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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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aber ist glücklich, und das heißt, ich bin mit mir selbst ganz zufrieden, als sie mich einige Wochen später nach Sandytown kutschiert.
    Mit der Zufriedenheit aber war es schnell vorbei. Kaum hat sich Cap zum Parkplatz davongemacht, um nach Hause zu fahren, als mir klargemacht wird, dass das Avalon keineswegs ein 5 -Sterne-Hotel ist, in dem die Wünsche der Gäste Gesetz sind.
    »Rekonvaleszenz ist der in allen Phasen überwachte Fortschritt von Krankheit zu völliger Genesung«, erklärt die Oberin. (Namens Sheldon – nennt sich Oberschwester, aber mit ihren Titten, auf denen ein geiler Pfaffe seine Bibel ablegen könnte, wenn er das Evangelium nach dem Hl. Phallus predigt, wäre sie die aussichtsreichste Kandidatin für die Rolle der Oberin in einer dieser Ist-ja-irre-Klamotten!)
    »Oh aye«, sage ich angepisst. »Und Besuchszeiten an jedem dritten Sonntag von drei bis Viertel nach drei!«
    »Ha, ha«, sagt sie. »Tatsächlich gibt es am Anfang überhaupt keinen Besuch, bis wir Sie eingehend beobachtet haben, Ihre Bedürfnisse einschätzen können und Ihnen Ihr persönliches Programm erstellt haben – Speisenabfolge, Medikation, körperliche Übungskurse, Therapiefahrplan – diese Dinge.«
    »Großer Gott«, sage ich. »Kurse, Fahrpläne – da komm ich mir ja wie ein Eisenbahnzug vor.«
    Sie lächelt – mir ist schon ein überzeugenderes Lächeln im Massagesalon untergekommen – und sagt: »Ja. Und unser Ziel ist es, dass Sie so schnell wie möglich wieder aus dem Bahnhof dampfen.«
    Es ist ihr anzusehen, dass ihr ihr Witzchen gefällt. Aber ich streite mich nicht mit ihr. Ich will nur schlafen!
    Das war vor ein paar Tagen. Die meiste Zeit seitdem hab ich geschlafen, denn jedes Mal, wenn ich wach werde, ist irgendein Kerl da und hat irgendwas in mich reingesteckt oder reingestochen oder reingeschoben. Nennen es Begutachtung. Boshaftigkeit trifft es eher.
    Am dritten Tag taucht die Oberin auf, benimmt sich wie ein neckisch-scheues Mädchen, streicht meine Bettdecke glatt, schüttelt das Kopfkissen auf und sagt: »Ein großer Tag, Mr. Dalziel. Dr. Feldenhammer kommt heute persönlich zur Visite.«
    Und so bekomme ich zum ersten Mal Lester Feldenhammer zu Gesicht, den Ober-Quacksalber im Avalon. Sobald er die Schnauze aufmacht, ist klar, dass ich es mit einem Yank zu tun habe. Nicht wegen des Akzents, sondern wegen der Zähne! Als würde man in eine altmodische Kloschüssel schauen, überall schimmerndes, weißglänzendes Porzellan. Wette, er gurgelt zweimal am Tag mit Essigreiniger.
    »Mr. Dalziel«, sagt er. »Willkommen im Avalon, Sir. Ihr Ruhm eilt Ihnen voraus. Es ist mir eine Ehre, einem Mann die Hand zu schütteln, der an vorderster Front im großen Krieg gegen den Terrorismus verwundet wurde.«
    Ich denke, der will mich verarschen, aber als ich ihn ansehe, wird mir klar, dass er es ernst meint. Das sind die Schlimmsten. Trau keinem, der seinen eigenen Mist glaubt.
    Auf den, denke ich mir, musst du aufpassen.
    Er schüttelt mir die Hand, als wollte er sich vergewissern, dass sie anständig befestigt ist, und sagt: »Ich bin Lester Feldenhammer, Direktor des Avalon und Leiter der klinischen Psychologie. Soweit ich weiß, haben wir Ihr Programm erstellt, die Genesung allerdings beschleunigt sich ungemein, wenn ihr von innen heraus nachgeholfen wird. Ich habe mir erlaubt, ein Selbsthilfe-Büchlein, von mir selbst verfasst, in Ihre Nachttischschublade zu legen. Damit Sie ein eingehenderes Verständnis dessen erhalten, was hier mit Ihnen geschieht.«
    »Die Gideon-Bibel reicht dafür normalerweise völlig«, sage ich.
    »Das eine bedingt das andere, wie wir glauben«, sagt er. »Ich freue mich darauf, Ihre Fortschritte zu überwachen, Mr. Dalziel. In physiologischen Fragen haben Sie natürlich Zugang zu unserem spezialisierten medizinischen Personal. Bei allen anderen Dingen bin ich Ihr Ansprechpartner. Egal, was Sie wissen wollen, Sie müssen nur fragen.«
    »Wirklich?«, sage ich. »Also, was gibt’s zum Abendessen?«
    Er beschließt, dass das ein Witz sein muss, und wiehert wie ein Akkordeon los.
    Dann zieht er einen kleinen, glänzenden metallischen Gegenstand heraus.
    »Das schlucke ich nicht«, sage ich. »Und wenn Sie meinen, Sie könnten mir das auf eine andere Tour einverleiben, dann sollten Sie noch mal darüber nachdenken.«
    Diesmal, vielleicht weil es ein Witz ist, lacht er nicht.
    »Das ist ein digitaler Recorder«, sagt er. »Modernste Technik, funktioniert praktisch von allein.

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