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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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verschwunden.
     
8.
    Durch die geöffnete Durchreiche sah Malikow hinüber ins Wohnzimmer. Die Kaffeemaschine zischte. Er rechnete nach und kam zu dem Ergebnis, dass Ella Senoner inzwischen Mitte sechzig sein musste. Sie schien gesund und wohlauf, aber man sah ihr das Alter an. Der leicht gebeugte Rücken und ihre schwieligen Hände zeugten von der Arbeit, die sie verrichtete. Ihr faltiges Gesicht war wettergegerbt. Ruhig saß sie im Sessel und hatte die Hände auf den Schoß gelegt.
    – Wie haben Sie mich gefunden?
    Malikow goss den Kaffee ein.
    – Alles über den Unfall und die Hintergründe ist doch damals öffentlich geworden. Auch die Polizei gab mir Auskunft, schließlich hatte ich ein Kind von ihm. Wie sehr ich mich Bertolds wegen für die Ereignisse interessiert habe, können Sie sich denken. Der Rest war einfach: Sie sind Hausbesitzer und als solcher hier eingetragen.
    Bei aller Vorsicht war ihm diese Lücke in der Verschleierung seinerDaten nie aufgefallen. Sein Telefon war nicht auf seinen Namen gemeldet, und als Mieterin figurierte Olga Petrowa. Bei der Immobilientransaktion wagte er jedoch nicht, einen Strohmann vorzuschieben. Schließlich ging es um sein Eigentum. Nachdem sogar Ella Senoner das erfolgreich bewerkstelligt hatte, konnte ihn offenbar jeder finden, der ihn suchte.
    – Unsere damalige Beziehung zu Bertold Oftenhain ist Ihnen demnach auch bekannt?
    – Ja. Sie haben ihn in die DDR geschafft und ihm eine neue Identität verschafft. Ich war fast von Sinnen, als er ein Jahr nach dem Unfall vor meiner Tür stand. Und ich hatte ihn für tot gehalten!
    – Er hat Ihnen alles erzählt?
    – Natürlich. Er war mir viele Erklärungen schuldig. Außerdem hoffte er, mich durch vollständige Offenheit zurückgewinnen zu können. Aber da war nichts mehr zu machen, ich war bereits verlobt. Mein Leben hatte eine andere Wendung genommen. Und daran wollte ich nichts mehr ändern.
    – Und was führt sie heute nach so langer Zeit zu mir?
    – Bertold ist erschossen worden. Wissen Sie das?
    Er schüttelte den Kopf. Der Hinweis kam unerwartet, machte aber endlich klar, in was er hineingeraten war. Von Beirut bis Berlin hätte es ausreichend alte Geschichten gegeben, die wieder hochkochen konnten.
    – Wie ist er begraben worden: als Bertold Oftenhain oder Richard Eulmann?
    – Als Eulmann. Aber der Mord war kaltblütig. Eine Exekution! Jemand hat ihn gesucht, um mit ihm abzurechnen.
    – Von unserer Seite ist das mit Sicherheit niemand gewesen. Wir haben ihm ja die neue Identität verschafft und wussten, wo er sich aufhält.
    – Deshalb bin hier. Das ist aber nicht alles.
    Malikow blickte auf.
    – Meine Schwägerin wurde auf dieselbe Weise umgebracht. Von hinten erschossen.
    – Was hatte sie mit Bertold zu schaffen?
    – Nichts. Sie hat ihn nicht einmal gekannt.
    – Aber offenbar gibt es einen Zusammenhang?
    – Man hat sie mit mir verwechselt!
    – Angenommen, es war so. Warum sollte man Sie umbringen wollen?
    Ella trank ihren Kaffee aus. Auf ihrem Schoß lag ein Taschentuch, an dem sie sich die Hände abwischte.
    – Sagen Sie es mir!
    Malikow zuckte die Achseln.
    – Ich sehe keinen Grund dafür.
    – Der Mörder hat jeden Winkel in Bertolds Haus durchforscht. Vielleicht glaubte er, das Gesuchte bei mir finden zu können?
    Malikow hob abwehrend die Hände.
    – Sie meinen die Weltformel? Unwahrscheinlich! Wir haben nach seiner Genesung ein halbes Jahr mit ihm gearbeitet. Durch den Kopfschuss hatte er seine synästhetischen Fähigkeiten verloren. Er war nicht mehr in der Lage, seine Notenblätter zu decodieren. Auch sonst war er gehandicapt. Er wurde nie mehr der glänzende Mathematiker, der er einmal gewesen ist.
    – Ich kenne die Geschichte. Wenn er nicht liefern konnte, was Sie wollten, warum haben Sie ihn dann trotzdem bezahlt? Das habe ich mich immer gefragt.
    – Weil wir anerkennen mussten, dass er alles dazu tat, um uns zu helfen.
    Ellas Miene blieb skeptisch.
    – Außerdem bestand eine gewisse Möglichkeit, dass seine Fähigkeiten zurückkehren würden. Wir haben ihn regelmäßig besucht.
    – Und?
    Malikow wiegte den Kopf.
    – Niemand konnte in ihn hineinsehen. Aber selbst wenn er seine frühere Begabung wiedergewonnen hatte, ist es ihm gelungen, das vor aller Welt zu verheimlichen. Auch vor uns. Fakt ist, was wir von ihm haben, ist ein hübsches Musikstück, aber keine Weltformel.
    – Aber die Annahme, er könnte sein Wissen wiedererlangt haben, genügt doch für einen Mord?
    – Nach

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