Der Tod des Staatsanwalts (German Edition)
Beruhigung und der Streifschuss muss ebenfalls versorgt werden.“, rief Daja Cornelius ihren Kollegen zu und versuchte die Tobende zu bändigen.
„ Er hat auf Thomas geschossen!“, brüllte sie und setzte sich mit der Kraft einer Verzweifelten zur Wehr. „Mein Gott. Es hätte doch so schön werden können, aber dieser Idiot musste alles kaputt machen. Warum nur?“, schluchzte sie und ließ unerwartet, kraftlos die Arme sinken. „Ich liebe sie doch alle beide.“ Tränen rannen ihr die Wangen herunter und vermischten sich mit der Wimperntusche. Die Haare hingen ihr wirr ins Gesicht und blieben vereinzelt an den Rinnsalen des Tränengemischs kleben. „Felix, warum hast du das bloß getan?“ Fassungslos schüttelte sie den gesenkten Kopf.
„ Du wagst es wirklich, nach dem Warum zu fragen?“, schrie Felix wütend zu ihr herüber und stampfte mit dem Fuß auf. „Machst einen auf liebevolle Mutter, aber in Wahrheit hast du dich die ganzen Jahre über einen Dreck um mich geschert. Erst als du den fiesen, alten Sack loswerden wolltest, fiel dir ein, dass es ganz praktisch wäre, den eigenen Sohn dafür mit einzuspannen.“ Von Norman und dem Beamten des Kriminaldauerdienstes an den gefesselten Oberarmen festgehalten, versuchte er aus der Ferne, Agnes Meirich anzuspucken.
„ Nein, Felix. Das stimmt so nicht.“, begehrte Agnes Meirich auf. „Solange du auf der Welt bist, habe ich an dich gedacht. Jeden Tag und jede Stunde meines beschissenen Lebens. Habe immer gehofft, dass du noch lebst und ich dich eines Tages wiedersehen werde. Habe davon geträumt, wie schön es wäre, gemeinsam mit dir und deinem Vater in einem Haus zu wohnen, wenn Hermann erst einmal nicht mehr da ist. Wie oft habe ich in den letzten Tagen versucht, dir meine Situation zu erklären.“
„ Wie oft habe ich in den letzen Tagen versucht, …“, äffte Felix Meirich sie nach. „Ich kann es nicht mehr hören. Schon vor langer Zeit habe ich den Entschluss gefasst, mich an euch zu rächen für das, was ihr mir angetan habt. Weißt du überhaupt, was ich in den Heimen durchmachen musste? Nee, davon hast du absolut keine Ahnung. Aber es hat dich auch einen feuchten Kehricht interessiert, oder? Hauptsache, dir und dem werten Herrn Staatsanwalt ging es gut.“ Zornig zerrte er an seinen Fesseln und versuchte die Arme freizubekommen.
„ Nein, nein, so war das nicht.“ Schluchzend verbarg Agnes Meirich ihr Gesicht in den Händen. „Wenn du glaubst, dass es mir bei meinem Bruder gutging, dann irrst du dich gewaltig. Er war derjenige, der mir deinen Tod suggeriert hat. Er hat mich wie eine Leineigene behandelt und duldete niemals Widerspruch. Sobald ich es gewagt habe, mich seinen Anweisungen zu widersetzen, musste ich hinterher seinen Zorn ausbaden. Er war nicht der gütige, ältere Herr, für den ihn alle gehalten haben und auch nicht der ehrenwerte Staatsanwalt. Nein, das war er ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Nur nach außen hin spielte er den seriösen, integeren Oberstaatsanwalt mit der weißen Weste. In Wirklichkeit aber war er verantwortlich dafür, dass dein Vater vier Jahre seines Lebens hinter Gittern verbringen musste. Nur weil er ihn nicht leiden konnte und befürchten musste, dass er seinetwegen nicht zum Oberstaatsanwalt befördert wird. So oft es ging, habe ich nach dir gesucht, weil ich nicht glauben konnte und wollte, dass du tot bist. Aber mir waren die Hände gebunden, weil er alles so eingefädelt hatte, dass es keinerlei Spuren über deinen Verbleib gab.“
Das Gespräch zwischen den beiden gestaltete sich ausgesprochen interessant für die Kriminalbeamten, die einfach nur den Dialogen lauschten. Scheinbar nebensächlich erfuhren sie von dem Drama, das innerhalb der Familie des Staatsanwalts stattgefunden hatte. Inzwischen war der Rettungswagen eingetroffen. Ein Notarzt der Besatzung stellte den Tod Bräusperichs fest und versorgte anschließend Agnes Meirichs blutende Wunde am Arm. Zusätzlich verabreichte er ihr eine Beruhigungsspritze. Als sie vom Tod ihres Geliebten erfuhr, erlitt sie einen Nervenzusammenbruch und musste in die Klinik eingewiesen werden.
Freitag, 02. November 2013, 09.30 Uhr
Nachdem Oberkommissarin Daja Cornelius mit dem behandelnden Arzt gesprochen hatte, wurde sie zum Zimmer der Patientin vorgelassen. An der Tür begrüßte sie zunächst den Kollegen der Schutzpolizei, welcher zu Agnes Weirichs Überwachung eingeteilt war. Blass und schmal lag die Frau in dem weiß bezogenen Bett. Ihre
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