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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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mitgenommen hat. Na, das wäre zum erstenmal, daß er bewaffnet auf Reisen geht. Und da wurde sie kreidebleich und kriegte das Zittern, daß ich dachte, sie würde mir im nächsten Moment umkippen. Und zum Schluß schrie sie mich an, was ich im Schreibtisch von Paps herumzuschnüffeln hätte — und überhaupt wäre die Pistole schon seit einem guten Jahr nicht mehr im Haus, denn Paps hätte sie einem Amerikaner geschenkt, der sie durchaus haben wollte. Aber das ist Quatsch, denn ich habe noch in den letzten Herbstferien damit auf Kaninchen geschossen. Und nun reißt du mir fast die Hose herunter und schreist mich auch an... Was ist bloß los?«
    »Was los ist? Nicht mehr und nicht weniger, als daß Manueli mit einer Waltherpistole erschossen worden ist. Wußtest du das nicht?«
    »Ich hatte keine Ahnung«, stammelte er bestürzt und starrte mich an, als wäre ich jener Herr von Perting, der angeblich als Gespenst nächtlicherweile durchs Georgischlößl geisterte. »Aber das ist doch glatter Wahnsinn! Dann hätte ja Vimmy oder Paps...«Er stockte, vollendete den Satz nicht und wurde so blaß, daß ich glaubte, ihm würde übel.
    »Unsinn!« sagte ich scharf. »Wenn deine Mutter behauptet, daß die Pistole schon seit längerer Zeit nicht mehr im Hause sei, dann stimmt das, hast du mich verstanden?«
    »Aber ich weiß doch genau, daß ich noch im Herbst...«
    »Im Herbst! Das ist jetzt fast ein Dreivierteljahr her! Das steht zu dem, was deine Mutter dir gesagt hat, nicht im Widerspruch!«
    Er riß sich plötzlich los, rannte ins Haus hinein und kam nach einer knappen Minute wieder zurück. Sein Gang war so schleppend wie seine Stimme.
    »Du kannst mir sagen, was du willst, Onkel Paul — hier ist etwas Furchtbares geschehen. Die Beschreibung der Pistole und das schwarze Pappkästchen, worin sie lag, sind jetzt auch weggeräumt worden! Mein Gott, ich kann Vimmy nicht mehr in die Augen sehen...«
    »Willst du damit etwa sagen, daß du deiner Mutter den Mord an Manueli zutraust?« fuhr ich ihn an.
    Er strich mit allen zehn Fingern durch sein dichtes Haar und strählte es mit solch einer verzweifelten Kraft zurück, daß er die Haut der Stirn mit nach oben schob und einen völlig veränderten Gesichtsausdruck bekam.
    »Ich weiß es nicht! Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich denken soll. Mir ist ganz schlecht, mir ist so schlecht, daß ich speien könnte...«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage! Wenn du glaubst, deiner Mutter nicht mehr in die Augen sehen zu können, weil du sie für eine Mörderin hältst, dann ist es besser, du kippst die Aale ins Bassin oder in den See zurück, und wir verlassen Pertach sofort. Dann darfst du bei mir über meine Frage nachdenken und brauchst deiner Mutter nicht eher unter die Augen zu treten, bis du dich über deine Stellung zu ihr entschieden hast. Ich mache dir dieses Angebot ernsthaft!«
    Er stand langaufgeschossen und noch knabenhaft schmal mit tief gesenktem Kopf vor mir und starrte zu Boden.
    »Wie erklärst du dir dann...«
    »Ich kann dir nichts erklären!« unterbrach ich ihn scharf. »Das ist im Augenblick keine Frage des Verstandes, sondern des Vertrauens! Also los! Steig ein, wir fahren!«
    Er hob langsam den Kopf und sah mich mit schwimmenden Augen wie ein junger Hund an, dem ein kleines Malheur passiert war. »Du bist wie eine Axt«, sagte er und kratzte sich verlegen das Gesicht. »Natürlich bleibe ich hier — jetzt gerade... Vimmy... Du hast natürlich recht... Ich muß den Verstand verloren haben, daß ich an Vimmy zu zweifeln begann...«
    »Hau jetzt ab«, sagte ich barsch, »und liefere deine Aale in Altenbrück ab. Aber spring vorher noch einmal ins Wasser und lüfte dir den Schädel aus. Der Wagen ist nicht mehr stabil genug, um gegen einen Baum gefahren zu werden.«
    Ich gab ihm einen kräftigen Rippenstoß und versuchte auch noch, ihm einen freundschaftlichen Tritt in den Hintern zu versetzen, aber er war schneller und lief zum Wasser hinunter, wo er die Hose fallen ließ und sich kopfüber in den See stürzte. Ich ging in sein Zimmer hinauf und zog mich wieder an. Die forsche Haltung, die ich unten gezeigt hatte, fiel wie Plunder von mir ab, und das Herz lag mir wie ein Stück Blei in der Brust. Ich entsann mich des Gespräches, das ich mit Veitl im »Botenwirt« geführt hatte, so deutlich, daß ich jedes Wort hätte wiederholen können.
    Es gab keinen Zweifel. Manueli war mit einer Waltherpistole erschossen worden.
    Ob Wildermuth gefragt hatte, was

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