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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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geschweige denn, ihnen den Lebensstil bieten, den sie gewöhnt sind?“
    Und genau deshalb bist du der Mordverdächtige Nummer eins, dachte Gustav.
    „Wir werden deine Tochter finden. Aber du musst mir helfen. Ich möcht mit ein paar Leuten im Wurstelprater reden. Vielleicht verraten sie dir eher was als mir.“
    „Ja klar, machen wir.“
    Freddy bestellte ein drittes Bier und fuhr fort zu lamentieren.
    „Als Margarete von mir schwanger wurde, hat man mich zum Militär eingezogen.“
    „Bei welcher Kompanie warst du?“
    „Beim Dragonerregiment Kaiser Ferdinand Nr. 4, stationiert in Enns.“
    „Hast du eine Masen gehabt!“
    „Wieso? Das war kein Honiglecken. Drei Jahre hab ich bei der Kavallerie verschissen, dabei hab ich’s gerade mal zum Leutnant gebracht. In der Zeit hätt ich ein halbes Dutzend Rennen gewinnen und genügend Marie verdienen können, um Margarete zu heiraten.“
    „Ich bin acht Jahre in den trostlosesten Nestern an der Grenze zum russischen Reich herumgesessen. Die einzige Abwechslung boten die provinziellen Kaffeehäuser, in denen die Damen der dortigen besseren Gesellschaft, lauter vertrocknete alte Hutblumen, nachmittags ihren Kaffee oder eine heiße Schokolade schlürften und im Sommer Unmengen von Gefrorenem vertilgten. Nicht einmal die Neue Freie Presse lag dort auf, dafür jede Menge reaktionäre und uninteressante Regionalblättchen. Ich erinnere mich mit Schaudern an die todlangweiligen Dominopartien mit meinen Kameraden. Höchst selten fand sich einer, der halbwegs tarockieren oder Billard spielen konnte. Das nenn ich vergeudete Jahre! Kein Krieg weit und breit, Tag und Nacht exerzieren und all diese langwierigen, komplizierten Manöver. Besonders im Winter hab ich gedacht, ich werd wahnsinnig. Kälte, Dreck und Dunkelheit, Monat für Monat!“
    „Glaubst, in Enns war’s besser? Nebel, nichts als Nebel im Herbst, und im Winter war’s dort auch saukalt. Der kleine Kanonenofen in meiner Bude spuckte mehr Rauch als Wärme aus. Und diese Scheiß-Signalhörner und das Hufgetrappel hab ich bis heute in den Ohren.“
    „Kein Wunder als Jockey“, murmelte Gustav.
    Freddy schien seinen Einwurf nicht gehört zu haben.
    „Außerdem war ich der einzige Normalsterbliche. Hatte lauter dekadente Kameraden. Hauptsache, sie sahen auf den Rössern gut aus, reiten konnte keiner von diesen vertrottelten Adeligen. – Pardon, du bist ja auch einer …, ich mein von Adel, oder?“
    „Lass es gut sein, Feddy, trinken wir auf die vertrottelten Adeligen, auf die Décadence und die glorreiche österreichisch-ungarische Armee!“
    Nach dem dritten Bier rafften sie sich endlich dazu auf, gemeinsam einige Budenbesitzer und kleinere Gauner zu befragen, die tatsächlich viel auskunftsfreudiger waren als an dem Tag, als Gustav sie allein auszufragen versucht hatte.
    Sie redeten alle wie aufgezogen, plapperten aber nur so dahin. Keiner hatte interessante Informationen für sie.
    Während sie durch den Vergnügungspark spazierten, hatte Gustav wieder das Gefühl, verfolgt zu werden. Er drehte sich mehrmals um, entdeckte aber kein verdächtiges Subjekt unter den Menschenmassen, die sich durch den Wurstelprater schoben. Er scheute sich, Freddy von seinem Verdacht zu erzählen, dass der Schwabenau ihn verfolgen ließ, da er befürchtete, der Jockey würde ihn dann erst recht für einen verrückten Adeligen halten.
    Als das riesige Zirkuszelt vor ihnen auftauchte, deutete Freddy auf die Artisten, die rauchend und schwatzend hinter dem Zelt standen. Gaukler, Akrobaten, Clowns, Gewichtheber, Schlangenmenschen.
    „Lass uns mal mit denen reden. Die nächste Vorstellung beginnt erst in einer halben Stunde. Wenn ich noch mal auf die Welt komm, geh ich zum Zirkus.“ Mit verträumtem Blick beobachtete Freddy die Purzelbäume schlagenden Liliputaner.
    Gustav teilte diese Sehnsucht nach der großen bunten Welt des Zirkus’ nicht, obwohl er auch schöne Erinnerungen daran hatte. Als kleiner Junge hatte er mit seiner Tante oft den Circus Renz in der Donaustadt besucht und sich prächtig über die Clowns, die dauernd Ohrfeigen kassiert hatten, amüsiert. Den legendären „Circus Gymnasticus“ im Prater hatte er nicht mehr gekannt, er war vor seiner Geburt demoliert worden, aber seine Mutter hatte ihm oft davon vorgeschwärmt.
    Freddy kannte einige der Zirkusleute. Sie rauchten mit den spanischen Jongleuren eine Zigarette und unterhielten sich mit den Ringern. Einer dieser kräftigen Männer erzählte ihnen, dass Max

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