Der Tod ist kein Gourmet
Das Geld wurde knapp. Als Walter seine dritte Herzattackebekam, die ihn das Leben kostete, konnte sie kaum noch etwas gegen den Ruin des Hotels unternehmen. Ganz gewiss wollte sie das Haus nicht behalten. Es hingen zu viele Erinnerungen an gemeinsame Arbeit daran. Und sie hatte zu viele Nächte schlaflos verbracht, um sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie sie mit den wachsenden Schulden bei der Bank klarkommen sollte.
Mit einem Seufzer wandte sie sich ab. Das war jetzt alles Schnee von gestern.
Ein paar Schritte, dann klingelte das Telefon. Sie wühlte in ihrer Handtasche und zog es heraus, überprüfte die Nummer und lächelte.
»Er ist also tot«, sagte die Stimme am anderen Ende.
»Ja«, antwortete sie, und ihr Lächeln wurde breiter. »Er ist tot. Es gibt also doch noch Gerechtigkeit auf der Welt. Gott segne den, der es getan hat.«
Man teilte Doherty mit, dass eine Frau ihn sprechen wollte.
»Sie meint, sie hätte Informationen, die für den Mordfall wichtig wären«, sagte Samantha, seine neueste Assistentin in Uniform.
Doherty grunzte. Die üblichen Verrückten, die gern mal fünfzehn Minuten wichtig tun wollten, waren bereits aufgetaucht und hatten behauptet, sie wüssten, wer es getan hätte. Sobald man ihre Geschichten überprüft hatte, wurden sie wieder weggeschickt – bis der nächste Mord in den Schlagzeilen gemeldet wurde.
»Sie sagt, dass Colin Wright mit ihrer Tochter durchgebrannt ist.«
Doherty hörte auf, seine Spesenabrechnung auszufüllen. Der Kugelschreiber blieb über einem der vielen Kästchen, die anzukreuzen waren, in der Luft stehen.
»Wie sieht sie aus?«
Samantha lächelte. »Adrett und ordentlich. Ziemlich anständig eigentlich.«
Doherty seufzte erleichtert. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, noch eine Pennerin zu befragen, die nur auf einen Becher heißen Tee, ein Stück Pastete oder Apfelkuchen aus war.
»Bringen Sie sie rein.«
Seine Augen ruhten auf Samanthas Hinterteil, als sie aus seinem Büro ging. Man schickte ihm haufenweise Assistentinnen, die ihm bei der Schreibarbeit helfen sollten. Samantha sah sicherlich am besten aus und war außerordentlich tüchtig.
Honey würde bestimmt nicht eifersüchtig sein, redete er sich ein. Natürlich nicht.
Die Frau, die man in sein Büro führte, hatte müde, beinahe suchende Augen. Ihr Haar war in einer altmodischen, eleganten Rolle am Hinterkopf zurückgesteckt. Doherty erinnerte sich, dass seine Mutter ihr Haar so getragen hatte.
»Mrs. Morden«, sagte Samantha, während sie den Stuhl zurückzog, der Doherty gegenüber am Schreibtisch stand.
Doherty begrüßte die Frau und nannte seinen Namen.
Sie trug einen Trenchcoat und hatte den Kragen hochgeschlagen. Es regnete draußen, und er nahm an, dass ihr kalt war. Entweder das, oder sie wollte sich verstecken.
Mit ausgestreckten Händen und verschränkten Fingern lehnte er sich über den Schreibtisch zu ihr hinüber und achtete darauf, freundlich zu schauen, aber nicht zu lächeln.
»Also, Mrs. Morden, Sie haben meiner Sergeantin gesagt, dass Ihre Tochter mit Colin Wright durchgebrannt ist, dem Mann, der kürzlich ermordet wurde. Stimmt das?«
Die Frau auf der anderen Seite des Schreibtisches seufzte abgrundtief.
»Er hat bei uns übernachtet. Er hat sie einfach nicht in Ruhe gelassen.« Sie riss ihre Augen mit den schweren Lidern, die bisher halb geschlossen waren, plötzlich weit auf und schaute ihn an. »Sie war sechzehn, Mr. Doherty. Sechzehn!«
Der Block, auf dem er sich bei Befragungen Notizen machte oder Männchen malte, wenn er sich langweilte, war bisher halb unter der Mappe mit den leeren Spesenabrechnungen verborgen gewesen. Mrs. Morden hatte erwähnt, dass Colin Wright bei ihr abgestiegen war. Diese Information könnte sich als nützlich erweisen, deshalb hatte er den Block hervorgezogen und langte nach seinem Kugelschreiber.
»Sie sagten, er hätte bei Ihnen übernachtet. War das in Ihrem Privathaus?«
Sie schüttelte den Kopf. »Wir hatten damals ein Hotel. Mein Mann und ich. Unsere Tochter lebte bei uns. Mr. Wright war ein paar Tage unser Gast. Er sagte uns, er würde eine sehr positive Kritik über unser Hotel schreiben. Walter und ich waren überglücklich darüber. Das war, ehe wir herausfanden, wie er wirklich war und worin seine Motive bestanden.«
»Wie hieß Ihr Hotel?«
»Twin Turrets. Es war eine dieser viktorianischen Villen, die an jeder Seite ein Türmchen haben, ein bisschen wie ein kleines Schloss. Er hat unserer Tochter
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