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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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ich vorsichtig löste. Das Papier war in eine feuchte und glitschige Gummihaut eingepackt, ein Kondom, das am offenen Ende verknotet war. Ich riss es auf und holte das Papier heraus. Es war in der Tat ein leeres Blatt. Ich spülte beides die Toilette hinunter. Draußen wusch ich mir zwei Mal die Hände.
    Als ich an den Tisch zurückkam, war Joe bereits verschwunden. Er war in Erlenbach ausgestiegen.
    Ich ließ mir noch einen Kaffee kommen und beobachtete das Treiben an Bord. Eine düstere Stimmung senkte sich auf mich. Ich hatte mich mit der Aussicht auf eine glänzende akademische Laufbahnködern lassen und saß nun in der Falle. Ohne Gängelung meinem Beruf nachgehen zu können war eine Illusion. Vielleicht wäre meine Stelle bei Matussek in Leipzig doch die bessere Wahl gewesen. In Zürich begann man, einen Geheimdienst-Gehilfen aus mir zu machen, dem man anschaffen konnte, was er zu tun hatte. Noch dazu war ich ganz auf mich allein gestellt, es gab niemand, dem ich mich hätte anvertrauen können.
    Der durchdringende Ton des Nebelhorns holte mich aus meinen Grübeleien. Mit großer Erleichterung stellte ich fest, dass wir uns Zürich Bürkliplatz, dem Ende der Rundfahrt, näherten. Als ich das Schiff verließ, sah ich einen Mann in einer schwarzen Regenjacke über die Gangway gehen. Irgendetwas an ihm kam mir bekannt vor. Er rauchte, nahm einen letzten Zug und schnippte dann die Zigarette ins Wasser.
     
28.
    Petris Büro im Institut lag am Ende eines langen Ganges. Das Vorzimmer hatte er kurzerhand zu einem Besprechungsraum gemacht, in dem er sich mit Kollegen des Öfteren zur Teestunde traf, um in lockerer Runde Fachprobleme zu diskutieren. Ich war noch nie dazugeladen gewesen. Petri hatte mir in letzter Zeit wieder einige Berechnungen zur Erledigung gegeben, und ich hoffte, sie ihm persönlich übergeben zu können und mit ihm weiter ins Gespräch zu kommen.
    Die Vorzimmertür stand halb offen, dennoch klopfte ich an. Als niemand antwortete, betrat ich den Raum. Er war leer. Die Tür zu Petris Büro war geschlossen. Ich fasste mir ein Herz, klopfte an und trat nach einer Weile ein. Der große Raum war karg eingerichtet. Schreibtisch, Bücherregale, ein Stehpult, luxuriös hingegen der weiche Teppich, ein rot-schwarzer Perser. Es roch nach kaltem Zigarettenrauch, im Raum verteilt standen mehrere Aschenbecher.
    Der Schreibtisch war leer, nur auf dem Pult lagen zwei Blatt Papier. Mit Herzklopfen ging ich darauf zu, um sie in Augenschein zu nehmen. Vorsichtshalber holte ich aus meiner Aktentasche die Berechnungen, die ich mitgebracht hatte. Betrat jemand den Raum, sollte er den Eindruck gewinnen, dass ich im Begriff war, meine Arbeit auf dem Pult abzulegen. Nichts war zu hören, denn der dicke Teppich dämpfte meine Schritte. Als ich mich am Schreibtisch vorbeidrücken wollte, verhakten sich meine Füße in einem Hindernis, und ich stolperte. Zwar erschien mir der kurze Moment quälend lang, aber ich war außerstande, etwas zu tun, um den Sturz zu verhindern. Bis zuletzt hatte ich meine Mappe festgehalten, sodass ich kopfüber nach vorne fiel. Etwas benommen, dank der weichen Unterlage jedoch unbeschadet, versuchte ich mich aufzurappeln. Da endlich verstand ich, was ich schon die ganze Zeit über wahrgenommen hatte, dass ich über ein Paar Beine gestolpert war, die unter dem Schreibtisch hervorlugten. Ein erster tiefer Schrecken ließ mich einen Toten befürchten, doch dann bewegten sich die Beine. Ein Mann kroch unter dem Tisch hervor. Rasch versuchte ich mich wieder aufzurappeln.
    – Was machen Sie denn da?
    Erleichtert stellte ich fest, dass es nicht Petri war. Ich kannte ihn nicht.
    – Und Sie?
    Der andere erhob sich. Ein schlanker, junger Mann in brauner Hose und weißem Hemd stand vor mir und klopfte sich ab. Er streckte mir die Hand entgegen.
    – David Ashton.
    Ich stellte mich vor. Petris Hinweis kam mir wieder in den Sinn. Ashton kam aus Cambridge, war Fellow und arbeitete vorübergehend am Institut.
    – Sie müssen entschuldigen, mich hier in einer so albernen Situationanzutreffen. Aber ich hatte nach einer Unterredung mit Professor Petri mein Medaillon vermisst. Da ich ihn nicht angetroffen habe, dachte ich, ich könnte hier ungestört den Boden absuchen.
    Ich lachte erleichtert.
    – Ging mir genauso. Ich wollte eben meine Berechnungen auf sein Pult legen.
    Ashton legte den Arm um meine Schulter.
    – Lassen Sie uns drüben in meinem Büro einen Tee zusammen trinken. Sie müssen mir erzählen,

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