Der Tod hat eine Anhängerkupplung: Ein Campingkrimi (German Edition)
Dienstwagen ins politiebureau gefahren: Berichte, Akten und Pressekonferenz. Piet wollte mit keinem Scheiß-Journalisten reden und hatte sich deshalb von Annemieke bei seinem Auto absetzen lassen. Er hatte ihr kurz nachgewinkt, und als sie mit dem Dienst-Peugeot um die Straßenecke verschwunden war, hatte er seinem alten Defender anerkennend auf den rechten Kotflügel geklopft und war nach Hause gegangen, um die Gazelle aufzuschließen. Piet mochte sein Auto, keine Frage, aber manchmal brachte nur Fahrtwind im Gesicht seine Synapsen so richtig auf Trab.
» Hoi , Wim!«
» Hoi , Piet!«, grüßte der Campingplatzbesitzer zurück.
Dann sah Piet die Frau an der Bar. »Mein Beileid, Isabelle.«
Isabelle trug Trauer, eine Jeans, eine hellblaue Bluse, weiße Converse-Turnschuhe, aber sie trug Trauer. Sie trug sie nur nicht vor sich her!
»Danke, Piet.«
Piet erstellte eine Art polizeilichen Steckbrief von ihr, also: etwa einssiebzig groß, Frisur wie Victoria Beckham, zumindest wie Victoria Beckham am 7 . Juli 2007 , nachzusehen im Telegraaf gleichen Datums. Schlank, aber im Gegensatz zu Victoria Beckham nicht überschlank. Ganz leichter Silberblick, der Piet vor vierunddreißig Jahren beinahe um den Verstand gebracht hätte. Besondere Kennzeichen: ganz viele!
»Ich wollte dir das gestern Abend schon sagen«, erklärte er verlegen, »aber ich wusste nicht, wie.« Er stand unschlüssig vor Isabelle, als suchte er die Worte immer noch. Vielleicht hätte er einen Umweg nehmen sollen: mehr Fahrtwind!
Isabelle kam ihm zu Hilfe. »Deine Kollegin war ja da, wie heißt sie noch mal?«
»Annemieke Breukink«, sagte Piet.
»Sie hat mich um Bilder von Coen gebeten. Hier!« Isabelle legte drei Fotos auf den Tresen. »Ganz aktuell sind sie aber nicht, da waren wir letzten Herbst in London.« Pause.
»Dann lass ich euch jetzt mal allein.« Wim wollte gehen.
»Nicht nötig, bleib ruhig hier.« Piet wandte sich wieder Isabelle zu. »Gestern hätte ich nicht gewusst, wie ich es dir sagen soll. Heute weiß ich nicht, was ich dich fragen soll. Außer vielleicht das Offensichtliche: Hatte Coen Feinde?«
»Nein«, antwortete sie schlicht.
»Einfach nein?«
»Ja.«
»Das hat Wim mir gestern auch schon gesagt.«
»Weil es so ist.« Wim trank seinen Kaffee aus und stellte die leere Taste auf den Edelstahlablauf der Spüle. »Ich muss trotzdem los.« Er lächelte unsicher, küsste Isabelle auf die Wange, nickte fast beiläufig in Piets Richtung und ging.
»Also gut. Er hatte keine Feinde. Hatte er denn irgendwelche Freunde, die …? Was frage ich hier eigentlich für eine Scheiße?« Er schüttelte den Kopf. »Wie geht es dir? Brauchst du irgendwas, ein Beruhigungsmittel?«
»Ich bin auch so ruhig. Ich bin viel zu ruhig. Weißt du, ich habe gestern Nacht nicht geweint. Es ist … also, ich weiß, dass mein Leben vorbei ist, und ich weine nicht. Ich bin viel zu ruhig.«
»Nein, Isabelle, dein Leben ist nicht vorbei, ganz sicher nicht …« Piet stockte. Wunderbar, jetzt sagte er ihr auch noch, dass das Leben ja weiterging. Bevor er sie noch darauf hinweisen konnte, dass Unkraut nicht vergeht, zog er die Reißleine. Er studierte die Maserung der Holztheke. »Ich hab dir ja gesagt, dass mir im Moment die Worte fehlen.«
Sie lächelte traurig. »Und ich frage mich, was du wohl denkst. Eine Witwe, die nicht weint: Verdächtig, verdächtig! Aber ich kann nicht schauspielern.«
Piet fuhr sich über die Stirn. »Du bist nicht verdächtig.«
»Punkt?«
»Punkt!«, sagte er mit fester Stimme.
»Wer hatte ein Interesse daran, dass Coen tot ist?«
»Genau!«
»Wie, genau?«
»Na, genau das ist meine Frage.«
Sie nickte. »Ach so … Aber ich kann sie nicht beantworten. Das Einzige, was ich sagen kann, ist: Er fehlt mir so!« Sie hatte keine Tränen.
Piet stand auf und nahm sie in den Arm. »Ich finde dieses Schwein, ich weiß es!« Er ließ sie wieder los und drehte sich zum Fenster. Er schaute auf tobende Kinder am Schwimmbecken, auf Mütter, die es sich auf blauen Plastikstühlen am Beckenrand bequem gemacht hatten, auf Väter, die mit einem Grolsch vor sich auf dem Tisch Karten spielten, und auf Vierzehnjährige, die hinter dem Rücken ihrer Eltern rauchten. Immer schnell ein Zug, dann die Zigarette wieder weg, damit es der Vater, der gerade sein Grolsch trank, nicht sah.
Warum gingen diese Menschen nicht an den Strand? Piet sah dicke Kinder Pommes essen, er sah den Bademeister, der zum zwanzigsten Mal an diesem Tag auf
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