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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Mord doch zum mindesten ihn selber zeitlebens aufs schwerste belasten und das Verhältnis zu seiner Frau zerstören — denn ihr konnte ja nicht verborgen bleiben, wer der Täter war. Fand aber das Verbrechen seine Aufklärung, und damit mußte er als intelligenter Mensch rechnen, dann hatte die unselige Tat die völlige Zerstörung seiner Familie zur Folge. Genau das Gegenteil von dem, was er erreichen wollte, mußte eintreten. Nicht nur, daß Alexander erfuhr, wer sein Vater war, zwangsläufig mußte er entdecken, daß Stephan Textor, den er als Vater hatte, zum Mörder an seinem wirklichen Erzeuger geworden war. Was für eine Verwirrung mußte daraus in der Seele des Jungen entstehen!« Ich hob die Arme und ließ sie mutlos sinken.
    »Sehen Sie, Wildermuth, ich habe mich bemüht, in dem Bericht, den Textor mir diktierte, einen logischen Bruch zu finden, weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, daß er zum Mörder geworden sein sollte. Ich habe den Bruch nicht entdeckt. Es ist alles grauenhaft folgerichtig und lückenlos geschildert, und zwei Selbstmordversuche stehen am Ende seiner Tat, jener vor drei Wochen, als er mit seinem Wagen in den parkenden Laster raste, und der heutige mit Veronal. Sie vermissen die Logik in seiner Tat, und weil ich sie genauso wenig entdecken kann wie Sie, gibt es für mich nur eine Erklärung: daß Textor nicht vor ein Gericht, sondern vor einen Psychiater gehört!«
    »Hm, und was halten Sie von dem Geständnis von Frau Textor? «
    »Genau das, was Sie davon halten.«
    »Halt!« rief er rasch. »Nehmen Sie das, was ich vorher gesagt habe, nicht allzu wörtlich. Daß ich ihrem Geständnis mißtraue und darin eine Gluckenhaltung sehe, mit der sie Textor unter ihre Fittiche nehmen will, ist nichts als Hypothese. Gewiß, noch weniger als ihm ist es ihr zuzutrauen, daß sie den Vater ihres Sohnes umbringt; und alles, was Sie vorher für Textor anführten, trifft für Frau Victoria noch in verstärktem Maße zu. Aber eines wollen wir nicht übersehen: daß nämlich das Geständnis von Victoria Textor die größere Wahrscheinlichkeit in sich birgt. Ihre Unternehmungen sind spontaner. Sie sind fast das Schulbeispiel einer Affekthandlung. Gut, sie würgt ein paar Stunden lang an dem Schock herum, den ihr der Besuch Manuelis und seine Unverschämtheiten versetzt haben. Aber dann erfolgt alles Weitere im Verlauf einer knappen halben Stunde. Bemerkenswert an beiden Geständnissen ist, daß sowohl Textor als auch seine Frau mehrmals betonen, bei klarem Bewußtsein gehandelt zu haben und für ihre Tat voll verantwortlich zu sein.«
    Er griff zum zweitenmal in die Zigarrenkiste und köpfte die nächste Brasil mit einem Patentabschneider, in dem eine alte Rasierklinge steckte.
    »Sagen Sie mal, van Doorn«, fragte er plötzlich, »haben Sie eigentlich schon öfter davon gehört oder gelesen, daß jemand diesen seltsamen Weg einschlägt, um sich um die Ecke zu bringen? Ich meine den Selbstmordversuch mit dem Auto. Es ist nämlich eine merkwürdige Tatsache, daß alle Selbstmörder eine seltsame Scheu davor haben, Dinge zu zerstören. Niemand erschießt sich durch die Jacke oder durchs Hemd. Niemand, der sich die Pulsadern durchschneidet, befleckt dabei einen wertvollen Teppich. Und daß sich gelegentlich Gasexplosionen ereignen, liegt an einem Umstand, den der betreffende Selbstmörder nicht in Betracht gezogen hat, daß nämlich der Funke einer Klingelleitung oder eines Lichtschalters die Explosion hervorruft.«
    Er unterbrach seinen Exkurs, um seine Zigarre anzuzünden, aber in dem Augenblick, in dem er das Zündholz aufflammen ließ, läutete das Telefon. Er blies die Flamme aus, griff nach dem Hörer und reichte mir, als wüßte er, daß es sich nur um einen Anruf aus der Klinik handeln könnte, den zweiten Hörer hinüber. Drüben war Dr. Körner am Apparat, und mir schlug das Herz bis zum Hals.
    »Herr Kriminalrat Wildermuth?«
    »Ja, am Apparat. Nun, Herr Doktor, wie steht es mit Herrn Textor?«
    »Falls uns sein Herz keinen Streich spielt, hoffen wir, ihn durchzubringen. Er ist jetzt bei Bewußtsein, mit Unterbrechungen allerdings. Herr Professor Salfrank ist inzwischen eingetroffen und bemüht sich persönlich um den Patienten.«
    »Ich danke Ihnen für diese Nachricht. Haben Sie mir sonst noch etwas mitzuteilen?«
    Der Arzt zögerte sekundenlang. »Ja... Ich nehme fast an, daß Sie sich dafür interessieren werden. Wir fanden auf dem Tisch einen Brief, das heißt, einen Zettel mit ein

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