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Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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peinliche Verlegenheit war deutlich spürbar.
    »Meine Mutter meinte letztens mal, dass inzwischen in ihrem Terminkalender Beerdigungen an die Stelle von Taufen, Hochzeiten und sogar Scheidungen getreten sind.«
    »Kann man nichts dagegen sagen – ich meine, Beerdigungen.Das können richtig tolle Partys sein. Ich finde, der Sarg auf der letzten, das war doch was, oder?«
    »Meine Mutter und ihre Freundinnen waren gar nicht damit einverstanden. Was schert die der Regenwald? Die sind über siebzig!«
    »Man hätte aber meinen sollen, dass die die Schachtel – Verzeihung, den Sarg – ein wenig solider hätten machen können.«
    Honey prustete vor Lachen. »Hast du gesehen, dass da auf der Seite ›recyclingfähig‹ stand?«
    Dohertys Augen verengten sich zu Schlitzen. Seine Gedanken waren offensichtlich in eine andere Richtung gewandert. Pappsärge, das hatte ihn auf Pappschachteln gebracht und damit auf den Karton mit Briefen, den Cynthia Wright inzwischen seinem Mitarbeiter gegeben hatte.
    Er schaute Honey nachdenklich an. »Wrights Schwester besteht darauf, dass ich mir alle Kritiken ansehe, die ihr Bruder je geschrieben hat. Sie bringt mir eine CD . Was die sich denkt, wann zum Teufel soll ich das schaffen, den ganzen Kram durchzugucken. Das ist mir ein Rätsel.«
    Honey kam ein Gedanke, der so auf der Hand lag, aber zugleich so abenteuerlich war, dass sie sich schnell auf die Unterlippe biss, während sie Doherty anschaute. Der kannte diesen Blick: nachdenklich, einfallsreich, voller gesundem Menschenverstand. Es war nicht schwer, zu erraten, was sie sich gerade dachte. Ihre Gedanken zu lesen, das beherrschte er inzwischen ganz gut.
    »Hat Lindsey vielleicht Zeit?«, fragte er sie folglich.
    Honey fand, dass dies der einzig mögliche logische Schluss war. »Ich bin sicher, sie würde die Ablenkung sehr genießen. Kann sie deinen Computer dazu benutzen? Sie braucht mal einen Tag weit weg vom Hotel und allem.«
    Er schaute verwirrt. Die Polizeiwache in der ManversStreet war nicht unbedingt ein ruhiger Landsitz weit weg von allem.
    Aber er fand die Idee gut. Er würde sich freuen, Lindsey etwas besser kennenzulernen.
    »Sie ist in letzter Zeit so still«, fügte Honey hinzu.
    »Na, dann gut.«
    »Vor Donnerstag, das wäre prima.«
    »Hm. Passt mir prächtig.«

Neunzehn
    Es war drei Uhr am Nachmittag, und das Green River Hotel lag in tiefer Ruhe, in jenem trägen Wartezustand zwischen dem Reinigen der Küche nach dem Mittagsgeschäft und den Vorbereitungen für den Abend.
    Heute wollte Honey die Einnahmen zur Bank bringen – sie versuchte, wenn möglich, jeden Tag etwas Geld zur Bank zu tragen, um den Filialleiter daran zu erinnern, dass das Green River Hotel noch existierte und die Bank folglich eine Chance hatte, irgendwann einmal ihr Geld zurückzubekommen.
    Sie sagte Lindsey, was sie vorhatte. »Zuerst zur Bank, dann zum Metzger, Würste holen. Vielleicht schaffe ich auch noch einen Kaffee mit Clare Watkins vom Royal Albert.«
    Das Royal Albert war eine uralte Dampflok mit zwei Waggons, die schon lange nicht mehr auf den Schienen rollte, sondern in der Nähe von Frome auf einem Abstellgleis als Restaurant diente.
    Lindsey sagte nur kurz, sie würde die Stellung halten, und las dann weiter in der letzten Ausgabe von Bath Life .
    Jung und attraktiv, wie Lindsey war, wunderte es Honey immer wieder, dass sie anscheinend damit zufrieden war, sich um das Hotel ihrer Mutter zu kümmern, anstatt sich einen Job unter Gleichaltrigen zu suchen. Aber so war es nun einmal. Lindsey war von den drei Frauen aus drei Generationen, die ihre unmittelbare Familie bildeten, bei weitem die Verantwortungsbewussteste.
    Ein dankbarer Spruch lag Honey auf den Lippen, aber heute hatte sie noch ein anderes Anliegen.
    »Hättest du Lust, mal ein bisschen Zeit anderswo zu verbringen?«
    Lindsey schaute auf. Ihre Augen waren samtbraun, tiefe Moorseen in sahneweißem Teint.
    »Wo gehen wir hin?«
    »Du. Ich nicht. Dawn hat gesagt, sie übernimmt gern den Empfang.«
    »Prima«, antwortete Lindsey und legte ihre Zeitschrift zur Seite. »Sie macht sich richtig gut.«
    Dawn war von einem Hotelkomplex in Antigua gekommen. Lindsey hatte recht, dass sie sich schon ziemlich gut eingearbeitet hatte. Dawn sprühte nur so vor Begeisterung. Honey meinte, das hätte möglicherweise damit zu tun, dass sie in einem Land geboren und aufgewachsen war, wo immer die Sonne schien. Dawn war wie eine aufgeladene Batterie, die noch Jahre vom getankten

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