Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
Vom Netzwerk:
nicht mehr in Gang. Petri wirkte plötzlich indisponiert und beteiligte sich kaum mehr. Endlich bestellte er sich einen Kirschgeist.
    – Es tut mir leid, wenn ich nun fluchtartig das Lokal verlassen muss, sagte Petri. Aber ich bin unpässlich.
    Er fasste sich an den Magen. Ich musterte ihn. Er war tatsächlich blass geworden. Wahrscheinlich kämpfte er mit einer Übelkeit. Er bezahlte und ließ sich ein Taxi kommen.
     
27.
    Ein paar Tage später fand ich zu meiner Überraschung im Postfach des Instituts einen an mich adressierten Brief. Ich dachte zunächst an Petri und unser Gespräch. Als ich jedoch den braunen Umschlag öffnete, fand ich darin ein Billett für eine kleine Seerundfahrt und den dazugehörigen Fahrplan, auf dem für Mittwoch das erste Schiff angekreuzt war. Ich erschrak. Diese Aufforderung konnte nur von Malikow oder Salantino kommen. Sie saßen mir im Nacken, dabei hatte ich gerade begonnen, mich mit dem tröstenden Gedanken einzurichten, dass es auf einen so kleinen Fisch wie mich nicht ankomme.
    Präsenzpflicht im Institut hatte ich nur bei Veranstaltungen und Besprechungen. Wo ich meine Vorbereitungen und Forschungsarbeiten erledigte, blieb mir überlassen. So war keine Ausrede für mein Fernbleiben notwendig gewesen, als ich am anderen Morgen zum Bürkliplatz hinunterspazierte. Dort am Kai würde das Schiff ablegen. Der Himmel war von Wolken verhangen, ein feiner Sprühregen ging herunter. Ich fröstelte und wickelte mich enger in meinen Mantel. Von welcher Seite die Aufforderung kam, hatte sich mir nicht erschlossen.
    Das Schiff wartete bereits. Nur wenige hatten sich zur Rundfahrt eingefunden. Ich verschaffte mir einen ersten Eindruck, stellte aber fest, dass ich niemand kannte. Auf der Suche nach einem wind- und regengeschützten Platz landete ich schließlich im Bordrestaurant. Ich setzte mich nach vorne an das Fenster, wo ich einen guten Überblick hatte und man mich leicht finden würde. Der Steward brachte mir einen Kaffee. Als das Schiff ablegte, hatte ich immer noch kein bekanntes Gesicht ausfindig gemacht. Noch einmal studierte ich den Fahrplan, aber ein Irrtum schien mir ausgeschlossen. Ich umfasste die Tasse mit beiden Händen, um mich zu wärmen. Nebelschwaden zogen am Fenster vorbei. Vom Ufer war kaum etwas zu erkennen. Für Schaulustige konnte es kaum schlimmer kommen. Der erste Halt war Wollishofen. Ein Paar ging an Bord, junge Leute, die sich unter dem Schirm eingehakt hielten. In Kilchberg verließen einige bereits wieder das Boot, offenbar Einheimische, die die günstige Verbindung nutzten.
    Ich sah auf die Uhr. Natürlich hatte ich nichts zu lesen mitgenommen. Missmutig brütete ich vor mich hin. Dann, beim nächsten Halt in Rüschlikon, stieg ein Mann im grauen Regenmantel zu. Er hatte den Hut tief ins Gesicht gezogen. Er schlenderte quer durch das Restaurant, steuerte schließlich die Garderobe an und legte ab. Ich erkannte Joe Salantino.
    Joe setzte sich zu mir an den Tisch, bestellte sich ein kleines Frühstück und verschwand wortlos auf der Toilette. Er kam zurück und beugte sich zu mir hinüber.
    – Später, wenn du auf die Toilette gehst, erste Kabine links, findest du im Spülkasten etwas für dich deponiert. Ist nur ein leeres Blatt. Hebe einfach den Deckel ab, du verstehst dann gleich, wie das künftig funktioniert. Auf dieselbe Weise kannst du Berichte und Unterlagen an uns weitergeben. Alle drei Wochen von heute an gerechnet.
    Der Steward brachte das Bestellte und schenkte ihm den Kaffee ein.
    – Was gibt es Neues?
    Ich zuckte verlegen die Achseln.
    – Ich fasse doch gerade erst Fuß. Petri habe ich nur einmal ausführlich gesprochen.
    – Und?
    – Nichts Besonderes. Jedenfalls hat er nichts durchblicken lassen.
    – Dann klemm dich mal dahinter, Mann! Oder glaubst du, dass du hier auf Urlaub bist? Suchen, Informationen sammeln – verstehst du! Nicht darauf setzen, dass dir alles einfach zuläuft, was wir wissen sollten.
    Er biss in das Brötchen, das er sich mit Butter und Honig bestrichen hatte. Sein harscher Ton traf mich unerwartet. Ich spürte Beklommenheit, dazu kroch eine Angst in mir hoch, so grau, feucht und schemenhaft wie die vorbeiziehenden Nebenschwaden draußen. Ich hatte Joe nichts weiter zu sagen, erhob mich daher und machte mich auf den Weg in die Toilette.
    Ich fand die von Joe beschriebene Kabine, stellte mich auf die Klobrille und hob den Deckel des Spülkastens ab. Unter die Haken der Wandhalterung war eine helle Rolle geklemmt, die

Weitere Kostenlose Bücher