Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
Großinquisitorin – raus mit ihm auf den Scheiterhaufen! Mr. Godley wagte es nicht, mir in die Augen zu schauen & antwortete auf meine Fragen mit einsilbigem Grunzen, weshalb ich die Konversation schnell aufgab.
Toms Vortrag aber lauschte er mit großer Höflichkeit – obwohl sich mir – aufgrund meiner geschärften analytischen Fähigkeiten – der Eindruck aufdrängte, das er über das Sandytown-Projekt bereits sehr viel mehr wusste, als er zugeben wollte. Schließlich – damit Tom endlich die Klappe hielt! – akzeptierte er, mal zu Besuch zu kommen, um zu eruieren, ob er seinen
Wirkungskreis
nicht dorthin verlegen könnte – Tom ist ganz versessen darauf, ihn bis zum sogenannten Festival der Gesundheit mit an Bord zu holen – es ist auf das Feiertagswochenende anberaumt – da werde ich längst wieder weg sein – dem Himmel sei Dank! –
Schließlich – auf Marys Bitte hin – legte Gord seine heilenden Hände auf Toms verstauchten Knöchel.
Als wir dann abreisten, behauptete Tom, seine Verletzung hätte sich wesentlich verbessert.
– Ich habe eine Wärme gespürt – versicherte er – definitiv eine Wärme – wie von einer starken UV -Lampe –
Im Wagen – außer Hörweite von Mr. Godley – kam mir, dass es mich wesentlich mehr beeindruckt hätte, wenn er – angesichts der Art seiner Verletzung – eine definitive Kälte wahrgenommen hätte.
Er drehte sich auf seinem Sitz um – eigentlich wollte er, das ich vorne sitze – aber ich bestand darauf, das er den Platz braucht wegen seines Knöchels –, lächelte mich erleichtert an & sagte – Siehst du, Mary, wie sehr Charlotte uns zugutekommen wird – wissenschaftliche Objektivität – das wollen wir doch. So können unter ihrem unvoreingenommenen Blick nicht irgendwelche Scharlatane den guten Ruf von Sandytown ruinieren! –
Ich weiß nicht, welche dauerhafte Wirkung die Hände des Heilers auf seinen verstauchten Knöchel haben – eines aber ist klar – Tom Parkers positive Lebenseinstellung ist unheilbar!
Mary fuhr & sie fuhr sehr vorsichtig. Hätte sie am Steuer gesessen, wären sie kaum in der Panzerfalle gelandet. Andererseits konnte ich es kaum bedauern, das es so gekommen war. Dass ich ihre Einladung angenommen hatte, mochte meinem Trotz zuzuschreiben sein – jetzt aber stellte ich fest, dass ich mich auf den Besuch richtig freute. Weiß nicht, ob dabei irgendwas Nützliches für meine Arbeit abfällt – nach dem Fehlstart mit dem göttlichen Gordon sollte ich vielleicht meine Interviewtechnik auffrischen – aber in die Rolle der distanzierten wissenschaftlichen Beobachterin gesteckt zu werden, reizt meine Phantasie.
Wie eine Kamera – so werde ich alles aufzeichnen & mich jeden Urteils enthalten.
Oder vielleicht nur ein kleines bisschen urteilen! Schließlich bin ich ja Steve Heywoods Tochter.
Der Unterschied allerdings ist – ich werde meine Urteile für mich behalten & keinem mitteilen!
Außer dir natürlich!
Eine kurze Unterbrechung.
Das älteste Kind – Minnie (= eine kleine Mary) – platzte herein, um mir mitzuteilen, dass in 20 Minuten das Essen fertig sei – & um nachzufragen, ob ich noch irgendwas brauchte. Tat so, als wäre sie geschickt worden – ich vermute aber, es war alles auf ihrem eigenen Mist gewachsen – damit sie die Neue in Augenschein nehmen konnte. Sie redete ununterbrochen – während ihr Blick alles verschlang – besonders mein Laptop. Sie ist 9 , geht aber auf die 90 zu – erinnert mich sehr an mich selbst in diesem Alter. Habe mich bislang nicht sonderlich um die Sicherheit meines Computers gekümmert – werde vielleicht jetzt mal wieder das Passwort aktivieren!
Wurde sie – nur mit roher Gewalt – nach ein paar Minuten wieder los – jetzt also zum wirklich aufregenden Teil der Fahrt – dann pass mal auf!
Selbst mit Marys gemächlichem Tempo war es keine lange Fahrt – allerdings lange genug, um etwas mehr über die Parkers zu erfahren. Alte Yorkshire-Familie – machte ihr Geld im Baugewerbe – Tom ist ausgebildeter Architekt – Büro in Scarborough, ergriff aber die Gelegenheit, die die moderne Technik bietet – & arbeitet von zu Hause aus – 4 Kinder – Minnie 9 – Paul 8 – Lucy 6 – Lewis 5 – seine Augäpfel – & die von Mary – aber Tom rangiert an erster Stelle. Ich hatte den Eindruck, das sie ihn nicht gern allein weglässt – nicht weil sie ihm in Sachen ehelicher Treue
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