Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
gesprengt worden, du warst schwer verletzt, hast wochenlang im Koma gelegen …«
»Aye, und die meiste Zeit, seitdem ich aufgewacht bin, habe ich in diesem verdammten Bett verbracht. Wo ist also der Unterschied?«
»Übertreib jetzt nicht«, sagt sie. »Du unterziehst dich unter fachkundiger Aufsicht einer sorgfältig geplanten Physiotherapie. Du machst, wie man hört, gute Fortschritte, aber es wird noch ewig dauern, bis du dich wieder selbst versorgen kannst.«
»Dann lass ich mir eben vom Pflegedienst helfen. Deshalb zahl ich doch meine verdammten Steuern, oder?«
»Und wie lange, meinst du, wird das gutgehen?«, fragt sie.
»Bis ich von ihnen die Schnauze voll habe? Ein paar Wochen vielleicht. Bis dahin sollte ich wieder auf dem Damm sein.«
»Bis sie von dir die Schnauze voll haben, meine ich! Und wer wird sich dann um dich kümmern?«
»Ich hab Freunde«, sage ich.
»Die dir vielleicht in den Arsch kriechen«, sagt sie. »Aber Freunde, die dir auch den Arsch abwischen, sind dünner gesät.«
Manchmal verschlägt’s einem bei ihr die Sprache! Vielleicht halte ich mir zu viel zugute, wenn es darum geht, Pascoe das Rückgrat zu stählen. Hätte wissen müssen, dass der Kerl die ganzen Jahre über zu Hause Nachhilfestunden bekommt!
»Das mag vielleicht auf dich zutreffen«, sage ich. »Behandle die Leute gut, und du wirst von ihnen gut behandelt, das ist mein Motto. Man wird bei mir Schlange stehen, um mir zu helfen.«
»Für eine Schlange braucht man zwei«, sagt sie. »Du sprichst von Cap, oder?«
Natürlich meine ich Cap. Cap Marvell. Meine Freundin … Gefährtin … Geliebte … mein Weib … nichts davon trifft es. Oder alles zusammen. Cap, die Wunderbare. Das ist sie für mich.
»Gut, ich meine Cap. Sie lässt mich nicht fallen. Sie ist da, wenn ich sie brauche.«
Ich habe es ein wenig pathetisch rübergebracht. Mir war gleich klar, dass ich nicht weiterkomme, wenn ich auf stur schalte. Selbst die ganz Harten schmachten manchmal nach ein bisschen Pathos. Verletzlichkeit, so nennt man das. Damit man das Gefühl hat, man brauchte die Hilfe anderer. Ist mir oft zugutegekommen, früher in meinen wilden Jahren.
Brauche aber nicht lange, bis ich merke, dass ich damit bei ihr nichts erreiche.
»Buhu«, sagt Ellie. »Du und Cap, ihr seid jetzt seit ein paar Jahren zusammen. Aber ihr habt nie zusammen euer Zelt aufgeschlagen. Warum?«
Sie weiß verdammt genau, warum das so ist. Wir führen jeweils unser eigenes Leben, haben unsere eigenen Interessen, unseren eigenen Zeitplan. Ich hab ein paar Sachen in meinem Rucksack, von denen ich nicht will, dass sie damit in Berührung kommt. Und sie hat Sachen in ihrem, von denen ich nichts wissen will. Bei jeder Tierschutzdemo ertappe ich mich dabei, dass ich ihr Alibi überprüfe! Aber im Grunde geht es um diese vielen Kleinigkeiten – was wir von schlammverschmierten Stiefeln halten, wie wir den Tisch decken, das Besteck benutzen, Eingemachtes direkt aus dem Glas essen, Rugby im Fernsehen ansehen, die Musik ohrenbetäubend laut aufdrehen, welche Art von Musik wir ohrenbetäubend laut aufdrehen und so weiter.
»Ein Notfall ist was anderes«, sage ich.
»Dann ist das jetzt also ein Notfall? Gut. Und wo willst du das Notfallzentrum einrichten? In deinem Haus oder in Caps Wohnung? Und wie lang willst du Cap als deine Leibdienerin verpflichten, bevor du sie wieder freilässt?«
»Komm mir jetzt nicht metaphysisch, Liebes«, sage ich. »Was soll das heißen?«
»Stell dich nicht dümmer, als du bist, Andy«, sagt sie. »Caps Leben liegt auf Eis, seitdem du in die Luft geflogen bist. Du weißt, dass sie ein ziemlich unabhängiges Leben führt – das ist einer der Gründe, warum ihr nie zusammengezogen seid, richtig? Sie gehört nicht zu denen, die nur für ihren Typen leben, die den Boden küssen, auf dem du wandelst.«
»Ellie Pascoe, ich weiß, dass sie besser ist als die, verdammt noch mal!«, rufe ich, nun schon fast wütend. »Und ich weiß, dass sie willens und bereit ist, ein wenig Zeit aufzuwenden, um sich um mich zu kümmern, falls ich das nötig habe!«
»Natürlich macht sie das«, sagt Ellie mit dieser blasierten Miene, die Frauen immer aufsetzen, wenn sie einen aus der Fassung bringen. »Die Frage ist nur, Andy, ob du ihr das wirklich zumuten willst.«
Keine Antwort darauf, zumindest keine, bei der ich ihr die Befriedigung geben will, sie von mir zu hören. Und ich sage auch nicht mehr viel, als sie vom Cedars draußen in Filey
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