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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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unterbrach er mich erregt.
    »Nur, daß Manueli in Schloß Wartaweil gewesen ist. Er ist völlig ahnungslos, welche Rolle Manueli in seinem Leben spielt. Vor etwa zehn Tagen bekam er ein Bild von Manueli zu sehen und erinnerte sich des Gesichts natürlich sofort. Ohne Vicky und Hansi gegenüber etwas verlauten zu lassen, vertraute er sich mir an und fragte mich, ob ich ihm dieses merkwürdige Zusammentreffen — Manueli auf Wartaweil und in Achenreuth — erklären könne. Ich hatte natürlich keine Ahnung von den Zusammenhängen und rätselte selber vergeblich daran herum. Da ich Manuelis Vorwand, unter dem er in Wartaweil auftauchte, für eine Erfindung hielt und seinen Besuch auf Pertach für keinen puren Zufall, habe ich Wildermuth mit Alexanders Einverständnis davon in Kenntnis gesetzt.«
    Textor preßte die Fingerspitzen zusammen, seine Hände zitterten ein wenig. »Damit haben Sie Wildermuth wahrscheinlich auf die richtige Fährte gesetzt.« Rasch, ehe ich dazu kam etwas zu sagen, fiel er mir ins Wort: »Nein, nein, lieber Freund, ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus! Sie konnten die Zusammenhänge ja nicht ahnen, und Sie haben nur das getan, was ich an Ihrer Stelle genauso getan hätte. Wichtig ist mir jetzt nur eines: Wann haben Sie Herrn Wildermuth diese Geschichte erzählt?«
    Ich rechnete kurz zurück: »Genau vor drei Tagen.«
    »Und wie reagierte er darauf?«
    Ich entsann mich des Gesprächs, das ich mit Wildermuth geführt hatte, mit voller Deutlichkeit und wußte plötzlich, was sein seltsames Verhalten zu bedeuten gehabt hatte. Er hatte im gleichen Augenblick, in dem ich ihm von Manuelis Besuch auf Wartaweil erzählte, die Spur gewittert.
    »Bei dem Apparat, der ihm zur Verfügung steht«, sagte Stephan Textor und sprach damit fast wortgetreu die Gedanken aus, die mir durch den Kopf gingen, »wird es nicht allzu lange dauern, bis Wildermuth über Manuelis Verhältnis zu Alexander Bescheid weiß. Wenn Victoria auch bei der standesamtlichen Anmeldung der Geburt den Namen des Vaters nicht angegeben hat, so wird Wildermuth doch die richtigen Zusammenhänge ahnen, sobald er erfährt, daß Alex von mir nur adoptiert worden ist. Und wenn er weiterforscht und Victorias Schicksal zurückverfolgt, dann wird er auch auf ein paar Bekannte von ihr stoßen, sie sich ihrer Beziehungen zu Borda-Manueli entsinnen. Ich wundere mich fast, daß wir dem Klatsch, so lange wir verheiratet sind, vollkommen entgehen konnten. Oder haben Sie etwa Bescheid gewußt, Paul?«
    »Ich habe von allen diesen Dingen keine Ahnung gehabt.«
    »Damals war Victoria in Hamburg engagiert. Wir haben uns später in Stuttgart und Heidelberg aufgehalten, und schließlich zogen wir uns nicht ohne Grund in die Einsamkeit von Pertach zurück.«
    Er versuchte das Haar zurückzustreichen, das seinen Schädel eisengrau und wirr umstand.
    »Aber lassen Sie mich fortfahren. Ich war bei dem letzten Brief von Manueli stehengeblieben, den er Victoria aus Kopenhagen sandte, wo er ein Gastspiel in einem Zirkus gab. Ich erwiderte ihm in Vickys Auftrag, daß sie ihre Beziehungen zu ihm vor mehr als zwanzig Jahren endgültig abgebrochen habe und daß sie sich jede Einmischung von ihm in ihr Leben und in das Leben von Alexander jetzt und für alle Zukunft ebenso entschieden wie jede weitere Korrespondenz in dieser Angelegenheit verbäte. Den Scheck ließen wir zugleich mit dem Brief zurückgehen. Wir hofften, damit von weiteren Belästigungen verschont zu bleiben, insgeheim aber befürchteten wir, Manueli könne sich nunmehr mit Alexander direkt in Verbindung setzen. Wir hatten die Absicht, Alex sogleich von der Schule zu nehmen und nach Pertach kommen zu lassen, aber wir ließen diesen Gedanken fallen, da es eine absolute Sicherheit, eine Begegnung Alexanders mit Manueli zu verhindern, nirgends gab.«
    Ich hatte nun einen Teil seiner Geschichte gehört, den entscheidenden vielleicht, denn den Schluß konnte ich mir bei einiger Phantasie selber ausmalen. Ich verstand, daß Stephan Textor nach allem, was geschehen war, Manueli haßte, um so mehr haßte, da er seine Frau von ganzem Herzen liebte. In seinem Haß mochte auch eine heimliche Eifersucht mitspielen; denn wenn alle Frauen ihre Nachfolgerinnen sehnsüchtig zum Teufel wünschen, so möchte ein Mann alle jene in die Hölle schicken, die vor ihm der Frau, die er liebt, nahestanden. Aber wenn man dieses psychologische Motiv ausschloß, so blieb als Hauptargument für die letzte Abrechnung die ständige

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