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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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will?«
    Er bleckte seine starken weißen Zähne.
    »Nicht unbedingt. Ich weiß nicht, wer von beiden die Wahrheit gesagt hat. Ich sehe vier Möglichkeiten. Einmal können beide zusammen Manueli erschossen haben, wobei es im Augenblick ziemlich gleichgültig ist, wer von ihnen die tödlichen Schüsse abgefeuert hat. Zweitens kann es Victoria Textor getan haben. Drittens Ihr Freund Stephan Textor...«
    Er zögerte einen Augenblick und sah mich an, als ob er mir ein Rätsel aufgegeben habe und auf meine Lösung warte.
    »Es bleibt nur eine Möglichkeit offen: daß es nämlich keiner von beiden getan hat!«
    »Dann müßte es ein anderer getan haben.«
    »Natürlich, Sie kluges Kind — damit finge das ganze Spiel wieder von vorn an. Also halten wir uns lieber an die Geständnisse der beiden.«
    »Was sollte also Ihr ganzer kunstvoller Exkurs? Seien Sie mir nicht böse, Wildermuth, aber Sie haben da Theorien entwickelt, die Sie mir lieber für meine Krimis überlassen sollten. In einem Schmöker mag sich das ganz interessant machen, aber am praktischen Fall, an dem ich doch stark mit dem Herzen beteiligt bin, geht mir solch eine Gedankenspielerei gegen den Strich.«
    »Ich muß an alle Möglichkeiten denken«, sagte er sehr ernst und wollte noch etwas hinzufügen, aber er wurde durch das Läuten des Telefons unterbrochen.
    »Das könnte Veitl sein«, murmelte er nach einem Blick auf die Uhr und nahm den Hörer ab. Und dann nickte er mir zu, um mir zu sagen, daß er sich in der Annahme, das Gespräch käme aus Achenreuth, nicht getäuscht habe. Den Hörer zwischen Kopf und Schulter geklemmt, zog er sich einen Block heran und bedeckte ihn, dem Gespräch lauschend, mit stenographischen Notizen.
    »Tatsächlich«, sagte er schließlich, nachdem er sich bei Veitl bedankt, ihm einen Gruß von mir bestellt und abgehängt hatte, »Textors Geschichte stimmt. Auf die Zeit und auf die Unterhaltung mit Textor kann sich der Hausknecht vom >Botenwirt< nicht mehr besinnen. Es ist möglich, daß Textor ihn gefragt hat, ob Manueli im Hause sei. Wohl aber besinnt sich der Bursche auf den Fünfmarkschein, den Textor ihm in die Hand gedrückt hat und den er noch am selben Abend in vier Maß Bier umgesetzt hat, so daß er wie ein Stein ins Bett gefallen ist.«
    »Was sagt Veitls Meldung Ihnen? Sie bringt uns nichts Neues. Ist nun Stephan Textor der Täter?« Wildermuth antwortete mir nicht. Er heftete den Zettel mit seinen Notizen mit einer Büroklammer an die Akte. Seine Zigarre war bis auf einen kleinen Rest heruntergebrannt, den er im Aschenbecher sorgfältig zerdrückte.
    »Ich meine, wir nehmen noch einen Schnaps«, sagte er.
    »Ich habe nichts dagegen.«
    Er schenkte die Gläser zum zweitenmal voll und wärmte seins zwischen den Händen an, obwohl der Kognak zimmerwarm war.
    »Sagen Sie mal, lieber van Doorn, wie lange kennen Sie die Textors eigentlich?«
    »Seit rund fünfzehn Jahren«, antwortete ich und sah ihn fragend an, da mir nicht klar wurde, worauf er hinauswollte.
    »Wie sind Sie zu der Freundschaft gekommen?«
    »Durch einen Schachklub, dessen Mitglied ich war, und in den Stephan Textor damals als Gast eintrat. Er hatte zu jener Zeit Pertach erworben und lud mich, nachdem wir uns einige Wochen lang berochen und einander nicht gerade unsympathisch gefunden hatten, nach Pertach ein. Damals war Victoria Textor noch keine dreißig Jahre alt. Eine bildschöne und wundervolle Frau.«
    »Er ist fast zwanzig Jahre älter als sie, nicht wahr?«
    »Genau siebzehn Jahre älter.«
    »Aber ein Mann wie ein Gummiball«, bemerkte Wildermuth mit einem kleinen Grinsen und ließ die Hand wie einen Ball über den Tisch hüpfen.
    »Man spürte den Altersunterschied durchaus nicht!« sagte ich ein wenig pikiert.
    »Oh, ich finde, es ist durchaus in Ordnung, wenn der Mann ein gut Teil älter ist als die Frau. Es kommt natürlich auf den Mann an.«
    »So, finden Sie das richtig?« fragte ich interessiert.
    »Nun, ich selbst bin fünfzehn Jahre älter als meine Frau, und ich hoffe, daß nicht nur ich Grund habe, in meiner Ehe zufrieden zu sein. Aber weshalb schauen Sie mich eigentlich so merkwürdig interessiert an?«
    »Tat ich das? Sie müssen sich geirrt haben. Die Frage ist für mich ohne jedes Interesse.«
    »Also schön, erzählen Sie weiter. Sie waren dabei stehengeblieben, daß Textor Sie nach Pertach einlud. Um Schach zu spielen?«
    »Gewiß auch das. Aber mehr lag ihm dabei wohl daran, daß seine Frau in der Einsamkeit von Pertach ein

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