Der Tod ist kein Gourmet
mitteilen sollte, dass Mr. O’Brian an einer anderen Stelle der Friedwiese beerdigt wird.«
»Ah, verstehe. Ja, mach das. Ich bleibe hier und frage diesen Typen, was er über die Sache weiß. Er hat schließlichdie Grube ausgehoben. Da stellt sich die Frage: Hat er auch gleich eine Leiche reingeworfen?«
»Oder einen riesigen Bären? Wieso ist der eigentlich so gigantisch?«
»Der stammt aus einem Theaterstück. Als Die drei Bären vom Programm genommen wurde, hat ihn die Devlin Foundation gekauft. Deswegen ist er so groß.«
»Bist du aber gut informiert«, sagte Honey voller Bewunderung.
Seine Augen funkelten, als er sie angrinste. »Ich versuche, stets auf dem Laufenden zu sein.«
Der Leichenschmaus im Poacher war in vollem Gang.
Honey ließ die Augen über das Gedränge in der Bar schweifen und entdeckte schließlich Mrs. Arlene O’Brian, die auf einem Fenstersitz Platz genommen hatte, einen Gin und Tonic in der einen und eine Hühnerkeule in der anderen Hand. Wenn sie denn trauerte, sah man es ihr zumindest nicht an. Ihre Wangen waren rosig, ihre Augen glitzerten fröhlich, und sie lachte lauthals über einen unanständigen Witz, den ihr jemand erzählt hatte.
»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich dazusetze?«, fragte Honey die lustige Witwe. Sie wartete die Antwort gar nicht erst ab.
»Prost!« Arlene O’Brian, ehemals Mrs. Donald Tipping, kippte den beträchtlichen Rest ihres Drinks in einem Zug herunter.
Honey räusperte sich und nahm einen winzigen Schluck von ihrem Wodka und Tonic. Das verschaffte ihr genug Zeit, um ihre Worte sorgfältig zu wählen. Die Witwe war zur Beerdigung hergekommen. Doherty und Honey waren sich einig, dass sie unmöglich etwas über den gestohlenen Teddybär und sein grausiges Innenleben wissen konnte.
»Ich dachte, Sie sollten erfahren, dass gerade ein neues Grab für Sean ausgehoben wird. Es könnte leider eine ganze Weile dauern, bis die Polizei mit den Untersuchungen an seinem augenblicklichen Grab fertig ist.«
»Solange er da beerdigt wird, wo er wollte«, sagte Arlene mit einem Nicken ihres sorgfältig frisierten Kopfes. Das Haar war Beigeblond gefärbt, mit einem Hauch Hellrosa.
»Der Polizist, der die Untersuchungen leitet, hat mich gebeten, Ihnen sein Beileid auszusprechen«, fuhr Honey fort.
Arlene schaute sie mit hell funkelnden Augen an und zwinkerte. »Ist das der Typ, mit dem Sie schlafen? Ich habe mir sagen lassen, dass Sie ihn kennengelernt haben, nachdem Ihnen Sean den Laufpass gegeben hatte.«
Honey spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss.
»Wie bitte?«
»Hat mir Ihre Mutter erzählt«, sagte Arlene mit säuerlich verzogenen scharlachroten Lippen. »Sie hat gemeint, es hätte durchaus einiges Interesse zwischen Ihnen gegeben. Da möchte ich drauf wetten. Sie wollten garantiert, dass er sein Geld in Ihr Hotel steckt. Ich bin mir sicher, nur dafür wollten Sie ihn sich angeln. Aber mein Sean, der hat Sie durchschaut. Der wusste, wenn eine nur scharf aufs Geld ist, das kann ich Ihnen sagen. Nun, ich hab ihn gekriegt! Ich hab ihn gekriegt!«
Im Hotelgeschäft muss man tolerant sein, weil man einfach öfter mit ziemlichen Idioten zu tun hat. Doch was zu viel ist, ist zu viel. Honey brannten sämtliche Sicherungen durch.
»Sie blöde Schlampe!«
Honey rastete nicht oft aus, aber Arlene hatte sie einfach zu sehr gereizt. Sie deutete mit dem Finger auf Arlenes gerümpftes Näschen.
»Dann will ich mal eines klarstellen«, knurrte sie. »Ich wäre mit Ihrem Alten nicht mal dann ausgegangen, wenn er der letzte Mann auf Erden gewesen wäre. Ich hab nichts übrig für Tattergreise. Ich mag meine Männer jung und potent und heißblütig. Und reden Sie sich bloß nicht ein, dass er der Märchenprinz war und Sie das verdammte Dornröschen. Ich bin nicht hergekommen, um mit Ihnen über Ihren Mann zu reden oder darüber, dass er hinter jüngeren Frauen her war wie der Teufel hinter der armen Seele ...«
»Jetzt machen Sie aber mal halblang, Sie Bullenschlampe! Nur weil ich ein bisschen älter bin als Sie, heißt das nicht, dass ich jenseits von Gut und Böse bin. Sie kennen ja den alten Spruch: Auch wenn Schnee auf dem Dach liegt, kann immer noch ein Feuer im Kamin lodern. Und in Seans Kamin hat ein Feuer gelodert, das kann ich Ihnen verraten«, schrie Arlene mit glitzernden Augen und schriller Stimme.
»Na, dann haben sich ja die richtigen alten Häuser getroffen«, sagte Honey, der der blöde Spruch über den Schnee und das Kaminfeuer zum
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