Miss Van Schuyler vertieft. Als er an ihrem Tisch vorbeiging, zwinkerte sie ihm zu. Sie sagte gerade: «Natürlich in Calfries Castle – der liebe Herzog –»
    Cornelia hatte jetzt dienstfrei und stand draußen auf dem Deck. Dr. Bessner hielt ihr einen langatmigen Vortrag in Ägyptologie, den er sich aus dem Baedeker zusammengeklaubt hatte. Cornelia lauschte hingerissen.
    Tim Allerton lehnte sich über die Reling und erklärte: «Jedenfalls, die Welt ist nun mal durch und durch schlecht…»
    Rosalie Otterbourne antwortete: «Ja, es

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