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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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meine ganze verfahrene Situation vor Augen. Ich hielt Inquisition ab, während mich im selben Moment zwei Geheimdienste vereinnahmten. Petri blickte auf. Er registrierte meinen Stimmungsumschwung.
    – Wenn Sie nicht schon in einer sind.
    Er behielt mich so aufmerksam im Auge, als sei mir alles ins Gesicht geschrieben.
    – Lassen Sie mich raten: Sie sitzen im komfortablen Westen und haben Ihre Eltern drüben zurücklassen müssen.
    Ich nickte.
    – Meinen Vater.
    Das Geschnetzelte wurde serviert. Petri hielt seine Nase über den Teller und schnüffelte.
    – Köstlich!
    Er goss Wein nach.
    – Ich habe diese Göttinger Erklärung nicht unterzeichnet. Aber nur, weil ich vom Wert einer moralisierenden Argumentation nicht überzeugt bin. Die Entwicklung in der Hochrüstung ist nicht mehr zu stoppen. In zwanzig, dreißig Jahren werden sogar kleine Staaten über die Bombe verfügen. Wenn es nach mir ginge, sollen meinetwegen alle eine bekommen. Mehr als einmal kann die Welt nicht kaputtgehen. Aber lassen wir das Thema nun!
    Petri wischte sich die Finger an der Serviette ab und fasste mitspitzen Fingern in seine Brusttasche. Er zog ein ledergebundenes Notizbuch hervor. Das kleine pralle Teil war durch einen Riemen mit Druckknopf verschlossen. Dazwischen hatte Petri einen roten Bleistift geschoben. Er öffnete es.
    – Ich habe mir Ihre Arbeitsvorschläge angesehen. Sie möchten über das Symmetrieproblem arbeiten? Ich habe Ihren Ansatz noch nicht ganz verstanden.
    – Ich würde gerne der Frage nachgehen, ob nicht die Symmetrie grundlegender ist als die Formen und Konstellationen der Teilchen. Wird deren Stabilität gestört, bildet sie sich wieder neu. Und im Ruhezustand können wir ohnehin Symmetrie beobachten.
    – Und die Neutrinos?
    – Warum die Symmetrie hier gebrochen wird, dafür gibt es keinen Erklärungsansatz. Soweit man weiß, sind diese Teilchen ohne Masse, was einen zu der Annahme führen könnte, dass die Naturgesetze in vollem Umfang nur für Elemente gelten, die eine Masse besitzen.
    – Und wie stellen Sie sich diesen Prozess vor?
    – Um Masse zu erhalten, treten die Teilchen in eine Reaktion ein, die zwei entgegengesetzte Lösungen bietet. Als läge eine Gleichung mit zwei gleichberechtigten Resultaten vor: positiv und negativ! Historisch gesehen, schafft sich die Natur dadurch eine Handhabe, durch Verdoppelung einen zusätzlichen Entwicklungsraum zu gewinnen. Was wir unter Symmetrie verstehen, wäre dann die Folge dieses Vervielfachungsprozesses.
    Petri wiegte den Kopf. Seine Miene wirkte, als habe er in etwas Saures gebissen. Ich setzte nach.
    – Ein Proton ist 1836-mal schwerer als ein Elektron. Warum gerade 1836-mal?
    – Sagen Sie es mir!
    – Eine Lösung habe ich nicht, ich will nur die Problemstellungbezeichnen. Ich glaube nicht, dass dieser Wert zufällig ist. Wenn unser Wissen weit genug fortgeschritten wäre, wäre die physikalische Theorie nach derselben präzisen Logik wie die Entwicklungsgeschichte unseres Universums aufgebaut, und wir könnten diesen Wert aus einem oder meinetwegen einer Handvoll einfachster Prinzipien herleiten.
    – Der Weltformel, sagte Petri spöttisch.
    Ich war überrascht.
    – Daran arbeiten Sie doch auch, war zu lesen.
    Petri schüttelte den Kopf.
    – Der Kollege Kaltenbrunner hat mich kurzzeitig zur Mitarbeit bewegen können. Aber meine Begeisterung ist verflogen. Ich befürchte, das Verhalten der Neutrinos könnte ein Modell sein: Immer wieder stoßen wir auf Sachverhalte, die sich einer umgreifenden Logik entziehen. Warum sollten die Gesetze des Universums nicht inkonsistent sein?
    – Ich glaube …
    Petri hakte sofort ein.
    – Exakt das ist, was ich meine: Plötzlich diskutieren wir Glaubensfragen. An göttliche Prinzipien glaube ich erst dann, wenn mich der alte Herr dazu zwingt. Keinen Moment früher!
    Er hob die Hand und beugte sich über sein Notizbuch. Ich sah, dass er ein paar Formeln notierte.
    – Entschuldigen Sie, ich vergesse das alles sonst viel zu schnell!
    Petri überprüfte das Geschriebene, blätterte dann in seinen Notizen zurück, bis er auf eine Seite gelangte, auf der ich zwei übereinander gezeichnete Dreiecke erkannte. Dort bog Petri die Spitze zu einem Eselsohr um.
    – Setzen Sie sich doch mal mit David Ashton in Verbindung. Oder sind Sie ihm am Institut schon begegnet?
    – Nein.
    – Mit ihm zusammen könnten Sie vielleicht zu beidseitigem Nutzen ein wenig Ordnung in Ihre Gedanken bringen.
    Die Unterhaltung kam anschließend

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