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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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sofort selbstmörderisch ins Licht stürzte und wieder auf dem Pergamentschirm zu pauken begann. Wildermuth legte Stephan Textors Geständnis beiseite und griff nach dem rot eingehefteten Aktenband, dessen schwarzumrandetes Schulheftschild in sorgfältiger Rundschrift den Vermerk Mordsache Borda-Manueli trug.
    »Ich muß Ihnen eine Mitteilung machen, lieber Herr van Doorn, die Sie sicherlich sehr merkwürdig berühren wird. Zum Fall Manueli liegen jetzt zwei Geständnisse vor.«
    Ich blickte überrascht auf und sah ihn fragend an.
    »Ja, heute vormittag hat Frau Victoria Textor vor dem Untersuchungsrichter in Altenbruck das Geständnis zu Protokoll gegeben, daß sie Manueli in der Garage des >Botenwirt< etwa um elf Uhr abends erschossen habe. Das Geständnis, mir telefonisch durchgegeben, liegt hier bei der Akte.«
    »Das ist doch ein Witz!« stammelte ich bestürzt.
    Er schüttelte den Kopf und trommelte mit den Fingerspitzen auf der Tischplatte.
    »Durchaus nicht! Es ist ein sehr klares und sachliches Geständnis, das sich im ersten Teil von dem Geständnis Ihres Freundes Stephan Textor nicht wesentlich unterscheidet. Sie entsinnen sich Ihres Anrufes, in dem Sie mir mitteilten, daß Manueli überraschend auf Schloß Wartaweil erschienen sei und mit Alexander Textor gesprochen habe?«
    »Natürlich entsinne ich mich dieses Anrufs.«
    »Ich wußte im gleichen Augenblick, daß diese Mitteilung von größter Bedeutung war, und ich wußte auch, daß sie mich auf die Spur des Täters bringen würde. Sie stellte die Verbindung zwischen dem Mörder und dem Opfer her, nach der ich bisher vergeblich gesucht hatte. Es war nicht allzuschwierig, den Weg Ihrer Freunde Textor zurückzuverfolgen und festzustellen, daß Stephan Textor nur der Adoptivvater seines Sohnes Alexander war, und es war auch nicht schwer, festzustellen, daß Frau Victoria Textor vor ihrer Ehe zu ihrem Schauspielerkollegen Borda-Manueli in nahen Beziehungen stand. Zwar war der Name des Vaters ihres Sohnes in den standesamtlichen Unterlagen, die ich mir zur Einsicht kommen ließ, nicht angegeben, aber ich fand noch genug Kollegen von Frau Textor, die sich an jene Zeit in Hamburg erinnerten und mit Sicherheit behaupteten, daß niemand anderer als Borda-Manueli für die Vaterschaft in Betracht käme. Ich gab das Ergebnis meiner Untersuchung pflichtgemäß an die Staatsanwaltschaft in Altenbruck weiter, und dem Staatsanwalt erschien dieses Ergebnis bedeutungsvoll genug, um die Verhaftung von Frau Textor zu veranlassen. Nun, das Geständnis von Frau Textor — an deren Täterschaft ich persönlich stark zweifelte — hat Staatsanwalt Lebedur recht gegeben. «
    Er schlug mit der flachen Hand leicht auf das Aktenbündel.
    »Aber lesen Sie selbst! Ersparen Sie sich die ersten Seiten des Protokolls, die sich inhaltlich genau mit Textors Aussagen decken, und beginnen Sie etwa hier...« Er deutete mit dem Finger auf die Mitte der vierten Seite eines Berichtes, der ihm von der Staatsanwaltschaft in Altenbruck telefonisch durchgegeben worden war. Ich überflog ein paar Zeilen und las:
    »Nachdem mein Mann das Haus in großer Erregung verlassen hatte, blieb ich allein. In dieser Stunde festigte sich mein Entschluß, den Menschen aus dem Weg zu räumen, der meine sehr glückliche Ehe mit Stephan Textor von Anfang an bedroht und Jahre hindurch beunruhigt hatte, der bei seinem letzten Besuch mir den schamlosen Antrag machte, Stephan Textor zu verlassen, der mich erpreßt und gequält hatte und nun noch den Frieden meines Sohnes Alexander stören wollte. Ich sah keinen anderen Ausweg als den, Manueli zu töten. Im Schreibtisch meines Mannes lagen zwei Revolver, ein größerer mit einer Trommel, mit dem ich nicht umzugehen verstand, und ein kleinerer, aus dem ich schon einige Male mit meinem Mann und mit Freunden unseres Hauses nach der Scheibe geschossen hatte. Diesen Revolver nahm ich an mich. Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, daß meine Tochter Johanna schlief und daß sich unsere langjährige Haushälterin Sofie ebenfalls in ihrem Zimmer befand, verließ ich das Haus mit dem mir zur Verfügung stehenden Wagen und fuhr nach Achenreuth. Obwohl ich sehr erregt war, befand ich mich in einem Zustand absoluter Klarheit, ja, ich möchte sagen, erhöhter Eindrucksfähigkeit und eines erhöhten Verantwortungsbewußtseins. Ich parkte neben dem Gasthaus >Zum Botenwirt<, in dem Borda-Manueli ein Zimmer genommen hatte und übernachten wollte, um meine Entscheidung wegen seiner

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