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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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sein, dass es Oftenhain gelungen ist, die Hand darauf zu behalten?
    – Unwahrscheinlich. Wenn die Russen Oftenhain eingekauft haben, gab es einen Gegenwert.
    Fred wiegte den Kopf.
    – Darüber stolpere ich jedes Mal.
    – Mit Mutmaßungen kommen wir nicht weiter. Wir konzentrieren uns darauf, den Mörder zu finden.
    Fred nickte.
    – Wie sollen wir vorgehen?
    – Wir müssen Malikow auftreiben …
    – Ist bereits geschehen, unterbrach ihn Fred, er lebt in Berlin. – Außerdem wäre es interessant, etwas mehr von diesen Rosenholz-Dateien zu erfahren.
     
7.
    Ich lag in schweren Träumen. Dunkle Wolken hingen tief und näherten sich wie eine schwarze Wand. Ein Grollen begann, als hebe ein Beben an. Schon der erste Blitzschlag erleuchtete die Szenerie taghell, und ich erkannte, dass ich auf einem Kratersee schwamm, der ringsum von schroffen Felswänden umgeben war. Eine Gämse, die sich auf der Flucht befunden hatte, blieb reglos in einem Steilhang stehen. In ihren schreckensweiten, dunklen Augen spiegelte sich der Blitz. Ich wurde von einem starken Sog nach unten gezogen. Endlich erwachte ich. Ich fuhr hoch und rang nach Luft. Es war noch früh am Morgen, draußen setzte gerade die Dämmerung ein. In unserem Turmzimmer war es kühl geworden. Sorgsam zupfte ich die Decke zurecht und kuschelte mich noch enger an Mira.
    Die nächste Stunde brachte friedlichen Schlaf und machte den Albtraum dieser Nacht vergessen. Als ich jedoch das nächste Mal auffuhr, war es bereits halb acht. Höchste Zeit für Mira, ihren Dienst im Herrenhaus anzutreten. Das Frühstück musste bereitet werden. Gelegenheit, in unsere Wohnung hinüberzugehen, war nicht mehr, wir begnügten uns mit einer Katzenwäsche.
    Kurz nach Mira schlich auch ich die Treppe hinunter und nahm den Umweg die Schlossmauer entlang in Kauf, sodass ich, ohne Aufsehen zu erregen, im Schuppen meine Arbeitskleidung anlegen konnte. Nicht dass Leo etwas gegen meine Liebschaft mit Mira einzuwenden gehabt hätte, ich wollte einfach keine allzu deutlichen Indizien zu meinem Intimleben auslegen. Selbst ein Mann mit tadellosenManieren wie Leo sah eine Frau mit anderen Augen an, wenn er wusste, dass sie gerade aus dem gemeinsamen Bett mit mir gekrochen kam. Außerdem würde Leo mich bei seinem ersten Rundgang bereits draußen bei der Arbeit vorfinden, was in jedem Fall einen guten Eindruck machte.
    – Guten Morgen, Tino!
    Ich hatte Leo gar nicht kommen hören. Er bewegte sich manchmal leise wie auf Katzenpfoten. An der warmen Baritonfärbung seines Grußes erkannte ich, dass er meinem Arbeitseifer Respekt zollte. Ich hatte mit dem Pflanzenschnitt im Prälatengarten begonnen. Leo winkte mich zu sich.
    – Ich habe dir etwas mitgebracht.
    Er reichte mir ein Fläschchen.
    – Augentropfen. Deine Allergie hält sich ja hartnäckig. Wird doch hoffentlich nicht chronisch.
    Der gute Leo!
    Im Lauf des Vormittags setzte sich immer mehr die Sonne durch, es lohnte sich, im Wirtsgarten der Schloss-Schänke Brotzeit zu machen. Ich genoss einen Arbeitstag wie diesen, was zu tun war, lag klar vor mir, es genügte, einen Schritt nach dem anderen zu machen. Darüber hinausgehende Gedanken oder Sorgen wurden überflüssig.
    Als ich dann abends redlich müde meine Wohnung betrat, spürte ich sofort, dass jemand hier gewesen war. Nichts war in heillose Unordnung gebracht, aber alles war ein wenig anders. Der Satyrkopf im Regal blickte nicht mehr nach Süden, der Buchstapel war umsortiert, die Schreibtischlampe mehr nach unten gezogen als üblich. Ich meinte, eine Spur von Rauch in der Luft ausmachen zu können, und rannte in die Küche. Oben auf dem Büfett stand eine große Zigarrenkiste mit meinem Hausvorrat an Gras. Kurz darauf schämte ich mich schon für diese kindische Einbildung und mehr noch für meinen Verdacht, dass Leo bei mir eine sanfte Hausdurchsuchungvorgenommen haben könnte, um meinem Drogenkonsum auf die Schliche zu kommen.
    Als ich dann alles noch einmal durchsah, stellte ich fest, dass jemand mit ausdauernder Systematik am Werk gewesen war. Stück für Stück, Schublade für Schublade war durchsucht worden. Aber keiner meiner wirklichen Wertgegenstände war gestohlen worden. Geld, Kreditkarte, Sparbuch – nichts fehlte.
    Dann erst begriff ich, was passiert war. Ich hatte die Hinterlassenschaft meines Vaters wieder in das braune Packpapier verschnürt und neben meine Fotoalben gestellt. Ein kurzer Blick genügte. Diesem Paket hatte der Einbruch gegolten, es war

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