Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
Gefolge.«
»Aber Sie haben das Gefühl, dass sie mit ihrem Neffen wegen einer anderen Sache verärgert war.«
»Es kommt mir so vor. Ihn von Denham Park antanzen zu lassen und zu zwingen, mit ihr in die Klinik zu gehen, war ihre Art, die Peitsche zu schwingen.«
»Und hatten Sie das Gefühl, dass sie auch bei Ihnen die Peitsche geschwungen hat?«, fragte Pascoe lächelnd.
Als Antwort erhielt er ein weiteres Schimmern. »O nein. Die Aufgabe einer Gesellschafterin ist es ja, sie zu begleiten, es sei denn, ihr wird ausdrücklich etwas anderes gesagt. Aber gestern schien sie außerordentlich verstimmt gewesen zu sein. Gleich am Morgen war sie fortgefahren, wohin, weiß ich nicht. Und als sie zurückkehrte, war sie sehr in Gedanken versunken. Dann versuchte sie Sidney zu fassen zu bekommen, aber er war nicht zu erreichen, was ihr überhaupt nicht gefiel.«
»Verstehe. Sie sagen, sie hat auch heute noch bei Teddy die Peitsche geschwungen?«
»Ja. Ich muss gestehen, ich war sehr froh, als sie ihn reinrief. Er veranstaltet immer einigen Wirbel, im Grunde aber ist er ziemlich unorganisiert. Alan Hollis ist da ganz anders. Er verrichtet die Arbeit ruhig und effizient. Wir waren also schon fertig, als Teddy wieder nach draußen kam. Aber er hatte keinerlei Interesse mehr, die Leitung zu übernehmen.«
»Nein? Wie wirkte er auf Sie?«
»Er sah aus, als würde er jeden Moment explodieren. Ich würde ja vermuten – tut mir leid, das wollen Sie nicht hören, oder? Nur was ich mit eigenen Augen gesehen habe, hat Sergeant Wield gesagt.«
»Sergeants ist es nicht gestattet, über die Tatsachen hinauszugehen«, sagte Pascoe ernst. »Chief Inspectors dürfen maximal drei Vermutungen pro Tag hören.«
Damit verdiente er sich einen weiteren Sonnenstrahl.
»Auf mich machte er den Eindruck, als hätten er und Tante Daphne sich gerade fürchterlich gestritten …«
Abrupt hielt sie inne und starrte ihn anklagend an.
»Hören Sie, das ist doch dumm. Ich will damit nicht sagen … ich meine, sie haben sich ständig gestritten, das haben wir alle getan. So hat Tante Daphne nun einmal getickt. Sie meinte, die Leute damit auf Trab halten zu können. Man gewöhnt sich daran, dass man eine Weile ihre Favoritin ist, und dann fällt man von heute auf morgen in Ungnade. Das hatte nichts zu bedeuten!«
»Das behauptet auch niemand«, sagte Pascoe. »Erzählen Sie mir einfach, was Sie gesehen haben. Was hat Ted gemacht, als er wieder auftauchte?«
»Er ging zu Sid Parker, und sie unterhielten sich, das heißt, eigentlich hat nur Teddy geredet … Dann kam Tante Daphne nach draußen, um zu überprüfen, ob alles in Ordnung war.«
»Wie war sie?«
»Noch immer ziemlich gereizt, denke ich. Sie starrte Teddy und Sid finster an, bis sie sich verzogen. Dann vergewisserte sie sich, dass alles bereitet war, sie sagte sogar, wie schön alles aussieht. Dann fragte sie Alan Hollis, ob er ein paar Minuten Zeit habe, um mit ihr ein paar Papiere zum Pub durchzusehen, worauf sie zusammen im Haus verschwanden. Ich legte draußen noch letzte Hand an und ging auf mein Zimmer, um mich umzuziehen. Kurz bevor die ersten Gäste kamen, ging ich wieder nach unten.«
»Erzählen Sie mir davon. Wer kam als Erstes?«
»Miss Sheldon, die Oberschwester der Klinik, tauchte kurz nach zwei auf, ein wenig besorgt, sie könnte zu früh dran sein. Dann gleich darauf Miss Lee, die Akupunkteurin, dann Dr. Feldenhammer, der Leiter des Avalon, und dann strömten sie in Scharen. Ich habe versucht, sie in die richtige Reihenfolge zu bringen, worum Sergeant Wield mich gebeten hat, aber das ist nicht einfach. Letztendlich mussten sich die Neuankömmlinge selbst mit den anderen im Garten bekannt machen, weil wir einfach zu viel zu tun hatten und dafür sorgen mussten, dass jeder etwas zu trinken bekam und so weiter.«
»
Wir
– das waren Sie und wer noch? Die Denhams?«, fragte Pascoe.
»Na ja, eigentlich nicht. Teddy und Esther wurden von irgendwelchen Gesprächspartnern mit Beschlag belegt, und Tante Daphne musste natürlich alle Gäste begrüßen. Ihre Stimmung hatte sich mittlerweile wesentlich gebessert. Sie war sehr entspannt, fröhlich und eine gute Gastgeberin.«
»Dann blieb die ganze Arbeit also an Ihnen hängen?«
Erneut ein Lächeln – diesmal ein wenig wehmütig?
»Ja, war wohl so. Aber nachdem die Leute erst mal herausgefunden hatten, wo die Getränke und das Essen standen, kümmerten sie sich selbst darum, und ich musste nur noch ganz allgemein
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