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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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streckte er ihnen die Hand entgegen.
    Wie Furtwängler, der vergeblich mit seinem Taktstock fuchtelte, damit sein Händedruck mit Hitler nicht gefilmt wurde, werkelte Denham am Verschluss seiner Uhr herum, aber Pascoe ließ die Hand einfach ausgestreckt. Schließlich ergriff er sie herrisch und murmelte: »Danke.«
    Und dann, vermutlich, um seiner gesellschaftlichen Überlegenheit wieder zu ihrem Recht zu verhelfen, blaffte er: »Sie haben sich Zeit gelassen, bis Sie gekommen sind, was?«
    Kurz wirkte Pascoe verwirrt, dann lächelte er leise, als hätte er einen nur allzu verständlichen Irrtum entdeckt, und erklärte: »Es gehört nicht zu meinen Prioritäten, Sir, so schnell wie möglich hierherzukommen. Mein Sergeant ist mehr als befähigt, den
technischen
Ablauf der Ermittlungen in Gang zu setzen. Ich habe mich unverzüglich in den Polizeicomputer eingeloggt. Für Ermittlungsleiter gehört es heutzutage zum Standardprozedere, sich zunächst mit dem vertraut zu machen, was über bedeutsame Zeugen vorliegt, bevor sie zum
locus in quo
eilen.«
    Er ließ die Bedeutung dessen bei seinem Gegenüber einsickern, während er an Denham vorbeitrat und auf den Sekretär starrte. Alle Schubladen standen offen, die Tischoberfläche war mit Papieren bedeckt, von denen einige auch zu Boden gefallen waren.
    »Haben Sie etwas verloren, Sir?«, fragte er höflich.
    »Nein!«, erwiderte Denham. Die Uhr hatte sich wieder gelockert. Er gab es auf und steckte sie in die Hosentasche. Also doch keine modische Laune. »Suche nur Tantes Adressbuch. Es gibt einige, denen die traurigen Neuigkeiten mitgeteilt werden sollten, bevor sie es aus dem Radio erfahren.«
    »Sehr rücksichtsvoll von Ihnen, Sir«, sagte Pascoe. »Haben Sie es gefunden?«
    »Nein, eigentlich …«
    »Macht nichts. Vielleicht kann Ihnen Miss Brereton weiterhelfen. In der Zwischenzeit könnten Sie mir vielleicht einige Fragen beantworten …?«
    Denham holte tief Luft, entspannte sich und sagte: »Klar. Sie haben Ihre Arbeit zu machen, nicht? Nehmen Sie Platz, Pascoe. Drink gefällig?«
    Der Baronet war klug genug, um einzusehen, dass seine Hochnäsigkeit zu nichts führte, dachte Pascoe. Die Schwester hingegen sah immer noch so aus, als hätte sie am liebsten die Hunde auf ihn gehetzt. Der Gedanke führte seinen Blick wieder zum Gemälde über dem offenen Kamin. Der Porträtierte wies eine vage Ähnlichkeit mit dem Baronet auf und sah mit leicht fragendem, arrogantem Blick und der Andeutung eines Schielens in den Raum.
    »Nein, schon gut«, sagte er. »Ist das möglicherweise der verschiedene Mr. Hollis?«
    »Großer Gott, nein«, sagte Denham. »Das ist mein Onkel, Sir Harry. Das hier ist Hollis.«
    Damit ging er zu einem kleinen, mit Goldbronze überzogenen Tisch an der Wand, an der auch der Sekretär stand, und nahm ein silbergerahmtes Foto zur Hand. Das Bild zeigte einen grauhaarigen Mann mit wettergegerbtem, von dichten Bartstoppeln überzogenem Gesicht, dessen zusammengekniffene Augen – typisch für die Bauern aus Yorkshire – deutlicher als alle Worte zum Ausdruck brachten:
Der Scheißer muss erst noch geboren werden, der mich aussticht!
    Tut mir leid, Hog. Man kann nicht immer gewinnen, dachte Pascoe nicht ohne Mitgefühl. Wenn irgendwas vom menschlichen Bewusstsein überdauern sollte, wie musste Hog Hollis sich dann fühlen, wenn er durch seinen eigenen Salon spähte und sah, dass der Ehrenplatz seinem Nachfolger vermacht worden war!
    Er wandte sich wieder Sir Harrys Porträt zu, dann sah er zu Edward. Kein Schielen, aber der gleiche arrogante Gesichtsausdruck.
    »Natürlich. Jetzt sehe ich die Ähnlichkeit«, sagte er. »Schönes Porträt. Und sehr … groß.«
    »Hätte nie von Denham Park weggebracht werden dürfen«, sagte die Frau. »Es ist ein Geschmiere.«
    »Ach, so schlecht ist es auch wieder nicht«, sagte Pascoe.
    Die Frau warf ihm einen Blick zu, der verächtlich gewesen wäre, wenn sie ihn ihrer Verachtung überhaupt für wert befunden hätte. Aber ihr Bruder lachte nur und sagte: »Bradley Geshmeray, einer aus der Huddersfield-Schule, sehr anerkannt, die Preise für ihn sind seit seinem Tod vor zehn Jahren nach oben geschossen. Na, jetzt kann er wieder an seinen rechtmäßigen Ort zurück.«
    »Dann ist er hier nur ausgeliehen und gehört nicht zum Besitz der verstorbenen Lady Denham?«, fragte Pascoe unschuldig.
    Esther Denham gähnte, als erschien ihr diese Bemerkung zu öde, um darauf einzugehen, ihr Bruder jedoch antwortete eilfertig:

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