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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Winter vierzehn Tage zu mir einladen.«
    »Oh, Onkel Paul!« rief sie entflammt, und ihre Augen leuchteten auf, »du wirst mich zum Filmball führen und zu Redouten und Maskenbällen...«
    Mir wurde ein wenig schwül, denn ich hatte eigentlich an ein Bildungs- und nicht an das Vergnügungsprogramm gedacht, das Hansi vorzuschweben schien. Statt der Theaterabende mit einer Flasche Mosel zum Abschluß sah ich mich von Fest zu Fest geschleppt im Wirbel der Amüsierindustrie, einsam auf verlorenem Posten bei miserablen Getränken und irrsinnigen Preisen, und womöglich noch von diesem vergnügungssüchtigen Geschöpf bis in die frühen Morgenstunden und bis zum Zusammenbruch über das Parkett geschwenkt. Glücklicherweise ersparte mir Dandy die Antwort, denn Sofies Hühner, von einem mächtigen Wyandott-Hahn geführt, erschienen auf dem Hof und wurden von Dandy sofort angenommen; sie flohen unter ohrenbetäubendem Geschrei davon, nur der Hahn stellte sich Dandy entgegen. Der wiederum bekam vor diesem unerwarteten Widerstand Angst und zog den Schwanz ein, als der Hahn auf ihn losging und drauf und dran war, ihn mit Sporen- und Schnabelhieben zu bearbeiten. Da das Duell für Dandy leicht mit dem Verlust eines Auges enden konnte, ging Hansi dazwischen und rettete den Hund, indem sie den alten bösen Hahn mit Geschrei und Steinwürfen hinter das Haus jagte. Derweil kam Alexander mit meinem Wagen und dem leeren Fischkasten zurück; er hatte die Aale, achtundzwanzig Pfund, für drei Mark pro Kilo in Altenbruck an die Küche der »Alten Post« verkauft. Ein ganz hübsches Taschengeld für ihn, zu dem er sonst nur in den Ferien kam. Es war zu befürchten, daß er jetzt, da er dauernd daheim war, diese Verdienstquelle so fleißig anzapfen würde, bis der See abgefischt war. Der leicht erworbene Reichtum, von dem er Hansi großzügig einen kleinen Teil abgab, schien seine düstere Laune geglättet zu haben.
    »Du hast deine Mutter unterwegs getroffen, nicht wahr?«
    Er sah mir frei ins Gesicht. »Ich war ein Idiot, Onkel Paul, nimm es mir nicht übel und denk nicht mehr daran.«
    »Daß du es endlich selber einsiehst«, sagte Hansi beifällig. »Aber woran soll Onkel Paul nicht mehr denken?«
    »Das waren Männerangelegenheiten!« sagte er. »Nichts für dich und nichts, was dich etwas angeht.« Er hob den Hund am Genick empor und untersuchte ihn sorgfältig. »Das hat man davon, wenn man Frauen einen Hund aussuchen läßt«, brummte er und hielt mir Dandys linke Hinterpfote entgegen. »Eine Wolfsklaue! Man muß sie gleich wegnehmen lassen.«
    Er kam nicht dazu, sich über sein Mißtrauen allem gegenüber, was Röcke trug, weiter auszulassen, denn Sofie rief uns zum Essen ins Haus. Ja, es gab »Aal jrün mit Jurkensalat«, und Sofie hatte wieder einmal eine Meisterleistung vollbracht, aber man brauchte den Magen eines Nilpferds, um mit dem schweren Gericht fertig zu werden. Auch nach den beiden Schnäpsen, die ich mir nach dem Essen einverleibte, hatte ich das Gefühl, Blei gespeist zu haben. Victoria Textor brach bald nach dem Essen auf. Ich selber nahm noch den Kaffee auf Pertach ein und machte mich dann auf den Heimweg. Es waren strapaziöse Stunden gewesen, die ich mit Alex und Hansi verbracht hatte, denn wir waren jedem Gespräch ausgewichen, das die Dinge berührte, die uns innerlich bewegten.
    Ein paar Tage lang vergrub ich mich völlig in meine Arbeit; es gelang mir, die schwierige Passage zu überwinden, die darin lag, Traum und Wirklichkeit so ineinander zu verstricken, daß der Leser der Handlung mit Spannung folgte und bis zur Lösung des Knotens darüber im ungewissen blieb, ob der manische Wunsch, einen Mann zu rächen, tatsächlich ein Echo und eine vollstreckende Hand gefunden hatte. Es war eine interessante Arbeit, und sie fesselte mich selber so sehr, daß ich an meinen Vorsatz, Wildermuth anzurufen, erst wieder dachte, als mir durch einen Zufall Alexanders Brief in die Hände kam. Ich rief seine Dienststelle an und bekam ihn sofort an den Apparat.
    »Eine merkwürdige Geschichte, lieber Wildermuth... Ich habe vor ein paar Tagen von Alexander Textor, dem Sohn meines Freundes, den Sie bei Ihrem Besuch auf Pertach kennengelernt haben, einen Brief mit einer Mitteilung bekommen, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Alexander schrieb mir, Manueli wäre zwei Tage vor seinem Tod in Schloß Wartaweil aufgetaucht, einem Landschulheim, das Alexander in den letzten Jahren besucht hat. Manueli hätte sich dort unter dem

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