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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eugen Freund
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Nord in Italien. Silvio Berlusconi, so hatte einmal die US-Botschaft in Rom berichtet, mache sogar Sonderbesuche in europäischen Hauptstädten, um die Regierungschefs zu beruhigen, dass Jörg Haider weder die Lega Nord noch die postfaschistische Allianza Nazionale, die beide potenzielle Koalitionspartner für Berlusconi waren, in irgendeiner Weise beeinflusse.
    „Es ist ja interessant, dass selbst unsere US-Medien, die sonst kaum über den Tellerrand blicken, plötzlich Interesse am Landeshauptmann eines kleinen österreichischen Bundeslandes zeigen“, sagte Peter und schüttelte andeutungsweise den Kopf. „Ja, das Schlimmste war die Regierungsbildung der christlichen Volkspartei mit den rechtsgerichteten Freiheitlichen. Da wurde ganz Amerika plötzlich mit einer Facette europäischer Politik konfrontiert, die man längst hinter sich zu haben glaubte. Die CBS-News-Abendnachrichten machten das sogar zu ihrem Aufmacher. Warte, ich habe das Transkript dieser Sendung mitgebracht.“ David stöberte in seinen Unterlagen und zog nach mehreren Fehlversuchen das richtige Blatt hervor: „Erinnerst du dich, wie damals Dan Rather mit Grabesstimme verkündet hat: ,Ein Echo der Nazi- und antisemitischen Vergangenheit löst in Europa Furcht und Zorn aus. Proteste fegen über den Kontinent. Die USA und seine Alliierten schlagen zurück, weil ein ehemaliger Bewunderer von Hitler die Macht in Österreich erlangt.‘“ 1
    1 Original: An echo of the Nazi and Anti-Semitic past sets of fear and anger in Europa. Protests sweep the continent. The US and its allies hit back as a former fan of Hitler gains power in Austria. (CBS News 1. Februar 2000)
    Noch viel irritierender, erzählte David weiter, seien für die USA die Besuche des Kärntner Landeshauptmanns in den arabischen Ländern, in Libyen, im Iran und im Irak gewesen. „Du weißt ja besser als ich, dass wir dort kaum Mitarbeiter unseres eigenen Geheimdienstes hatten und deshalb auf Medienberichte und darauf angewiesen waren, was Haider selbst nach seinen Treffen erzählte.“ David nahm aus einer Mappe ein paar lose Blätter und legte sie auf den Tisch: „Hier ist alles, was ich über seine Besuche gesammelt habe – er scheint die USA richtig zu hassen. Hier“, und er zog ein eng bedrucktes Papier hervor, „hier sagt er zum Beispiel zum Irak-Krieg: ,All diese Beweise sind in der Giftküche der US-Geheimdienste entstanden, die jede Form von getürkten Protokollen und Telefongesprächen produzieren können.‘ Und dann wirft er uns vor, wir hätten ein eigenes Ministerium für Desinformation geschaffen, etwas, hör zu, das ,bisher ein Markenzeichen totalitärer und kommunistischer Regime‘ war.“ Danach zitierte er noch einen Satz aus einem Interview Haiders („Die Amerikaner haben ja immer ein sehr kurzes historisches Gedächtnis: Die vergessen, dass Leute wie Verteidigungsminister Donald Rumsfeld einst gute Geschäfte mit Saddam Hussein gemacht haben und jetzt gebärden sie sich als die größten Kriegstreiber der USA“ 2 ), aber er verkniff sich den Kommentar, dass da auch ein Körnchen Wahrheit dahinter stecken könnte.
    2 Quelle: „Zur Zeit“, Februar 2003
    Weil die Kellnerin gerade mit den beiden Pizzas erschien, räumte David rasch die Papiere vom Tisch, nicht ohne schnell einen verstohlenen Blick auf die langen Beine der jungen Frau zu werfen, die seine Fantasie neuerlich anregten. Erst als sie wieder gegangen war, nahmen die beiden die Konversation wieder auf.
    „Der Mann ist echt gefährlich“, sagte David, und Peter stimmte ihm zu. „Meine Leute sagen das schon seit Jahren – es ist diese giftige Mischung aus Populismus, Charisma und Reichtum – und seine Beziehung zu den Arabern, die ihn mit noch mehr Geld ausstatten, ist auch auffällig –, wir haben aus Wien gehört, dass er aus dem Irak ein paar hunderttausend Dollar mit auf den Weg bekommen hat. Und dann ist da auch noch diese seltsame Beziehung zu Saif Gaddafi, der schwimmt ja auch in Millionen.“
    David sah die Zeit gekommen, den eigentlichen Grund für dieses Treffen anzusprechen. Er schob den Teller mit den Pizzaresten zur Seite, lehnte sich weit über den Tisch, sah sich noch einmal um und flüsterte in Peters Ohr: „Haider kommt nach New York – er wird dort den Marathon laufen. Das wäre eine gute Gelegenheit. Sprechen wir doch einmal mit deinem zuständigen Abteilungsleiter darüber, auch wenn das so ein Fall ist, bei dem beide Agenturen zuständig – oder nicht zuständig –

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