Der Tod des Staatsanwalts (German Edition)
Ich war stets der Ansicht, dass Wiebke und er nur deshalb kinderlos geblieben waren, weil sie aus unerklärlichen Gründen keine bekommen konnten.
Daraufhin erlitt ich einen Nervenzusammen und wollte mir das Leben nehmen. Doch Hermann hatte vorgesorgt und mich in meinem Zimmer eingesperrt. Mein Schreien hörte niemand, da das Grundstück sehr weitläufig und fernab jeden Trubels lag. Als er mich nach Tagen wieder herausließ, rastete ich aus und drohte ihm mit einer Anzeige. Auf Knien flehte er mich an, ihm doch bitte Glauben zu schenken, dass alles nur ein schrecklicher Schicksalsschlag sei. Fortan sprachen wir nicht mehr über dieses Thema. Doch heimlich suchte ich auf dem Anwesen nach einem Anhaltspunkt, wo Hermann meinen kleinen Felix begraben haben konnte. So sehr ich mich auch bemühte, Ich fand ihn nicht.
Innerhalb weniger Wochen alterte ich um viele Jahre. Mein Lebenswille war gebrochen und ich vegetierte vor mich hin. Sobald ich es wagte, das Thema Felix erneut anzuschneiden, reagierte Hermann von Mal zu Mal aggressiver. Ich lernte meinen Bruder von einer ganz anderen Seite kennen und erschreckte auch vor Schlägen nicht zurück. Wortlos ließ ich alles über mich ergehen. Diese Art von Schmerz schien für mich die einzige Möglichkeit zu sein, das innere Leid zu ertragen.“ Aus der Nachttischschublade nahm sie ein Päckchen mit Papiertaschentüchern und faltete eines davon sorgsam auseinander, um sich die Tränen fortzuwischen.
„ Niemand schöpfte Verdacht. Keiner wunderte sich über eine alleinstehende Frau, die ihrem verwitweten Bruder den Haushalt führte und sehr zurückgezogen lebte. Kraftlos und unselbständig, verbrachte ich die überwiegende Zeit meines Lebens innerhalb des Hauses, oder allenfalls im Garten. Nur in Hermanns Begleitung durfte ich das Anwesen verlassen. Manchmal nahm er mich mit zum Einkaufen, oder lud mich zum Essen ein. Es kling so paradox. Er verkörperte nach außen hin den perfekten Gentlemen. Freudlos litt ich jahrelang vor mich hin und verfügte über kein Selbstwertgefühl. Er hatte es mir genommen. Bis eines Tages ein Brief von Thomas im Postkasten steckte, in dem er mir seinen Fortgang in allen Einzelheiten erklärte und mich um Verzeihung bat. Ich glaubte ihm jedes Wort und wollte gemeinsam mit ihm einen Neuanfang starten.
Doch irgendwie bekam Hermann Wind von der Sache und lockte Thomas in eine Falle. Aus seiner Kriminalakte kannte er seine damaligen Freunde, mit denen er in der Vergangenheit diverse Einbrüche begangen hatte. In einem gefälschten Brief gab er sich als Thomas Kumpel Georg aus, der durch eine Erbschaft angeblich an Geld gekommen sei und nun seine alten Spielschulden bei Thomas begleichen wolle. Obwohl Thomas sich an selbige Schulden nicht erinnern konnte, wollte er den Betrag von dreitausend Euro trotzdem nur zu gern in Empfang nehmen. Georg teilte ihm mit, dass er an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit in der Gössinger Sparkasse auf ihn warten würde. Doch anstelle von Georg tauchte ein fremder Mann auf, der ihm ein kleines, verschlossenes Kuvert überreichte, welches er dem Kassierer vorlegen sollte. Angeblich würde sich ein Scheck darin befinden. Auf die Frage nach Georg, bekam er lediglich zur Antwort, dass dieser verhindert sei. Thomas war nie der Typ Mann, der viele Fragen stellte, oder sich unnötige Gedanken machte. Es war wie es war und er nahm es als gegeben hin. Nachdem er durch das Warten ohnehin schon zwanzig Minuten vertrödelt hatte und der Kassierer ihn misstrauisch begutachtete, marschierte er kurzerhand zum Schalter und schob das Kuvert dem schmächtig gebauten Banker zu. Neugierig öffnete dieser selbiges und reagierte aus Thomas Sicht ausgesprochen irritiert und zurückhaltend. Genervt von der ganzen Warterei, forderte Thomas den erblassten Mann auf, ihm endlich das Geld zu geben. Doch der starrte ihn nur unentwegt an und betätigte heimlich mit dem Fuß den Notruf.
Verärgert über das befremdliche Verhalten seines Gegenübers, reagierte Thomas mit lauten Beschimpfungen und merkte viel zu spät, dass die Polizei die Sparkasse stürmte. Von Panik befallen, schnappte er sich eine hinter ihm stehende, ältere Dame und hielt sie wie einen Schutzschild vor sich. Gleichzeitig zückte er das Messer, welches er stets mit sich führte. Bereits nach wenigen Minuten hatten die Beamten ihn überwältigt und führten ihn wie einen Schwerverbrecher ab. Auf der Kriminalpolizeiinspektion erfuhr er von dem Inhalt des Schreibens. Es
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